Rund 2000 Zuschauer kamen bei Deutschland-Spielen auf dem Sindelfinger Wettbach-Platz zusammen und fieberten mit. Foto: factum/Bach

Mehr als 30 000 Zuschauer haben auf dem Wettbachplatz die Fußballspiele verfolgt – das sind 5000 mehr als bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren.

Sindelfingen - So richtig ist das Sommermärchen bei der diesjährigen Europameisterschaft nicht in Gang gekommen – vielleicht auch wegen der kühlen Temperaturen und des vielen Regens. Viele Organisatoren von Public Viewings klagen über zu wenige Besucher und wenig euphorische Stimmung. Ganz anders in Sindelfingen. „Wir haben im Vergleich zur WM vor zwei Jahren noch einmal deutlich zugelegt“, sagt erfreut Georg Sommer, der Chef der Hallengesellschaft CCBS, die das Ereignis auf dem Wettbachplatz organisiert hat.

„Die Stimmung war toll“, berichtet Sommer. Bei Deutschlandspielen habe man den Platz bereits zwei Stunden vor Anpfiff schließen müssen – denn aus Sicherheitsgründen waren nicht mehr als 2000 Zuschauer zugelassen. Lediglich beim ersten Spiel der deutschen Mannschaft im Regen sei der Platz nicht ganz voll besetzt gewesen. „Obwohl es auch beim zweiten Spiel geregnet hat, ließen sich die Zuschauer davon nicht abschrecken“, berichtet Hanno Kreuter, der Projektleiter der CCBS. Auch andere Spiele, so die mit portugiesischer Beteiligung sowie das Spiel Kroatien gegen Spanien seien sehr begehrt gewesen. „Da waren wir fast voll.“

Für der CCBS-Chef Sommer hat sich das Public Viewing, das bereits zum fünften Mal in Folge auf dem Wettbachplatz angeboten wurde, mittlerweile etabliert. „Die Atmosphäre auf dem Wettbachplatz ist auch einmalig“, nennt er einen aus seiner Sicht einfachen Grund für den ungehinderten Zulauf. Bewährt habe sich auch die eigens dafür geschaffene App für Smartphones, mit denen man von daheim aus schauen konnte, wie viele freie Plätze es noch gibt. Auch das Live-Posten von den Fußballabenden auf einer eigens dafür eingerichteten Facebook-Seite habe wohl viele Leute auch aus der Umgebung angelockt, meint Sommer zufrieden.

Wirte sind geteilter Meinung

Seine Euphorie teilt auch Georg Schauz. Der Wirt der beiden Restaurants Funzel und Erdinger direkt am Wettbachplatz ist sehr zufrieden mit dem Verlauf des Public Viewings. „Noch schöner wäre es gewesen, wenn Deutschland im Endspiel gestanden hätte.“ Ob sich der enorme Aufwand an zusätzlichem Personal sowie viel Geld für Technik und Sicherheitsauflagen finanziell lohne – diese Frage könne man nur schwer beantworten. „Aber wenn wir nichts machen, dann kommt vermutlich niemand, und der Platz bleibt leer.“

Eher ernüchtert ist hingegen Schauz’ Gastronomie-Kollege Salvatore Aranzulla, der das Restaurant Come Sempre am Wettbachplatz betreibt. „Wir haben von allen Lokalen den schlechtesten Platz . Die Sicht auf die Leinwand ist nicht gut“, klagt der Wirt. Die Kosten für das Public Viewing habe er nicht hereinholen können, erzählt Aranzulla. „Die Zuschauer haben nur wenig konsumiert“. Und in der Mittagszeit habe sich die Biertisch-Ausstattung für das abendliche Fußballschauen als hinderlich erwiesen. „Wir hatten weniger Gäste für den Mittagstisch, weil die Leute nicht so gerne an Biertischen sitzen.“ Nach seiner Meinung kann man in zwei Jahren bei der Fußball- Weltmeisterschaft auf eine Neuauflage des organisierten gemeinsamen Guckens gerne verzichten.

„Der Aufwand ist groß“, bestätigt Nunzio Chiumenti vom Böblinger Schönbuchbräu. Doch ein Verzicht auf das Public Viewing kommt für den Wirt nicht in Frage. „Wir können nicht nichts machen.“ Ausgaben und Einnahmen würden sich die Waage halten. „Und der Fußball ist für uns eine Werbemaßnahme.“ Bei Deutschlandspielen sei das Lokal immer brechend voll gewesen, bei gutem Wetter auch der Biergarten. Mehr als 800 Leute konnten gleichzeitig mitfiebern. „Ein Drittel weniger Gäste als bei der WM“, lautet das Fazit von Julia Haberstroh vom Freizeitpark Sensapolis auf dem Flugfeld.

In Sindelfingen arbeitet man derweil an neuen Ideen für die WM 2018, „sofern der Gemeinderat ein weiteres Public Viewing genehmigt“, sagt Georg Sommer. Dann will er auch die Spiele ohne Deutschlandbeteiligung besser vermarkten. „Wir denken an Länderabende in Kooperation mit den internationalen Vereinen.“

Auch der OB ist dabei

Finanzierung
150 000 Euro hat das gemeinsame Fußballschauen auf dem Sindelfinger Wettbachplatz gekostet. Davon kamen 80 000 Euro aus dem städtischen Etat, 25 000 Euro steuerten die fünf Anlieger-Wirte des Platzes bei. 10 000 Euro flossen aus dem Topf der Wirtschaftsförderung und 40 000 Euro von Sponsoren – allerdings ebenfalls überwiegend städtische Töchter wie die Stadtwerke. Teuer sind die Lizenzgebühren für die Übertragung, die Technik sowie den Sicherheitsdienst.

Kritiker
Die hohen Kosten sind vielen Stadträten, vor allem der SPD und den Grünen, ein Ärgernis. Ein Dutzend stimme deshalb im Gremium gegen das Freiluft-Ereignis. Vor zwei Jahren bei der WM war die Entscheidung noch knapper ausgefallen: 18 waren für, 17 gegen das Public Viewing. Der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer und der Finanzchef Christian Gangl sind erklärte Fans der Veranstaltung.