Momentan haben es Radfahrer schwer in Sindelfingen: Werbetafeln versperren den Weg (oben). Oder sie müssen sich mit Fußgängern und Autos arrangieren. Foto: factum/Granville

Zehn Routen für Fahrradfahrer in zehn Jahren – das ist das ehrgeizige Ziel der Sindelfinger Stadtverwaltung. Auf einem 45 Kilometer umfassenden Wegenetz soll man künftig sicher durch die Stadt rollen können.

Sindelfingen - Dass Autos in Sindelfingen einen hohen Stellenwert genießen, lässt sich nicht nur daran ablesen, dass Daimler hier den weltweit größten Produktionsstandort für Autos unterhält. Der Verkehr ist immens, der Stau ist für viele Einwohner und Pendler Alltag. Genau das ist einer der Gründe, warum die Stadtverwaltung nun ein Radwegekonzept vorgelegt hat. „Wir müssen auf einen Mobilitätsmix setzen, nicht nur auf das Auto“, sagt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer.

Und dabei geht die Stadt gleich in die Vollen. Zehn Hauptrouten sind geplant, die die gesamte Stadt für Zweiradfahrer erschließen. Sie sollen zügig umgesetzt werden. „Jedes Jahr eine Route“, sagt die Baubürgermeisterin Corinna Clemens.

Viele Klagen über fehlende und schlechte Radwege

Zahllose Klagen über die schlechten Radwege sind schon bei ihr gelandet. Doch Clemens wollte das Thema systematisch angehen, die Verwaltung beauftragte ein Fachbüro. Dessen Mitarbeiter fuhren sämtliche Strecken in Sindelfingen ab und dokumentierten Gefahrenstellen und Verbesserungsmöglichkeiten. 340 Punkte umfasst ihr Bericht. Diese Liste nach und nach abzuarbeiten mache wenig Sinn, befand Gunnar-Steffen Kimmel, der Verkehrs- und Stadtplaner im Rathaus. „Wenn wir hier und da anfangen, wird daraus kein Netz für die Radler.“ Doch das sei genau das, was sich die Radfahrer wünschten. „Die wollen Orientierung und Klarheit“, sagt die Baubürgermeisterin. Deshalb erarbeitete Kimmel mit seinem Team ein Radwegekonzept.

Zehn Hauptrouten hat er dabei ausgemacht: den City-Ring, auf dem die Innenstadt in beiden Richtungen umfahren werden kann; die zweite Achse ist die nach Böblingen, die dritte die Darmsheim-Achse, die von der Ikea-Kreuzung nach Darmsheim führt und sich dort teilt in Richtung Grafenau und Aidlingen. Die Route vier bindet das Flugfeld an und Route fünf das Gebiet Hinterweil. Vom City-Ring aus gelangt man auf der Mahdental-Achse (Route sechs) in den Sindelfinger Osten und hat dort dann Anschluss an den Radschnellweg nach Stuttgart.

Der Maichinger Bogen bindet auf der siebten Achse den Stadtteil Maichingen an die Innenstadt an. Von dort gelangt man auch nach Magstadt. Die Schwippe-Achse ermöglicht eine schnelle Verbindung von Darmsheim zum Daimler. Route zehn, die Sommerhofen-Achse, verbindet Eschenried und Spitzholz mit der Innenstadt.

Bürger dürfen für die Planung mitradeln

Auf einigen Strecken gibt es bereits Radwege, auf anderen sollen sie noch angelegt werden. „Doch wir werden nicht überall Radwege bauen“, stellt Clemens klar. „Es kann auch sein, dass wir auf manchen Strecken die Radler in den allgemeine Verkehr einbinden.“ Andernorts würden vielleicht eigene Radstraßen gebaut, in Sindelfingen gehe es aber vor allem um die Optimierung von Überwegen für Radler an dicht befahrenen Straßen, um den Bau von Rad-Ampeln und eine einheitliche Markierung der Routen. 45 Kilometer wird das Netz nach dem Ausbau haben.

Die Kosten seien momentan schwer zu berechnen, erklärte Clemens. Als grobe Schätzung geht sie von zwölf Millionen Euro aus. Dabei gebe es teure Achsen wie die Böblingen-Route mit vielen Hindernissen und günstigere Routen wie die Sommerhofen-Achse mit einem bereits guten Radweg. Als Herausforderung beschreibt die Baubürgermeisterin vor allem den Interessenausgleich mit den anderen Verkehrsteilnehmern. „Wir haben nur begrenzten Platz zur Verfügung“, sagt sie. Auch Gespräche mit Eigentümern werde es geben, an deren Grundstücken die Radwege vorbeiführen. Auch da gebe es unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen.

Wichtig ist Vöhringer und Clemens die Bürgerbeteiligung und zwar nicht zur zu Beginn für das Gesamtkonzept. Bei der Planung jeder Achse soll es im Vorfeld gemeinsame Radfahrten mit allen Interessenten geben. Zunächst diskutiert aber der Gemeinderat das Konzept.