Am liebsten nisten Hornissen in Baumlöchern oder anderen natürlichen Unterkünften. Doch weil es davon immer weniger gibt, ziehen sie auch bei den Menschen ein. Foto:  

Wenn sich Wespen im Rolladenkasten ihr Nest bauen, kann man die Expertin Meike Bosch zu Hilfe rufen. Sie rät im Umgang mit Bienen, Wespen und Hornissen zu mehr Gelassenheit.

Sindelfingen - Im Biergarten oder auf der Terrasse packt zurzeit so manchen das große Grausen, wenn sich Heerscharen von Wespen in das Radler und auf den Fleischkäse stürzen, bisweilen auch auf die Menschen, die in Ruhe speisen möchten. Wenn Meike Bosch dagegen eine Wespe sieht, gerät sie ins Schwärmen. In ihrem Garten summt und brummt es: Bienen tummeln sich dort, Wespen und Hornissen. „Das sind alles wichtige Tiere“, sagt die Sindelfingerin. Angst vor Stichen kennt sie nicht.

Die 50-Jährige in praktischer Cargohose hat die gesunde Gesichtsfarbe eines Menschen, der die meiste Zeit im Freien verbringt. Sie ist im Hauptberuf Baumwartin, außerdem eine von drei ehrenamtlichen Fachberatern für den Wespen- und Hornissenschutz im Kreis Böblingen. In diesem Sommer ist sie besonders gefragt. „Im Moment erhalte ich drei bis vier Anrufe pro Tag.“ Hausbesitzer rufen an, wenn sie in einem Rolladenkasten ein Wespennest entdecken oder sich im Rhododendronstrauch im Garten ein Hornissenvolk niedergelassen hat.

Hornissen sind besonders geschützt

Eines stellt sie dann gleich klar: „Man darf ein Hornissennest auf keinen Fall entfernen oder zerstören.“ Hornissen seien sowieso harmlos, meint die Expertin. „Aber vor Wespen habe ich Respekt.“ Acht verschiedene Wespenarten plus Feldwespen gebe es in Deutschland. „Nur zwei dieser Arten – die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe – werden uns Menschen lästig“. Aber auch für diese wirbt Bosch um Achtung. „Wespen brauchen wir für die Erhaltung unseres Ökosystems.“ So würden sie etwa Insekten wie Blattläuse fangen – als Futter für den Nachwuchs. Außerdem bestäubten auch sie Obstblüten. Anders als Bienen aber hätten Hornissen und Wespen keine Lobby. „Sie produzieren keinen Honig, sie sind daher wirtschaftlich für uns uninteressant.“

Trotzdem versteht die Wespenfreundin, dass sich manche Menschen unwohl fühlen, wenn sie auf ihrer Terrasse nur zwei Meter neben einem Hornissennest sitzen. Deshalb empfiehlt sie in solchen Fällen, Kontakt mit ihr oder einem anderen Experten aufzunehmen. „Wir kommen vorbei und schauen uns an, worum es sich genau bei den Insekten handelt.“ Sind es Hornissen, wird es schwierig. Denn diese Tiere sind besonders geschützt. „Nur im absoluten Ausnahmefall darf man ein solches Nest umsiedeln“, sagt Bosch. Ein solcher Ausnahmefall, für den man eine spezielle Erlaubnis des Landratsamts braucht, sei beispielsweise, wenn sich ein Hornissenvolk im Spielhaus eines Kindergartens einquartiert hat, sagt Bosch.

„Oder wenn mir ein Bewohner einen Allergietest vorlegen kann.“ Auch ein Nest in einem Rolladenkasten kann ein Grund für einen Umzug sein. „Denn der wird sowieso bald zu eng. Und bei jedem Hoch- und Runterziehen zerstört man einen Teil des Nestes.“ In solchen Fällen ist dann die Fachfrau gefragt. Nur sie darf die langwierige Umsiedlung des Hornissenvolks vornehmen. „Das dauert mehrere Stunden.“

Zum Schutz trägt sie dann eine Imkerhaube. Aber eigentlich fürchtet sie sich nicht vor Stichen. „Ich bin noch nie von einer Hornisse gestochen worden.“ Von Wespen freilich schon. „Ich siedle keine Wespenvölker um.“

Laborjob gegen Frischluft-Arbeit getauscht

Zur Wespen- und Hornissenberaterin wurde Meike Bosch quasi zwangsläufig. Die Biologin hatte nach etlichen Jahren in diversen Labors unbedingt einen Job im Freien gesucht. Und so machte sie sich als Baumwartin selbstständig. Beim Bäumeschneiden sieht sie oft Wespen- und Hornissennester. Außerdem ist ihr Mann Imker und wird oft angerufen, wenn Leute eine Wespenkolonie auf ihrem Grundstück entdecken. Also absolvierte Bosch vor zehn Jahren eine Ausbildung zur Fachberaterin für alle Fragen zu diesen Insekten bei der Akademie für Natur- und Umweltschutz in Stuttgart. Nebenbei gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrung auch noch als Dozentin an der Böblinger Streuobstschule an angehende Streuobstpädagogen weiter.

Im Umgang mit Bienen, Wespen und Hornissen rät die Naturliebhaberin zu mehr Gelassenheit. „Oft hilft es, auf einer Terrasse die Stühle zu verschieben, so dass man nicht direkt in der Einflugschneise der Tiere sitzt.“ Dann könnten Menschen und Wespen zumeist problemlos nebeneinander leben. Und noch ein Rat. „Auf keinen Fall wedeln, sondern ruhig sitzen. Sonst macht man die Wespen aggressiv.“

Spätestens im Herbst ist der Spuk dann sowieso vorbei. Wespen und Hornissen überleben anders als Bienen den Winter nicht. Lediglich die Königinnen überwintern und gründen im Frühjahr ein neues Volk. „Aber niemals an der gleichen Stelle wie das alte Nest.“