Das Breuningerland brauche mehr Platz, um konkurrenzfähig zu bleiben, begründen die Verantwortlichen ihre Erweiterungspläne. Foto: factum/Archiv

Das Unternehmen hält an seinen Plänen zur Erweiterung des Einkaufszentrums fest. Es legt Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts ein, das den Ausbau blockiert hat.

Sindelfingen - Das Sindelfinger Breuningerland will unbedingt um 10 000 Quadratmeter wachsen. Daher geht es in Berufung gegen ein Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts. Dieses hat den Ausbau auf Eis gelegt, weil die Stadt Sindelfingen das Planungsverfahren nicht korrekt durchgeführt habe. „Wir glauben weiter an die Erweiterung, diese ist von existenzieller Bedeutung für die veränderten Bedürfnisse des Handels und der Kunden“, bestätigt der Pressesprecher des Unternehmens, Christian Witt, auf unsere Anfrage.

Nun muss sich der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof mit dem Thema befassen. Die Stuttgarter Richter haben in ihrer Urteilsbegründung ausdrücklich auf die Möglichkeit der Berufung hingewiesen – was beim Verwaltungsgericht nur selten vorkommt. Es gehe um grundsätzliche Fragen, die geklärt werden müssten, erklärte der Vorsitzende Richter Friedrich Klein.

Heute brauche man im Handel größere Flächen für die Präsentation der Waren als noch vor einigen Jahren, sagt der Unternehmenssprecher Witt. Diese möchte das Breuningerland durch die Erweiterung seiner Shopping-Mall gewinnen. Um knapp 10 000 Quadratmeter auf dann 42 000 Quadratmeter Verkaufsfläche soll das Einkaufszentrum an der A 81 wachsen. Eine entsprechende Bauvoranfrage der Firma hat die Sindelfinger Stadtverwaltung im November 2012 positiv beantwortet. Auch der Gemeinderat befürwortete das Projekt. Es gehe um die Entwicklung eines bestehenden Unternehmens und viele Arbeitsplätze, argumentieren die Stadträte.

Das Stuttgarter Regierungspräsidium jedoch wies als Aufsichtsbehörde die Stadt an, den Bauvorbescheid zurückzunehmen. Auch die Region Stuttgart sowie mehrere Städte und Kommunen in der Umgebung protestierten. Die Kommunen, allen voran Böblingen, befürchten, dass eine noch größere Shopping Mall in Sindelfingen Kunden aus ihren Innenstädten abzieht.

Bis zu einer Entscheidung kann es dauern

Der Verband Region Stuttgart sieht die Vorgabe der Regionalplanung missachtet, den Einzelhandel auf die Innenstädte zu konzentrieren. Sogenannte innenstadtrelevante Waren wie Kleidung, Drogerieartikel, Geschirr und Elektrogeräte dürfen nur in begrenztem Umfang außerhalb der Innenstädte angeboten werden. Neue Einkaufszentren außerhalb von City-Lagen werden deshalb selten genehmigt. Im Hauruckverfahren ohne eine Planung habe die Stadt Sindelfingen das Verfahren zur Erweiterung des Breuningerlands durchgezogen, kritisierten die Verantwortlichen des Regierungspräsidiums. Die Aufsichtsbehörde sei nicht informiert worden. Stattdessen habe die Stadt innerhalb weniger Wochen den Bauvorbescheid erteilt.

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht folgte den Kritikern zumindest in Teilen. Es urteilte, die Stadt habe es versäumt, für das Areal des Breuningerlands eine Planung einzuleiten. Diese aber sei für ein solch großes Bauvorhaben unumgänglich. In diese Planung müssten auch die Nachbarn einbezogen werden.

Das Regierungspräsidium zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. „Das Gericht hat unsere Rechtsauffassung bestätigt.“ Zur Berufung äußert sich die Behörde nicht. „Die Berufung gegen das Urteil des VG Stuttgart wurde rechtzeitig eingelegt. Hiervon wurde das Regierungspräsidium Stuttgart in Kenntnis gesetzt. Weitere Kenntnisse hat unser Haus jedoch nicht“, teilte der Behördensprecher Matthias Kreuzinger auf Anfrage mit. Man warte nun auf die Begründung der Berufung.

„Bis es zu einem Verhandlungstermin kommt, kann es gut bis in der Herbst dauern“, sagt Kreuzinger. Der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer rechnet mit noch deutlich mehr Zeit. „Ein Jahr ist da schnell rum.“

Interview mit dem Sindelfinger OB Vöhringer

Zwar ist Sindelfingen als Sieger aus dem Rechtsstreit mit dem Breuningerland hervorgegangen, aber Jubel gab es nicht. Denn eigentlich unterstützt die Stadt die Firma dabei, das Einkaufszentrum zu vergrößern, sie musste aber auf Anordnung des Regierungspräsidiums den Bauvorbescheid zurücknehmen. Der Rathauschef Bernd Vöhringer begrüßt daher die Berufung.
Herr Vöhringer, warum freut sich die Stadt Sindelfingen darüber, dass das Breuningerland in Berufung gegen das Verwaltungsgerichtsurteil geht?
Von Freude kann man, glaube ich, nicht sprechen. Die Berufung ist eine logische Konsequenz, die ja das Verwaltungsgericht auch ausdrücklich eingeräumt hat. Es geht dabei um ganz grundsätzliche Fragen: Welche Entwicklungsmöglichkeiten haben bestehende Unternehmen in der Region Stuttgart? Und welchen Spielraum hat die kommunale Selbstverwaltung?
Die Stadt fühlt sich von der Region gegängelt?
Die Region spielt sich als Obergemeinderat auf, der alles bis ins kleinste Detail regelt. Damit verletzt sie unseres Erachtens das kommunale Selbstbestimmungsrecht. Außerdem scheinen die Entscheidungen willkürlich zu sein. So genehmigte die Region den Bau neuer Einkaufszentren wie das Milaneo in Stuttgart und die Mercaden in Böblingen. Gleichzeitig verhindert sie, dass sich Unternehmen wie das Breuningerland weiterentwickeln können.
Es geht aber um den Schutz der Innenstädte. Warum wollen Sie die Erweiterung des Breuningerlands?
Es geht unter anderem um 1500 Arbeitsplätze. Der Einzelhandel in der Innenstadt liegt auch uns am Herzen, und wir tun in Sindelfingen viel dafür. Aber beim Milaneo hat man den Begriff der Innenstadt sehr großzügig ausgelegt.
Was erhoffen Sie sich von der Verhandlung beim Verwaltungsgerichtshof?
Vor allem die grundsätzliche Klärung unklarer Rechtsfragen.
Belastete der Rechtsstreit das Verhältnis der Stadt Sindelfingen zur Region und zum Regierungspräsidium?
Wir arbeiten bei vielen Themen sehr gut mit beiden zusammen. Zum Beispiel bei vielen Verkehrsprojekten. So haben wir einen sehr guten Projektleiter vom Regierungspräsidium für die Darmsheimer Nordumfahrung. Und ich bin selbst Regionalrat. Dass wir beim Thema Breuningerland unterschiedliche Auffassungen haben, hat nichts mit der Alltagsarbeit zu tun.