Sindelfingen bekommt ein zweites großes Möbelhaus. An die Nachbarstadt wird dabei nicht gedacht.

Sindelfingen/Böblingen - Die Daimlerstadt bekommt nach Ikea ein zweites großes Möbelhaus. Hofmeister will 2013 unweit des Breuningerlands ein Wohnparadies eröffnen. Von der Ansiedlung sollen auch Geschäfte im Zentrum profitieren. An die Nachbarstadt Böblingen wird dabei nicht gedacht.

Der Sindelfinger Stadtchef ist begeistert: "Ein wichtiges Signal in Krisenzeiten", sagt OB Bernd Vöhringer zur geplanten 50-Millionen-Euro-Investition der Hofmeister GmbH aus Bietigheim (Kreis Ludwigsburg). Das Familienunternehmen hat das 3,5 Hektar große Grundstück der pleitegegangenen Texil-Einkaufsgenossenschaft Sütex gekauft. Hier, im Sindelfinger Osten, soll das dreistöckige Möbelhaus mit 50.000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen. 400 neue Arbeitsplätze verspricht Geschäftsführer Frank Hofmeister.

Nutzen für ganz Sindelfingen

Ingrid Balzer, die Fraktionschefin der Freien Wähler, ist weniger begeistert. "Wir müssten die Innenstadt stärken", meint sie. Manche dortigen Händler, weiß die Sindelfingerin, würden sich "tierisch aufregen". Vor allem solche, die Gardinen, Matratzen oder gar selbst Möbel führen.

Die Kritiker unter den Stadträten hat Frank Hofmeister bei einer Tour durch die Gemeinderatsfraktionen vom Nutzen seines Möbelhauses für ganz Sindelfingen zu überzeugen versucht. Denn bei 350 Quadratmeter Verkaufsfläche für die sogenannten innenstadtrelevanten Randsortimente sieht er keine Gefahr für Einzelhändler im Zentrum der 61.000-Einwohner-Kommune. Im Gegenteil: "Nach unserer Einschätzung", so der Geschäftsführer gegenüber dieser Zeitung, "werden Möbelkunden von Hofmeister in Sindelfingen die Randsortimente in der Innenstadt kaufen." Hofmeister selbst will nur eine "sehr kleine Auswahl" von "zum Beispiel Haushaltswaren, Heimtextilien sowie Boutique- und Geschenkartikeln" anbieten: "Kein Mensch wird für 350 Quadratmeter Randsortimente ins Möbelhaus fahren."

Um Stadträten und Innenstadthändlern das große Möbelhaus schmackhaft zu machen, weist Hofmeister auf die Kunden hin, die nur deswegen nach Sindelfingen kommen werden. "Ziel sollte es sein, sie auch in die Innenstadt zu lenken", sagt der Geschäftsführer. Erste Überlegungen, wie das geschehen soll, hat es schon gegeben. "Wir sind im engen Dialog mit der Stadt Sindelfingen, der Wirtschaftsförderung, den Fraktionen und dem Vorstand des Gewerbe- und Handelsvereins", erklärt Hofmeister.

"Wir sehen dem Möbelhaus sorgenvoll entgegen"

Sindelfingens City-Managerin Barbara Büchler bestätigt das: Es sei ein Arbeitskreis gegründet worden, der über ein "Maßnahmenpaket" diskutiere, wie die Innenstadt von Hofmeister profitieren könne. Büchler: "Hofmeister will sich in das City-Marketing einbringen, auch finanziell."

Richtig loslegen will der Arbeitskreis nach den Sommerferien. Doch Ideen wie ein Pendelbus von Hofmeister ins Zentrum oder Gutscheine für Möbelhaus-Kunden zum Einkauf in der Innenstadt gibt es schon. "Vielleicht fällt uns noch was Besseres ein", meint Büchler. Zugute kommen soll das allerdings nur Sindelfinger Geschäften. Über Böblinger Läden wurde nicht gesprochen.

"Wir sehen dem Möbelhaus sorgenvoll entgegen"

Dabei hat ja Stadtchef Vöhringer die Doppelstadt propagiert. Sein vielbeachteter Vorstoß, Böblingen und Sindelfingen zu fusionieren, um jährlich bis zu zehn Millionen Euro zu sparen und die Kommune mit fast 110.000 Einwohner zur Nummer zwei in der Region Stuttgart zu machen, ist in Böblingen auf wenig Gegenliebe gestoßen. Auch der Alleingang des Nachbarn mit Hofmeister kommt dort jetzt nicht gut an. "Wir sehen dem Möbelhaus sorgenvoll entgegen", sagt Werner Hesselmaier, der Vorsitzende des Gewerbe-Forums. "Der Großmöbler hat Auswirkungen auf Böblingen", ist der Chef der Organisation der Einzelhändler sicher.

Böblingens OB Wolfgang Lützner weiß, dass er Hofmeister nicht verhindern kann. Die Städte haben ein gemeinsames Einzelhandelskonzept, und diesem widerspricht das Möbelhaus nicht. Doch Lützner stören die innenstadtrelevanten Sortimente. Sie sollten geringer sein: "Am liebsten wäre uns, wenn er darauf verzichten würde."

Lützner ist seit April Stadtchef. In einem Interview mit dieser Zeitung vor Amtsantritt hat er erklärt, bald mit Vöhringer über das Möbelhaus reden zu wollen. "Da wird sich dann zeigen, ob er tatsächlich am Zusammenwachsen der Städte interessiert ist oder ob es so aussehen soll, dass die eine diktiert und die andere mitläuft." Das Gipfeltreffen der beiden CDU-Politiker hat noch nicht stattgefunden. Frank Hofmeister aber hat sich kürzlich bei Lützner angemeldet. Der Termin für dieses Treffen ist Ende Juni.