Homer vor Gericht, ein Bild aus dem Comic „Die Simpsons – Auf Schwäbisch“ Foto: Panini

Sie sind Amerikaner. Doch, sabberlodd, nun haben die Simpsons die nächste Stufe der Evolution erklommen: Sie werden Schwaben und lernen philosophische Ausdrücke wie - Heckabronzer.

Stuttgart - Das Klischee muss vorne drauf, natürlich. Und so darf Bart Simpson auf dem Buchdeckel mit einem Laubsauger hantieren, allerdings mit keinem gewöhnlichen, er nimmt den Staubsauger, um die welken Blätter vom Rasen zu entfernen. Clever, der Kerle. Man hat den Eindruck, kaum schwätzt er Schwäbisch, wird er zum Käpsele.

Dominik Kuhn alias Dodokay hat ihm die Mundart beigebracht. Es sprengt hier den Rahmen, all seine Berufe und Talente aufzuzählen, deshalb nur einige wenige: Musiker, Schauspieler, Autor, Entertainer, Comedian, und Übersetzer – vom Hochdeutschen in die Hochsprache schlechthin, das Schwäbische.

Dem knallharten Ermittler Jack Bauer aus der Fernsehserie „24“ hat er schon Schwäbisch beigebracht, ebenso Darth Vader, der Bundeskanzlerin und Barack Obama. Er ist also der richtige, um den Simpsons auf die Gosch zu schauen, und deren Wurzeln zu entdecken. Die können eigentlich nur im deutschen Südwesten liegen. Wie die Schwaben sind die Simpsons weitgehend unterschätzt, als tumb und plump verschrieen, dabei sind sie schlichtweg Grübler und Philosophen des Alltags.

Man nehme nur den Vater der Sippe, Homer Simpson, den Mann mit der gelben Haut, den zwei Haaren und der Wohlstandswampe. Selten hat jemand die Kultur der USA so treffend beschrieben wie er: „Ich bin Amerikaner, ich mag mein Bier kalt, meinen Fernseher laut und meine Homosexuellen geoutet.“ Das sagt er in Springfield, aber er könnte das auch in Stammheim sagen, übersetzt würde das dann so heißen: „I mog main Trollinger hellrot, main Daimler putzt, ond d’ Kandel g’schleckt.“ Oder wie es Dominik Kuhn sagt: „Jetzt glotz ich seit 15 Jahren die Simpsons und denke, ich kenne alle und alles aus Springfield in- und auswendig; und auf einmal wird mir klar, dass Homer bei Moe die ganze Zeit koi Bier sondern Moscht g’soffa hodd.“ Man hätte es ahnen können, hat Homer doch einen jessasmäßige Moschtmeggl.

Für alle, die ihn nicht kennen sollten: Homer Simpson ist ein Enddreißiger bis Mittvierziger, er arbeitet in einem Kernkraftwerk, seine Frau heißt Marge, seine Kinder Bart, Lisa und Maggie. Matt Groening erfand die Familie 1987, zwei Jahre später zeigte das amerikanische Fernsehen erstmals die Serie. 1991 zog das ZDF nach. 1996 erschienen die Comics erstmals bei Panini Deutschland, dem Verlag mit Sitz in Stuttgart. Dort fiel dem Panini-Pressesprecher Steffen Volkmer ein, man könne die Simpsons doch auch mal Mundart sprechen lassen. beim amerikanischen Lizenzgeber Bongo Comics stieß er damit zunächst auf Unverständnis, „die verstehen das Prinzip überhaupt nicht“, sagt Volkmer. Gibt es doch dort zwar verschiedene Akzente, aber nicht Dialekte in dieser unterschiedlichen Ausprägung wie in Deutschland. Doch weil die Amerikaner grundsätzlich neugierig sind, gaben sie den Lizenznehmern im guten alten Deutschland grünes Licht. Man übte mit Hessisch und Bayerisch, und nach dem Motto, aller guten Dinge sind drei, kommt nun die schwäbische Version. Gedichtet von Dodokay.

Der Reutlinger schreckt vor nichts zurück, nicht einmal vor der Aufgabe, mit seinen Sendungen das dritte Fernsehprogramm des SWR witziger zu machen. Also sagte er begeistert zu. Mit dem Verlag ist er schon länger verbandelt, übersetzt er doch die Star-Wars-Romane vom Englischen ins Deutsche. Doch fehlt einem da ein Wort, kann man im Wörterbuch danach suchen. So etwas gibt es im Schwäbischen aber gar nicht, da es nur eine gesprochene Sprache ist. Und schon gar nicht gibt es eine allgemeingültige Version.

„Ich komme aus Reutlingen, also ist mein Schwäbisch ein Reutlinger Schwäbisch“, oder anders ausgedrückt: „Ein Dodo-Schwäbisch.“ Das legte er nun den Simpsons in den Mund. Also zerstört Homer nicht das Internt, er versaubeitelt es. Und der Brauereibesitzer Duff ist nicht tot, er isch in d’r Kischt. Allerdings nur scheinbar, er ersteht wieder auf, oder wie Dodokay das kurz und prägnant nennt: „Duff edd heh!“

Bei der Arbeit hat Kuhn Überraschendes gemerkt: „Durch das Schwäbische ist man wieder näher am amerikanischen Original.“ Die deutsche Schriftsprache sei oft gestelzt, „ auf Mundart ist das dreckiger, geerdeter, so wie die Menschen tatsächlich reden.“ Und so arbeitet der Autor auch, er redet. Besser gesagt, er schwätzt vor sich hin, damit auch wirklich kein Lällabäbb rauskommt. Weil er das im Café macht, stundenlang, konzentriert, versunken, und das auch so hält, wenn er seine Videos synchronisiert und Obama und Merkel Schwäbisch in den Mund legt, hat ihn jüngst eine Frau angetippt. „Die wollte schauen, ob ich lebe: Die dachte, ich bin eine Kunstinstallation.“

Zumindest ist ihm ein Kunststück, pardon Kunschtschtück, gelungen. Und er ist selbst eines geworden. Simpsons-Zeichner Nathan Kane hat Dodokay gemalt, in Gelb natürlich , signiert wurde das Werk von Simpsons-Erfinder Matt Groening. Gell, da glotsch.