Gegenüber dem Vorjahr hat der Highlander und Nürtinger Stadtrat Andreas Deuschle noch einmal 21 Pfund zugelegt. Foto: Horst Rudel

Beim Silvesterwiegen in Nürtingen wagen sich 95 Prominente auf die Sackwaage. Die beweist: ein gar so schlechtes Jahr kann es nicht gewesen sein.

Esslingen - Gewichtige Persönlichkeiten sind sie allemal, und das ganz unabhängig davon, was sie nun tatsächlich auf den Rippen haben. Beim diesjährigen Silvesterwiegen in der Stadthalle in Nürtingen kamen am Vormittag 95 Menschen, viele von ihnen örtliche Amts-, Mandats- und Würdenträger, zusammen, um ihre Leibesfülle auf der historischen Sackwaage ermitteln zu lassen. Dabei wurden 457 Euro an Spenden eingesammelt. Das Geld kommt der im Juni eröffneten inklusiven Begegnungsstätte Bürgerhaus Krone in Oberensingen zugute.

Am Ende war einmal mehr der Stadtrat Andreas Deuschle (CDU), aufgrund mehrerer erfolgreicher Teilnahmen bei den schottischen Highland Games auch „Der Highlander“ genannt, mit 304 Pfund der schwerste Mann im Saal, und das noch vor dem Weißwurstfrühstück, das dem Wiegen folgt. Das Publikum applaudierte Deuschle für seine Titelverteidigung. Im Vergleich zu 2017 hat der Champion mit seinem diesjährigen Ergebnis noch einmal 21 Pfund zugelegt und den Abstand zu Pastoralreferent Marcel Holzbauer (276 Pfund) wieder vergrößert. „Sind das Anabolika oder der Muskelzuwachs aus dem Trainingslager in der Dominikanischen Republik“, fragte der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich (SPD), der die Ergebnisse des Silvesterwiegens gewohnt launig kommentierte.

Für die Leichtesten gibt es Sekt

Den Titel der leichtesten Frau sicherte sich mit einem Gewicht von hundert Pfund in diesem Jahr Nicole Heilig, die Ehefrau des Notars Stefan Heilig. Ihr Gewicht blieb im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. Als leichtester Mann freute sich der ehemalige Stadtrat der Jungen Bürger, Christian Döbler (125 Pfund), ebenso über eine Flasche Sekt aus den Händen des Oberbürgermeisters Heirich wie die zuvor beschriebenen Erstplatzierten.

Das Gesamtgewicht sank in diesem Jahr, weil weniger Besucher zum Silvesterwiegen kamen als 2017. Im vergangenen Jahr hatten noch 105 Menschen teilgenommen. „Das Durchschnittsgewicht hat sich aber erhöht. So schlecht kann 2018 also nicht gewesen sein“, stellte Heirich fest. Waren es vergangenes Jahr noch durchschnittlich 158 Pfund, die die Gäste mitbrachten, waren es nun 162 Pfund.

Das Jahr des Endes der Gewissheiten

Der Rathauschef unterhielt das Publikum während des Weißwurstfrühstücks und der Analyse der Wiegeergebnisse mit einem Jahresrückblick, bei dem Heirich insbesondere beim Blick auf die Bundes- und internationale Politik seine Sorgen äußerte. Das ausklingende Jahr überschrieb der Schultes mit „Ende der Gewissheiten“. Die Politik des US-Präsidenten Donald Trump trägt aus Heirichs Sicht ebenso zum Ende der Gewissheiten bei wie die schwindende Bindungskraft der deutschen Volksparteien und das sich anbahnende Ende der Amtszeit Angela Merkels als Bundeskanzlerin. „Der eine oder andere wird sagen, es war ein furchtbares Jahr“, sagte er. Andererseits gebe es auch Positives über 2018 zu vermelden: So habe weltweit die Kindersterblichkeit und die Armut abgenommen, es gebe mehr Bildung für Mädchen und weniger tödliche Fälle von Infektionskrankheiten, zählte der Rathauschef auf. In Nürtingen seien zahlreiche Bauprojekte angegangen worden, es sei neuer Wohnraum geschaffen und der Stadtmarketingprozess in Gang gesetzt worden. Für Otmar Heirich war es der letzte Jahresrückblick beim Silvesterwiegen. Am 5. Mai wird der 67-Jährige nicht erneut für das Amt des Oberbürgermeisters kandidieren.

Falls 2018 also tatsächlich das Jahr des Endes der Gewissheiten sein sollte, könnte dies für Nürtingen also auch mit dem angekündigten Rückzug Heirichs aus dem Rathaus zusammenhängen. Einige Gewissheiten werden allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im kommenden Jahr Bestand haben – auch beim Silvesterwiegen 2019 werden sich die Besucher die Weißwürste schmecken lassen.