Francesco Cacace und Gregorij Künstler in ihrem Reich – der Küche des Möhringer Hexle. Foto: Leonie Thum

Die Feiertage bedeuten auch: Stress in der Küche. Familie und Gäste wollen schließlich angemessen verköstigt werden. Wie sieht das erst in einer Restaurantküche aus? Zwei Köche erzählen vom jährlichen Trubel an Silvester.

Möhringen - Wer dem fast schon obligatorischen Raclette oder Fondue am Silvesterabend entkommen will, geht zum Essen gerne aus. Im Restaurant muss man sich zudem (vom Geldbeutel bereithalten abgesehen) um nichts kümmern, denn in der Durchreiche zur Küche erscheinen wie von Zauberhand die dampfenden Speisen. Auf der restaurantabgewandten Seite herrscht dagegen wenig Entspannung. Innerhalb kürzester Zeit müssen hier Dutzende Vor- und Hauptspeisen, Salate und Beilagen gekocht und zusammengestellt werden.

Zwei der Menschen auf der anderen Seite sind Francesco Cacace und Gregorij Künstler. Die beiden sind Köche; sie führen die Küche im Möhringer Hexle. An Silvester lassen sie kein Papier-, sondern Gemüsekonfetti regnen. Geradewegs auf die Perlhuhnconsommé mit Trüffelnocken. Und den Champagner füllen sie nicht in überschäumende Sektflöten, sondern verwandeln ihn in ein Sößchen, das Seite an Seite mit einer Hummerterrine die Teller ziert.

Künstler am Werk

Wer die beiden über ihre Kreationen reden hört, merkt schnell: Künstler und Cacace sind nicht aus Zufall Köche geworden. Sie sprechen von Farbkontrasten auf dem Teller und erklären, wann die Schokoladensoufflé genau richtig ist – nämlich dann, wenn der Kern flüssig und die Kruste knusprig ist.

„Wir versuchen immer, bereits bekannte Gerichte auf eine eigene, moderne Art zu interpretieren“, sagt Cacace. Im Silvestermenü stehen beispielsweise keine normalen, sondern Süßkartoffelgnocci auf der Karte. „Wir bauen überall etwas Neues ein, spielen ein bisschen – ich spiele nämlich sehr gerne“, sagt Künstler augenzwinkernd. Dafür müsse auch im größten Stress noch Zeit sein, sonst mache es irgendwann keinen Spaß mehr.

Den Überblick behalten

Stress ist in Küchen bekannt – Silvester ist allerdings einer der Stresshöhepunkte. Die Pläne für das Silvestermenü entstehen schon Monate vorher. „Wenn nach den Sommerferien die Lebkuchen in den Supermärkten auftauchen, fangen die Leute an, nach dem Silvestermenü zu fragen“, erzählt Cacace. Die richtigen Vorbereitungen beginnen eine Woche vorher. Dann muss koordiniert werden, wann die Händler da sind, und nebenbei müssen immer die eintrudelnden Reservierungen im Auge behalten werden. Schließlich dürfen es am Ende weder zu wenige noch zu viele Zutaten sein.

Das Kochen beginnt zwei Tage vorher. „Da machen wir Dinge wie ein Zimteis, was man schon vorher zubereiten kann“, sagt Cacace. Nach und nach folgen die Feinarbeiten wie Ratatouilletörtchen, Wildreisplätzchen oder Bratapfelmousse. Am Silvestertag selbst halten sich die Köche an einen genauen Ablaufplan. „Das Essen entsteht an der Durchreiche, wo die Gerichte an die Gäste rausgehen. Da kommt alles zusammen auf den Teller und da muss es dann im Endeffekt stimmen“, erklärt Cacace. Die Teammitglieder müssen genau aufeinander abgestimmt arbeiten, damit das Fleisch, die Beilagen und die Soße zur gleichen Zeit fertig werden. Neben den beiden Chefköchen helfen auch Lehrlinge in der Küche mit, um die große Zahl an Gerichten zum gleichen Zeitpunkt fertig zu stellen.

Silvester ohne Familie

Gemeinsam mit den Liebsten feiern ist für die Köche an Silvester nicht möglich. Die viele Arbeit zieht sich schon durch den ganzen Dezember – sämtliche Weihnachtsfeiern und die Festtage verlangen vollen Einsatz von den Köchen. „Die Familie hat da schon auch Mitleid. Sie kennen die Situation und sagen: Mach du mal dein Ding, wir reden dann wieder im Januar“, erzählt Künstler. Entspannung kehre zu Beginn des neuen Jahres ein. „Dann sind ja auch erst einmal alle gesättigt“, ergänzt Cacace lachend.

Am Silvesterabend wird dafür um Mitternacht mit den Kollegen angestoßen. Und dann muss der Champagner zur Abwechslung auch nicht weiterverarbeitet werden, sondern darf – ganz klassisch – aus dem Sektglas genossen werden.