Foto: Judith A. Sägesser

Der Waldorfkindergarten hat zum zweiten Mal den Innovationspreis gewonnen. Und zwar für etwas, das in der Einrichtung Tradition hat: die Mitarbeit der Eltern.

- Es braucht die Mamas und Papas. Ohne ihr Zutun wäre der Waldorfkindergarten rasch am Ende. Zweimal im Jahr treffen sich die Eltern, um im Garten Hecken zu schneiden, Blumen zu pflanzen oder Beete umzugraben. Vor den Sommerferien ist Großputz, und wenn ein Basar ansteht, basteln, stricken und häkeln die Eltern emsig. Im Waldorfkindergarten am Himbeerweg sind die Mamas und Papas wie die Heinzelmännchen.

Für das elterliche Ehrenamt hat die Sillenbucher Einrichtung vor kurzem den Stuttgarter Innovationspreis für das Jahr 2011 erhalten. Innovation bedeutet, dass jemand etwas verändert. Dieser Jury ging es allerdings weniger darum, dass sich die Bewerber neu erfunden haben. Vielmehr ist die Idee dahinter, dass sich andere Einrichtungen an den Prämierten ein Beispiel nehmen. So konnten die Juroren den Sillenbucher Waldorfkindergarten getrost für Altbewährtes auszeichnen.

Es ist der sechste Stuttgarter Innovationspreis für Kindertagesstätten, den die Stadt zusammen mit dem Kuratorium und Förderverein Kinderfreundliches Stuttgart ausgeschrieben hatte. Diesmal haben sich die Einrichtungen zum Thema Ehrenamt beworben. Das Preisgeld betrug 6000 Euro, macht für jeden der vier Gewinner 1500 Euro. Die Stuttgarter Firma Burgdorf hat die Summe gestiftet. Der Waldorfkindergarten Himbeerweg ist nicht die einzige Einrichtung aus Sillenbuch, die in diesem Jahr zu den Ausgewählten zählt: Die katholische Kirchengemeinde Sankt Michael hatte sich erfolgreich mit ihren drei Kindertagesstätten – Pusteblume, Wirbelwind und Kinderhaus Erdbeerweg – beworben. Die beiden anderen Preisträger sind der Verein Kindsköpfe und das Kinderzentrum Sankt Josef. An den drei katholischen Betreuungseinrichtungen gefiel den Juroren, dass sich zahlreiche Außenstehende in den Alltag einbringen. Seien es die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Gemeindebücherei, die den Kindern Lust aufs Lesen machen wollen; seien es die Senioren, die den Knirpsen regelmäßig vorlesen; seien es Handwerker, die den Kindergärten bei Bedarf beispielsweise ein Waschbecken spendieren.

Das Kinderhaus Erdbeerweg hat bereits im Jahr 2008 den Stuttgarter Innovationspreis gewonnen. Damals ging es ums Thema „Erziehungspartnerschaften“. Und auch für den Waldorfkindergarten Himbeerweg ist die Auszeichnung in diesem Jahr keine Premiere. 2005 ist die Einrichtung für ihre flexiblen Öffnungszeiten ausgezeichnet worden.

Für die Waldorfleute ist die Auszeichnung für die Elternarbeit eine Bestätigung. Jedoch wollen sie sich nicht darauf ausruhen. Obwohl das elterliche Engagement zu der Einrichtung gehört wie die Kinderstimmen, feilen die Erzieherinnen stets an ihrem Konzept. „Wir müssen wachsam sein, dass wir die Aufgaben, die es gibt, für die Eltern transparent machen“, sagt die Erzieherin Kathrin Eßwein. Noch ist nicht entschieden, wofür die 1500 Euro gut sein könnten. „Wir brauchen einen neuen Zaun“, sagt sie. Und ihre Kollegin Birgit Eisenblätter denkt an Musikinstrumente, die sich der Kindergarten wünscht. Sie werden dies noch entscheiden – gemeinsam mit den Eltern. Und zwar nicht nur, weil sie denen den Preis zu verdanken haben, sondern weil das schon immer so war: die Eltern gehören dazu.