Sie ziehen dem deutschen Schlager die Rockerjacke an: die Band Silbermond. Foto: factum/Weise

Deutschsprachige Rockbands gab es zur Jahrtausendwende viele – manche von ihnen sind längst von der Bildfläche verschwunden. Silbermond haben sich gehalten: Am Freitag füllen sie zum Auftakt der KSK Musik Open den Schlosshof in Ludwigsburg mit 8000 Fans.

Ludwigsburg - Es gibt eine Frau, bei der Andreas Nowak, der Schlagzeuger von Silbermond, immer ans Telefon geht, auch dann, wenn seine Band im Proberaum ist. Die Frau ist seine Großmutter, 92 Jahre alt nun. Und Stefanie Kloß, die Sängerin von Silbermond, sagt dies, am Freitagabend, beim Konzert im Innenhof des Ludwigsburger Residenzschlosses: „Es ist ein Wunder, das wir beide noch da sind“ – sie meint die Großmutter, die Silbermond schon zujubelte, als sie bei Stadtfesten in Bautzen auftraten, sie meint ihre Band.

Silbermond gehörten zu den deutschsprachigen Rockbands der Jahrtausendwende – manche von ihnen sind längst von der Bildfläche verschwunden, Silbermond haben sich gehalten, füllen den Schlosshof am vergangenen Freitag mit 8000 Besuchern nahezu vollständig. Sie haben ein Rezept: Thomas Stolle ist ein talentierter Gitarrenschüler, der es versteht, den Sound vieler Vorbilder aus dem Ärmel zu schütteln; er macht diskrete Anleihen bei Ritchie Blackmore, spielt vor einer Lavalampenleinwand ein Solo, das David Gilmour aufruft. Und Stefanie Kloß ist die junge Frau in schwarzer Lederjacke, die aufgeregt, lachend über die Bühne läuft und singt, was einer deutschen Generation auf dem Herzen liegt.

Sie mimen die bösen Buben – und sind doch herzensgut

Silbermond-Texte handeln von Liebe, Leid und Freundschaft, von Zukunftsangst und der eben erst vergangenen Kindheit. „Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit“ heißt es im Refrain von „Irgendetwas bleibt“. Silbermond haben sich oft stark gemacht gegen Rechtsradikalismus; nun sieht man auf der Leinwand Bilder von Straßenkämpfen, die an Hamburg denken lassen.

Sie spielen ihre Balladen auf einer Vorbühne im Meer der leuchtenden Mobiltelefone, sie haben eine große Lightshow mit nach Ludwigsburg gebracht und stilvolle Videos in Schwarzweiß; sie mimen ein wenig die bösen Buben und sind doch herzensgut. Man muss Silbermond nicht lieben, aber man sollte sie respektieren: Ihnen gelingt es immer noch am besten, dem deutschen Schlager die Rockerjacke anzuziehen.