Stefanie Kloß in Aktion: Sie spricht auch politische Themen an Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Die Bautzener Band Silbermond hat ein buntes, lautes und sehr gutes Konzert in der Schleyerhalle gegeben. Und Sängerin Stefanie Kloß hat allen eine Lektion erteilt, „die Ideen von 1933“ aufwärmen wollen.

Stuttgart - Zuletzt kamen aus dem Osten Deutschlands nicht gerade die besten Nachrichten. Die Bautzener Rock-Pop-Band „Silbermond“ allerdings hat am Freitagabend für ihre Fangemeinde in der leider nur locker besetzten Schleyerhalle bessere Botschaften parat. Die Bühne ist ein kitschig-schönes Sammelsurium aus Requisiten; an einem ramponierten Klavier lehnt ein Rettungsring, daneben ein Buchstabe aus einer alten Leuchtreklame. Auf dem Bühnenboden sprießt etwas Grün, riesige Blütenkelche recken sich hoch in den Hallenhimmel.

Sängerin Stefanie Kloß tollt vor einer großen Leinwand hin und her, auf der Schnipsel vorproduzierter Videos und aufwendig aufbereitete Live-Aufnahmen virtuos ineinander geschnitten werden. Zum Opener „Was Freiheit ist“ wogt ein aufgepeitschter Ozean unter düsteren Wolkenmassen, und Stefanie Kloß fragt, „Wie frei bin ich eigentlich?“

Druckvoller als die CD

Der Sound ist wuchtig, kantiger und druckvoller als auf dem im November 2019 erschienenen Album „Schritte“, die Gitarrensoli von Thomas Stolle sind fein ziseliert. Das Stück „Lass mal“ vom Album „Leichtes Gepäck“ schlendert entspannt, die Basslinien grooven lasziv. Live klingen „Silbermond“ alles andere als seicht und zeigen mit Songs wie „Zeit zu tanzen“ und „Indigo“ verschiedene musikalische Facetten, von treibenden, tanzbaren Rhythmen bis hin zu rockigen Gitarrenriffs.

Viel beeindruckender als die energiegeladene Musik und die aufwendige Bühnengestaltung ist aber, wie Stefanie Kloß im Rahmen eines flotten Popkonzerts politische Themen anspricht. Während das Stück „B 96“ noch von Kindheitserinnerungen und vom Zuhausesein handelt – der belastete Begriff „Heimat“ fällt nicht einmal –, singt Kloß in „Mein Osten“ von ihrer eigenen Zugehörigkeit, vom Verständnis für die Sorgen vieler Menschen in den neuen Bundesländern, mahnt aber auch: „Was nicht hilft, sind wir uns da einig? / Ideen von 1933.“

Zusammenhalt und Emotion

In mehreren Ansprachen schwört die Sängerin ihr Publikum auf toleranten Zusammenhalt ein und sucht selbst den Kontakt zur Menge. Einmal schiebt sich die gesamte Band durch den Innenraum der Schleyerhalle, um auf einer zweiten, von Fans umfluteten Plattform die Songs „Für Amy“ und „Himmel auf“ zu singen. „Für Amy“ singt Kloß sogar eine Strophe lang ohne unterstützende PA, zusammen mit ihren Fans. Es ist so still, man könnte eine Stecknadel fallen hören. Zum Ende des Konzerts nimmt die Band ein Bier an der Hallenbar und lässt sich beim Musizieren mit Fans filmen.

Man mag das kitschig und kalkuliert finden, dabei sind diese Solidaritätsbekundungen frei von jeglichem Zynismus. Im Gegensatz zu den pathetischen Hurra-Hymnen von Kevin Bourani („Auf uns“), Max Giesinger („80 Millionen“) oder dem dumpf brütenden Innerlichkeitssoul von Xavier Naidoo zeichnet sich Silbermonds Lyrik durch aufrichtige, manchmal kindlich-naive Emotionalität aus. Nur manchmal geraten auch dieser Band die Bilder eine Nummer zu groß, wie in „Krieger des Lichts“. Immerhin beinhaltet der Text einen Appell, sich solidarisch mit anderen zu zeigen. Man hätte Silbermond eine größere Menge an Zuhörern gewünscht, doch die vier freuen sich über ihr Publikum. „Wir sind mehr!“ ruft Stefanie Kloß von der Bühne herunter, und man wünscht sich, sie möge recht haben.