Wasserstoff-fähige Gasturbine von Siemens Energy Foto: imago/NTB//Javad Parsa

Die Aktionäre von Siemens Energy warten sehnsüchtig auf schwarze Zahlen. Gleiches gilt für eine Hauptversammlung in Präsenz. Doch beide Hoffnungen werden vorerst enttäuscht.

Es hätte ein engagiertes bis hitziges Aktionärstreffen sein können. Denn der Energietechnikkonzern Siemens Energy verlangt seinen Anteilseignern als Dauerbaustelle einiges ab. Aber auch wenn die Pandemie ausläuft hat die Siemens-Abspaltung wie viele andere Dax-Konzerne 2023 wieder zu einem virtuellen Treffen geladen. Das dämpft den unmittelbaren Unmut, aber nicht den in der Sache und den hinsichtlich Managementfähigkeiten. „Der Vorstand der Siemens Energy scheint eher wie Don Quijote gegen Windmühlen zu kämpfen, als mit ihnen Geld zu verdienen“, ätzt Ingo Speich. In Präsenz wäre dem Fondsmanager der Beifall von Mitaktionären wohl gewiss gewesen. Denn seine Kritik trifft den Kern aller Probleme.

Da ist die spanische Windkrafttochter Siemens Gamesa, die mit Milliardenaufwand gerade vollständig übernommen und endlich in den Gesamtkonzern integriert wird. Vor allem ihr ist es geschuldet, dass gerade wieder einmal alle Prognosen nach unten korrigiert und für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (zum 30. September) ein neuerlicher Verlust auf Vorjahreshöhe von etwa 650 Millionen Euro angekündigt werden mussten. Insofern passt der Vergleich mit dem so stetig wie erfolglos gegen Windmühlen kämpfenden Ritter von der traurigen Gestalt leider durchaus – nur mit dem Unterschied, dass Siemens Gamesa erfolglos für Windmühlen kämpft.

Ausgerechnet Gasturbinen

„Windkraft und erneuerbare Energie sollten doch eigentlich die Geschäftsbereiche sein, die richtig schön Rückenwind in das Unternehmen hinein bringen“, sagte auch Aktionärsvertreterin Daniela Bergdolt als Vizechefin der deutschen Vereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Aber das Gegenteil sei der Fall. Noch Schlimmeres verhindert bei Siemens Energy derzeit ausgerechnet das Geschäft mit Gasturbinen.

Dann stellt Bergdolt eine Frage, die auch Mitaktionäre umtreibt. „In welcher Höhe erwarten Sie noch Belastungen über wie viele Jahre hinweg?“ Der Don Quijote von Siemens Energy heißt Christian Bruch, ist dort Vorstandschef und windet sich. Die im Januar erneut bei Siemens Gamesa aufgedeckten Belastungen in Höhe rund einer halben Milliarde Euro seien ein herber Rückschlag, räumt er ein. 2025 werde die Gesamtfirma wohl profitabel sein. Für 2024 sei noch in Untersuchung, ob das klappt. Denn der neue Siemens Gamesa-Sanierer Jochen Eickholt ist gerade dabei, nach dem Projekt- nun auch das Servicegeschäft auf Risiken zu durchforsten.

Würden die Aktionäre physisch etwa in der Münchner Olympiahalle sitzen und nicht zu Hause am Computer, ginge bei solchen Sätzen wohl mindestens ein Raunen durch ihre Reihen. Möglicherweise ist der virtuell gedämpfte Protest ein Grund, warum Siemens Energy die nächsten beiden Aktionärsreffen zu Testzwecken virtuell abhalten will.

Danach sollte der Konzern langsam in der Lage sein, die Früchte der Energiewende zu ernten und Eigner bei einer eventuellen Präsenzveranstaltung damit zu erfreuen. Denn erneuerbare Energien könne mit globalem Investitionsbedarf von 50 Billionen Euro bis 2030 der größte Wachstumsmotor der Menschheitsgeschichte werden und Siemens Energy beflügeln, glaubt Bruch. Die zuletzt erfolgreiche Sanierung des fossilen Traditionsgeschäfts, das noch vor wenigen Jahren als eigentlicher Problemfall galt, sei eine Blaupause, die man nun auf die Windkraftgeschäfte übertragen wolle.

Fondsmanager Speich bleibt skeptisch

Zugleich verteidigte Bruch moderne Gasturbinen als notwendige Brückentechnologie. Würde man alle Kohle- durch neue Gaskraftwerke ersetzen, könnte das den globalen Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid halbieren, argumentiert er. Seinen Schlüssel zum Erfolg sieht der Firmenchef aber darin, das Windgeschäft auf Vordermann zu bringen. Die Aktionäre bleiben skeptisch. „Auf Prognosen kann man wenig geben“, kritisiert Fondsmanager Speich angesichts seiner Erfahrungen mit Siemens Energy.