Sonja Noppinger hat vor gut sieben Jahren ihre Kneipe Fischlabor eröffnet. Foto:  

Seit sieben Jahren umsorgt Sonja Noppinger ihre Gäste im Fischlabor im Stuttgarter Westen. Manche Gäste und manche Geschichten sind ihr in dieser Zeit besonders im Gedächtnis geblieben.

Stuttgart - Die schönsten Träume sind die, die man sich selbst erfüllt. So wie der von Sonja Noppinger: Viele Jahre träumte die quirlige Dame von einem eigenen Laden, einer gemütlichen, authentischen Kneipe, in der sich jeder wohlfühlt. Irgendwann wurde aus dem Traum eine konkrete Mission. Und doch mussten erst mal zwei mühsame Jahre der intensiven Suche nach einem geeigneten Objekt vergehen, bis sie endlich die Schlüssel zu ihrem eigenen Laden in der Hand hielt.

Das war Ende 2009. Mittlerweile sind gut sieben Jahre vergangen, und ihr Fischlabor erfreut sich bester Gesundheit. Mal abgesehen von ein wenig Verwirrung, die der durchaus irreführende Name verbreitete, mauserte sich Noppingers Stadtteilkneipe vom Neuling schnell zum Fixstern der westlichen Feierabendbierkultur. „Wir haben mittlerweile so viele Stammgäste, dass wir sie einmal im Jahr einen eigenen Abend gestalten lassen“, meint sie zufrieden. Nach dem Vorbild eines englischen Pubs kommt bei Noppinger alles zusammen, was Lust auf eine gemütliche, gepflegte Kneipe, ein gutes Bier und eine solide Küche hat. „Mir schwebte von Anfang an eine Art Wohnzimmer vor“, erinnert sie sich. „Deshalb haben wir bewusst viele große Tische. Die Leute sollen sich zu anderen an den Tisch setzen.“

Ein Herz fürs Quartier

Nach langen Jahren als treue Seele im Oblomow, die sie rückblickend als „sehr wirkungsvolle Schule“ bezeichnet, den Gang in die Selbstständigkeit zu wagen, ist natürlich kein Pappenstiel. Zumal der Vorgängerladen, das eher wenig einladende Ludwigsstüble, nur mit sehr viel Fantasie das Potenzial erkennen ließ, das Noppinger aus den Räumen herausgekitzelt hat: Spielautomaten, lieblose Einrichtung, das klassische Bild eben. „Wir haben uns den Laden angesehen und sofort gesehen, was wir daraus machen können.“ Das war ihr großes Glück; ihre Entscheidungsfreudigkeit gegenüber dem alten Pächters war vielleicht das Zünglein an der Waage. „Viel zu tun hatten wir dennoch, bis wir eröffnen konnten.“

Als waschechtes Kind des Westens war es für Sonja Noppinger Ehrensache, hier auch ihre Kneipe zu eröffnen. „Hier kenne ich jeden Stein“, sagt sie – auch wenn sie mittlerweile in Heslach wohnt. Ihr Herz schlägt für ihr altes Quartier, für die Gastronomie und die Bewohner dort. Im Sutsche sei sie oft, im Moulu, im Mertens. Am liebsten natürlich in ihrem eigenen Laden. Jeden Tag steht sie hier und freut sie sich auf die Arbeit. Mittlerweile blickt sie auf sieben erfolgreiche Jahre zurück. Ob sie etwas anders machen würde? Ihre Augen leuchten. „Nein“, sagt sie, ohne zu zögern. Und blickt auf besonders denkwürdige Momente zurück. „Der Laden war gerade geöffnet, da ließ sich an einem warmen Sommertag schwer atmend ein Mann auf einem Stuhl im Außenbereich nieder. Er klagte über Herz-Kreislaufbeschwerden und bat um ein Glas Leitungswasser. Einer der Mitarbeiter eilte sofort in die Küche und überlegte währenddessen fieberhaft, was er sonst noch für den Armen tun könnte. Als er Sekunden später wieder nach draußen kam, sah er jedoch zu seiner Überraschung den Mann schon um die nächste Straßenecke biegen. „Von seiner ‚Schwäche’ war nichts mehr zu spüren, dafür hatte er sich einen unserer gläsernen Aschenbecher gemopst, der vorher auf dem Tisch stand. Auf den hatte er es offenbar abgesehen und diese kleine Theaterszene zum Tausch für die Trophäe improvisiert.“

Langfinger mit Bühnentalent Königsmantel

Eine zweite Geschichte: „Zu später Stunde saß ein Mann an der Bar. Er hatte einige Bier intus, was den Genuss eines weiteren Trunks keinen Abbruch tat. Irgendwann musste er einen Teil der Flüssigkeit wieder loswerden. Schwankend, aber erfolgreich erklomm er die Stufen auf dem Weg zur Toilette. Als er wieder zurückkam, klappte das allerdings nicht mehr so gut. Er stolperte, griff hilfesuchend nach links und rechts, erwischte den beidseits hängenden Vorhang und riss ihn hinunter. Der schwere rote Samt fiel wie ein Umhang um den Mann und hüllte ihn ein. Ansonsten war ihm nichts passiert. Der Mann tappte gelassen zurück an seinen Platz, setze sich wieder auf den Barhocker. Dort thronte er dann wie König Ludwig persönlich – mit dem um seine Schultern drapierten Stoff und der – zugegeben – etwas sperrigen Vorhangstange, die seinen Nacken zierte.“