Das neue Weiße Haus stellt sich in Europa vor: US-Vizepräsident Pence muss auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklären, was er und Präsident Trump wollen. Ob dann am Ende alle schlauer sind?
München - Die Welt ist aus den Fugen geraten. Diesen Satz hat man in den vergangenen zwei, drei Jahren schon viel zu häufig gehört. Er war aber leider nie so wahr wie heute. Zum immer brutaler werdenden Syrien-Krieg, dem Ukraine-Konflikt, den Spannungen zwischen Russland und der Nato und der Krise der Europäischen Union kommt nun noch etwas hinzu: Donald Trump. Der neue US-Präsident hat erst einmal alles in Frage gestellt, was die Welt zusammenhält: Internationale Organisationen wie die Nato und die Vereinten Nationen und globale Abkommen wie das zum Klimaschutz.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz soll nun am Wochenende zumindest ein bisschen sortiert werden, was alles durcheinander geraten ist. „Die Zahl der außenpolitischen Fragezeichen war noch nie so groß wie heute“, sagt Konferenzchef Wolfgang Ischinger. Vor allem sind es drei ganz große Fragen, mit denen sich die 30 Staats- und Regierungschefs sowie fast 50 Minister in München befassen müssen.
Was will Trump?
Das ist die Kardinalfrage der Konferenz. Sie steht über allen anderen Themen. Dass Vizepräsident Mike Pence sie am Samstag bis in die Feinheiten beantwortet, erwartet zwar niemand. Aber er könnte wenigstens ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. In seiner Rede wird es voraussichtlich um Russland und den Iran, um den Nahost-Konflikt, die Syrien-Krise, die Europäische Union und vielleicht auch um Afghanistan gehen. Aus all diesen Ländern und Regionen sind Vertreter in München, die im Gegenzug ihre Erwartungen an die Regierung Trump formulieren werden - darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Es wird aber auch interessant sein zu beobachten, wie die Amerikaner sich untereinander vertragen: Die Kongress-Delegation wird von Senator John McCain angeführt. Er ist wie Trump Republikaner, aber auch sein prominentester Kritiker.
Was wird aus Syrien?
Die Konferenz findet zwischen den von Russland, dem Iran und der Türkei vermittelten Syrien-Friedensgesprächen im kasachischen Astana und der Wiederaufnahme der UN-geführten Friedensgespräche in Genf in der kommenden Woche statt. Der neue UN-Generalsekretär Antonio Guterres wird seinen Auftritt sicher zur Mahnung an alle Konfliktparteien nutzen. Schon vor drei Jahren, als der Portugiese noch UN-Flüchtlingskommissar war, sagte er in München: „Ich habe keinen Zweifel, dass der Syrien-Konflikt die schlimmste humanitäre Krise mindestens seit dem Völkermord in Ruanda ist.“
In Ruanda wurden 1994 innerhalb von drei Monaten eine Millionen Menschen auf teils bestialische Weise ermordet. In Syrien ist die Zahl der Toten auf inzwischen mehr als 400 000 gestiegen. Jedes Jahr war der Konflikt in München ein Thema. Echte Hoffnung auf eine Lösung ging bisher von keiner dieser Sicherheitskonferenzen aus.
Was macht man mit Putin?
Im vergangenen Jahr gab der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew in München den Ton an und warnte vor einem „neuen Kalten Krieg“. Diesmal kommt „nur“ Außenminister Sergej Lawrow. Seinen neuen US-Kollegen Rex Tillerson hat er schon am Donnerstag beim G20-Treffen in Bonn kennengelernt. Welchen Kurs die USA gegenüber Moskau einschlagen werden, ist aber immer noch unklar.
Der frühere Öl-Manager Tillerson forderte in Bonn zwar stärkere Friedensbemühungen Russlands in der Ostukraine. Aus dem Weißen Haus verlautete zuvor aber die Forderung an den Kreml nach Rückgabe der Krim. Das wiederum widerspricht diametral den Annäherungssignalen, die Trump noch im Januar Richtung Moskau gesendet hat. In der Russland-Politik wird der Schlingerkurs der Trump-Regierung so deutlich wie in keinem anderen Feld.
Die Außenminister Deutschlands und Frankreichs, Sigmar Gabriel und Jean-Marc Ayrault, wollen sich in München übrigens auch mit Russland befassen. Sie starten einen neuen Versuch, den Friedensprozess für die Ostukraine wiederzubeleben. Dazu planen sie am Samstag ein Treffen mit Lawrow und dem ukrainischen Kollegen Pawlo Klimkin.
Am Sonntag gegen 13.00 Uhr wird Wolfgang Ischinger dann sein Schlusswort halten. Er hofft, folgende Bilanz ziehen zu können: „Die Befürchtungen waren groß, sie sind jetzt ein bisschen kleiner.“