Mit der Sicherheitskonzeption Stuttgart ist mehr Polizei in der City unterwegs Foto: Lg/Leif Piechowski (Archiv)

Eine Messerstecherei am Josef-Hirn-Platz hat vor vier Wochen für Aufregung gesorgt. Der Sicherheitsbeirat für Stuttgart-Mitte bat deswegen den Revierleiter, Fakten zu liefern.

Stuttgart - Es ist in den vergangenen Wochen zu einer Häufung schwerer Straftaten in der Innenstadt gekommen. Das war für den Sicherheitsbeirat des Bezirksbeirats Mitte Grund genug, sich mal aus erster Hand informieren zu wollen, wie es um die Sicherheit im Bezirk bestellt ist. Vor allem um Auseinandersetzungen am Josef-Hirn-Platz und in Bahnhofsnähe ging es den Lokalpolitikern. Der Chef des Reviers an der Theodor-Heuss-Straße kam und brachte einen Haufen Zahlen mit. Die belegten, dass es in der Stadt zwei Arten von Sicherheit gibt: Die subjektive und die objektive. Das Gefühl, sich nicht mehr sicher bewegen zu können, nehme zu, bestätigten mehrere Mitglieder des Gremiums – so hörten sei es auch von Bürgern. Das ist das Sicherheitsgefühl der Menschen, die subjektive Wahrnehmung. Barichs Zahlen zeichneten ein anderes Bild: Die Kriminalitätsbelastung des Bezirks ist in den zurückliegenden Jahren stetig zurückgegangen.

Messerstecherei am Josef-Hirn-Platz

Aufgrund einer Messerstecherei vor knapp vier Wochen ist etwa der Josef-Hirn-Platz erneut in Verruf geraten. Bis vor ein paar Jahren war er ein Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen kurdisch- und türkischstämmigen Banden, das ist inzwischen nicht mehr so, bestätigt Barich. Der Platz sei jedoch immer im Fokus des Streifendienstes, „Jetzt wieder verstärkt, aber auch schon vor der Messerstecherei waren meine Leute dort viel unterwegs“, sagte der Revierleiter. Der Grund: „Woanders haben die Wirte nicht mehr bis in die Morgenstunden geöffnet, hier aber schon“, erläutert Joachim Barich. Dennoch sei der Platz nicht so schlimm, wie man nach der Bluttat den Eindruck haben könnte: „2018 sind dort 15 Körperverletzungsdelikte geschehen, für 2019 liegen die Zahlen noch nicht vor, aber es waren deutlich weniger“, sagt der Innenstadtrevier-Leiter Joachim Barich. „Das muss man auch mal in Relation setzen. In der ganzen Stadt sind 2018 gut 6000 Körperverletzungen geschehen, davon 15 am Josef-Hirn-Platz“, sagte er. Zum Vergleich: In der Klett-Passage seien 2018 insgesamt 87 mal dei Fäuste geflogen, an der Königstraße kam es zu rund 180 gewaltsamen Auseinandersetzungen. Den Josef-Hirn-Platz habe man nun verstärkt wahrgenommen, weil zwei besonders schwere Fälle dort passiert waren. So fasste es auch die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) zusammen: „Wenn was passiert, dann gleich mit Pistole oder Messer“, sagte sie in der Sitzung. Im vergangenen Jahr war ein Mann dort bei einem Streit angeschossen worden. Der Fall sorgte vor allem deswegen für Aufsehen, weil der Verletzte nichts zu der Auseinandersetzung sagen wollte gegenüber der Polizei.

Barich erläuterte in der Sitzung des Sicherheitsbeirats, dass aufgrund der zusätzlich eingesetzten Beamten im Rahmen der Sicherheitskonzeption Stuttgart (SKS) zum einen weniger passiere, zum anderen auch statistische Werte in die Höhe gehen würden. Ersteres belegt er durch den allgemeinen Rückgang der Straftaten in der Landeshauptstadt: Von 66 000 im Jahr 2015 sei die Zahl auf rund 53 800 im Jahr 2018 gesunken. Zahlen für 2019 dürfen erst nach der Bekanntgabe der offiziellen Statistik im März genannt werden. Letzteres seien zum Beispiel Drogendelikte, die aufgedeckt werden, je mehr Beamte in der Stadt unterwegs sind und auf Dealer stoßen. Man spreche in diesem Fall von Holkriminalität. Es seien dadurch aber nicht mehr Drogen in der Stadt verfügbar, betonte Barich.

Das Gremium interessierte sich trotz der Zahlen für Maßnahmen, wie Stuttgart noch sicherer werden könne. Cornelius Hummel (FDP) wollte wissen, was der Revierleiter und Stefan Praegert vom Amt für öffentliche Ordnung der Stadt von einer Waffenverbotszone halten würden. Sie signalisierten Skepsis: Zum einen gebe es keine Gesetzesgrundlage, zum anderen seien die meisten Waffen gewaltbereiter Personen auch jetzt schon illegal. Da ergebe sich kein großer Nutzen für die Polizei. Die Frage, ob man in Stuttgart kriminelle Clan-Strukturen habe, konnte Barich klar verneinen: „Das haben wir hier nicht, auch die Banden sind nicht mehr da“, sagte er. Eine Grundlage für mehr Videoüberwachung in der Innenstadt würde die Kriminalitätsbelastung der Landeshauptstadt nicht hergeben, sagte er auf die Frage, ob das sinnvoll wäre.