An Silvester ist immer viel Polizei in der Stadt, in diesem Jahr aber noch viel mehr: Das Archivfoto zeigt Einsatzkräfte in der Nacht vom 31. Dezember 2015. Foto:  

Mehr als 500 Polizisten sorgen in der letzten Nacht des Jahres für Sicherheit in der Stadt. Sie sollen verhindern, dass sich Vorfälle wie im vergangenen Jahr wiederholen.

Stuttgart - In einer ganz normalen Nacht sind laut Polizei in Stuttgart knapp hundert Beamte im Einsatz. In einer Silvesternacht, wenn Betrunkene prügeln, Böller auf Menschen feuern oder sonst auf dumme Gedanken kommen, sind es meist dreimal so viele. Noch größer wird das Aufgebot sein, mit dem die Polizei in diesem Jahr in die Nacht geht. Über mehrere Schichten verteilt sollen weit mehr als 500 Beamte der Landespolizei in der Stadt unterwegs sein, dazu kommen Bundespolizisten für die Bahnhöfe und S-Bahnhaltestellen. „Man wird intensiv Polizisten in der Innenstadt wahrnehmen“, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach.

Ursprünglich war die Aufrüstung geplant, weil es beim letzten Mal auch in Stuttgart sexuelle Übergriffe, Taschendiebstähle und Raubstraftaten gegeben hatte. Dann kam der Anschlag von Berlin hinzu. Deshalb wird es auch an Silvester an Zufahrtsstraßen Betonbarrikaden geben. Außerdem soll eine zentrale Anlaufstelle der Polizei auf dem Schlossplatz eingerichtet werden. Damit will man „den Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit geben, bei Bedarf direkt und sofort vor Ort Kontakt mit der Polizei aufzunehmen“. Die Bundespolizei richtete eine solche Stelle in der großen Schalterhalle des Hauptbahnhofs ein. Eine Anlaufstelle wird auch der Polizeiposten in der Klett-Passage sein. Seit Herbst ist er nur noch tagsüber besetzt, in der Silvesternacht macht die Polizei eine Ausnahme. Außerdem ist geplant, dunkle Ecken des Schlossplatzes vom Technischen Hilfswerk ausleuchten zu lassen.

Ähnliche Übergriffe wie in Köln sind auch in Stuttgart geschehen

All das tut die Polizei, weil sie verhindern will, dass es in der Innenstadt ähnlich zugeht wie im vergangenen Jahr. Damals kam zu den üblichen Begleiterscheinungen des Silvesterfestes ein neues Phänomen hinzu: Ähnlich wie in Köln, wenn auch in Quantität und Qualität weniger massiv, tauchten Gruppen junger Männer auf. Sie stammten überwiegend aus Nordafrika. Offenbar waren viele von ihnen Flüchtlinge. Unter ihnen waren Männer, die Straftaten begingen. Sie raubten Handys und belästigten Frauen. Die größte Gruppe von rund 300 Personen soll am Arnulf-Klett-Platz unterwegs gewesen sein. Die Übergriffe auf Frauen geschahen hingegen am Schlossplatz, aus kleineren Gruppen von 15 bis 20 Männern heraus. Das Ausmaß der Ausschreitungen von Köln wurde bei weitem nicht. Zunächst lagen zwei Anzeigen vor. Je mehr über Köln bekannt wurde, desto mehr Anzeigen trudelten aber auch in Stuttgart ein. Am Ende mündeten die Silvesterereignisse in 45 Ermittlungsverfahren, davon 28 Anzeigen wegen sexueller Nötigung und 17 Raubdelikte. Bei den Raubtaten wurden die Opfer meist von Männern umringt und bedrängt, die ihnen dann Mobiltelefone oder Geldbörsen aus den Taschen zogen. In vielen Fällen waren die sexuellen Übergriffe Mittel zum Zweck, um die weiblichen Opfer einzuschüchtern und dann zu berauben, analysierte die Polizei.

Die Polizei will eine sichere Feier ermöglichen

Zwar gebe es keine Anzeichen für eine Wiederholung der Ereignisse, heißt es. Jedoch wolle man, falls wieder Gruppen in die Stadt kämen, bereit sein, damit es nicht zu weiteren Diebstahls- und Raubdelikten komme, erst recht nicht zu sexuellen Übergriffen. Und vor allem nicht zu einem Anschlag wie in Berlin, der alle Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

Nicht erst mit dem Einsatzkonzept für die Silvesternacht gilt für die Sicherheitsbehörden erhöhte Präsenzpflicht. Polizei, Bundespolizei und Vollzugsdienst waren bereits das ganze Jahr über verstärkt in der Stadt unterwegs. „Sicherheitskonzeption Stuttgart“, kurz SKS, heißt diese Strategie. Die Stuttgarter Polizei reagierte damit auf das gesunkene subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen in der Stadt. Die Landespolizei hat dafür – zunächst auf unbestimmte Dauer – täglich zusätzlich rund 30 Beamte im Einsatz, die Bundespolizei mehrere Dienstgruppen. Im Bereich des Bahnhofs sind durch diese zusätzlichen Kräfte etliche Drogenhändler entdeckt und festgenommen worden. Die Beamten waren auch im Einsatz, als aggressive Bettler im Sommer vermehrt in der Stadt auftauchten.