Seit Ende Januar läuft die Schwerpunktaktion in der Stadt – und mehr Polizeipräsenz wirkt offenbar Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Polizei betreibt einen großen Aufwand für mehr Präsenz an den Brennpunkten der Innenstadt. Die Lage bessert sich offenbar – doch ein Ende der Schwerpunktaktion ist auch nach drei Monaten noch nicht abzusehen.

Stuttgart - Die Eisenstange macht deutlich, wie groß die Aggressivität unter den verschiedenen Gruppierungen sein kann, die sich am Mailänder Platz treffen. Mit einer Eisenstange hatte ein 15-Jähriger ein angeblich klärendes Gespräch unter Jugendlichen beendet. Er verletzte damit seinen 17-jährigen Widersacher so schwer am Kopf, dass er seit Anfang Mai wegen eines versuchten Tötungsdelikts in Haft sitzt. „Ein Fall, der die oft großen Spannungen unter den verschiedenen ethnischen Gruppen aufzeigt“, sagt Norbert Walz.

Am Dienstag hat der Polizeivizepräsident im Rathaus die Lage an den Brennpunkten Stuttgarts vorgestellt. Mit der Botschaft: Die Sicherheitskonzeption Stuttgart, Ende Januar mit hohem personellen Aufwand gestartet, wird bis auf weiteres fortgesetzt.

Keine Atempause: 20 bis 30 Beamte sind bei dieser Schwerpunktaktion in der Innenstadt unterwegs, vormittags weniger, abends und am Wochenende mehr. Als Brennpunkte gelten der Arnulf-Klett-Platz, die Klett-Passage, der Mailänder Platz und Rotebühlplatz. Das alles ist nur zu stemmen, weil die Bereitschaftspolizei weiter Abordnungen schickt und die Bundespolizei die Aktion unterstützt. Die Zwischenbilanz in drei Monaten: 28 300 Arbeitsstunden und knapp 12 000 Kontrollen. Die Ausbeute: 1277 Platzverweise, 606 Ermittlungen wegen Straftaten, 329 Jugendschutzmeldungen, 169 Ordnungswidrigkeiten, 93 Personen in Gewahrsam.

Am Arnulf-Klett-Platz hat sich die Lage beruhigt

„Das Konzept funktioniert“, sagt Walz. Zumindest am Arnulf-Klett-Platz und in der Klett-Passage im Bauch des Hauptbahnhofs, wo sich die Lage deutlich beruhigt habe. Es gebe einen Rückgang bei Drogendelikten und Körperverletzungen, die Zahl der Festnahmen sei von 43 auf zwölf in diesem Jahr zurückgegangen.

„Es gibt sehr viele positive Rückmeldungen, weil die Polizei gesehen wird“, sagt Walz im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik. Die Brennpunkte der Stadt lassen sich kaum vergleichen. Am Arnulf-Klett-Platz wurden in den letzten drei Monaten 53 Körperverletzungen und knapp 100 Drogendelikte in der Eingangsstatistik erfasst. Für Walz ist besonders auffällig, dass Kleindealer aus Gambia inzwischen kaum mehr eine Rolle spielen. Dafür rückten zunehmend Tatverdächtige aus dem Maghreb nach.

Rund um den Mailänder Platz geht’s vor allem um Diebstahl

Im Bereich Mailänder Platz spielt Gewalt statistisch eine eher kleine Rolle. Trotz Eisenstange. Und trotz einzelner Übergriffe auf der Achse zur Heilbronner Straße. Zu den bisher 200 Straftaten rund ums Milaneo zählen vor allem Diebstahlsdelikte.

Mehr Polizei wirkt. Das sehen auch Grüne, CDU, SPD, Freie Wähler und FDP so. Auch wenn das subjektive Sicherheitsgefühl auf einem anderen Blatt steht. Mehr Streetworker wären aber auch nicht schlecht, findet Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Die aus Kostengründen beerdigte Idee von City-Streetworkern „könnten wir doch noch einmal angehen“, schlägt sie vor. Immerhin: Am Mailänder Platz sind zweimal die Woche zwei Sozialarbeiter unterwegs.

Dass die Videoüberwachung, wie einst am Rotebühlplatz, je wiederkehrt – das ist für die Stuttgarter Polizei dann doch weniger erstrebenswert. „Ich habe wenig Neigung, Beamte nur vor einen Monitor zu setzen“, sagt Vizepräsident Walz, „da sind mir Beamte auf der Straße lieber.“