Wie sicher fühlen sich die Menschen im Land? Das hat das Innenministerium mit einer groß angelegten Studie untersuchen lassen.
Immer wieder ist zu lesen und zu hören, dass sich die Menschen im Land nicht mehr sicher fühlen würden. Aber oft handelt es sich dabei um Momentaufnahmen oder Reaktionen nach schlimmen Ereignissen. Das für die Sicherheit der Menschen in Baden Württemberg zuständige Innenministerium wollte es nun genauer wissen und hat eine Studie in Auftrag gegeben. Die tatsächlichen Zahlen der Kriminalitätsbelastung kennt das Ministerium natürlich. Aber das subjektive Empfinden ist oft ein anderes – was auch die Studie belegt. Denn trotz seit Jahren sinkender Zahlen an Straftaten im Land fühlen sich viele doch nicht ganz so wohl – vor allem, wenn es dunkel wird und sie alleine unterwegs sind.
Am sichersten fühlt man sich zu Hause
In der Studie wurde nach Orten unterteilt das Sicherheitsgefühl abgefragt. Wenig überraschend ist für die allermeisten Menschen das eigene Zuhause der Ort, wo sie sich am wenigsten fürchten (93,9 Prozent), in der Wohngegend sind es 90,6 Prozent. Nachts ohne Begleitung im öffentlichen Raum haben 47,1 Prozent der Befragten kein gutes Gefühl, in öffentlichen Nahverkehrsmitteln sind es sogar 54,5 Prozent.
Sicherheitsgefühl wird nicht von Angst vor Terror bestimmt
Bei der Frage, was die Teilnehmenden an der Studie konkret befürchten, ist eine Zahl erstaunlich: Auf „Wie oft haben sie die Befürchtung, dass Sie von Kriminalität im Internet betroffen sein könnten?“ antworteten 4,3 Prozent mit „sehr oft“, 16,1 Prozent mit „oft“ und 35,5 Prozent mit „manchmal“. Das ist mit 55,9 Prozent der höchste Wert in der Kategorie der sogenannten affektiven Kriminalitätsfurcht, dicht gefolgt von der Furcht vor Taten in den Sozialen Medien (49,5 Prozent). Der Begriff bezeichnet die „individuelle Sorge und Betroffenheit der Menschen vor Kriminalität“, unterteilt wurde hier nach Deliktfeldern. Zum Vergleich: 16,6 Prozent haben Angst, von einem terroristischen Anschlag betroffen zu sein. Vor Raubüberfällen fürchten sich 33 Prozent der für die Studie befragten Bürgerinnen und Bürger, vor Wohnungseinbrüchen 40,1 Prozent. In ähnlich hohem Bereich wie die Angst vor der Internetkriminalität bewegen sich die Angst vor Diebstahl (50,8 Prozent) und vor Verletzungen bei Unfällen im Straßenverkehr (49,8 Prozent), wobei Letztere eigentlich nicht unter den Oberbegriff der Kriminalität fällt.
Ein für das Innenministerium wichtiger Frageblock ist auch der zur Zufriedenheit mit der Polizei im Land. Knapp 80 Prozent seien zufrieden mit der Polizeiarbeit. Aber auch an Kritik mangelt es nicht. Nur knapp mehr als die Hälfte der Menschen ist der Meinung, dass die Polizei im öffentlichen Raum ausreichend „sichtbar“, sprich jederzeit ansprechbar, sei. Eine diskriminierende Einstellung gegenüber Minderheiten wird etwa einem Viertel der Beamtinnen und Beamten zugeschrieben, ergab die Befragung.
Der Innenminister Thomas Strobl freut sich über das Ergebnis der Studie
Der Innenminister Thomas Strobl zieht trotz einiger schlechter Werte ein insgesamt positives Fazit der Studie. „Sie ist für uns sehr wertvoll. Denn wir wollen wissen, ob und wo Unbehagen besteht. Denn nur, wenn wir auch die Dinge wissen, die nicht in der offiziellen polizeilichen Kriminalstatistik stehen, können wir unsere polizeiliche Arbeit bestmöglich ausrichten“, sagt der CDU-Politiker. Die Ergebnisse würden nun in die Arbeit einfließen, „um Baden-Württemberg objektiv und subjektiv noch sicherer zu machen“, wie Strobl es formuliert. Der Minister betonte auch, dass die Befragung der rund 35 500 Personen, die freiwillig auf die Anfrage antworteten, ergab, dass die überwiegende Mehrheit sich sicher fühlen würde.
Die nächste Studie zum Sicherheitsgefühl kommt 2026
Die Maßnahmen, die nun erarbeitet werden, betreffen vor allem den Bereich der Prävention, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Die Arbeit daran habe gerade erst begonnen. Das Ergebnis der Studie müsse auch noch in allen Feinheiten ausgearbeitet werden, etwa nach Geschlecht, Alter und Migrationshintergrund der Befragten.
Die Studie war die erste dieser Art im Land, sie soll fortan alle drei Jahre wiederholt werden. Da die Befragung schon 2023 war, ist die nächste Ende 2026 geplant.
Studie zum Sicherheitsgefühl in Baden-Württemberg
Methode
Die Befragung ist die erste ihrer Art gewesen. Sie wurde online ausgeführt. 180 000 zufällig ausgewählte Personen, die mindestens 16 Jahre alt waren, wurden im Herbst 2023 angeschrieben. Es nahmen mehr als 35 500 Bürgerinnen und Bürger teil, das sind 20 Prozent der angeschriebenen Gruppe. Damit gilt die Studie als repräsentativ.
Institut
Das Institut für Kriminologische Forschung Baden-Württemberg hat die Online-Befragung im Nahmen des Innenministeriums ausgearbeitet, die Fragen versendet und ausgewertet. Die Auswertung ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Antworten sollen auch noch nach Alter, Geschlecht und Migrationserfahrung differenziert aufbereitet werden. Das Institut hat seinen Sitz an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen.