In Stuttgart gibt es aktuell keine privaten Kurse in städtischen Bädern. Reicht das Angebot jetzt noch für alle Kinder aus, die das Schwimmen lernen wollen?
Filder - In Sonnenberg haben Eltern jüngst buchstäblich eine Welle gemacht. Sie waren an der Kasse des Hallenbades an der Kremmlerstraße abgewiesen worden, als sie mit ihren Kindern zum privaten Schwimmkurs wollten. Denn in der überarbeiteten Badeordnung steht: „Die Erteilung von professionellem (auch nicht gewerblichem) Schwimmunterricht, Training oder Animation ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des Betreibers gestattet.“ Neu ist dieser Passus nicht, doch die Bäderbetriebe haben ihr Personal neu instruiert, den Paragrafen auch durchzusetzen. Ein paar wenige Privatlehrer haben mittlerweile eine Genehmigung beantragt. Die Bäderbetriebe haben aber noch keine erteilt, weil die Verträge erst rechtlich geprüft werden müssen (wir berichteten).
Inzwischen hat das Thema Kreise gezogen. Denn städtische Schwimmkurse sind in Stuttgart rar. Manche Eltern zweifeln, ob jedes Kind die Möglichkeit hat, einen Kurs zu besuchen, sollte es die Angebote der Privatlehrer künftig nicht mehr geben. Und das, obwohl immer wieder Klagen zu hören sind, dass immer mehr Kinder nicht schwimmen können. Die DLRG kritisierte bereits 2017, dass etwa 60 Prozent der Zehnjährigen im Wasser unsicher seien. Jede vierte Grundschule im Land bietet keinen Schwimmunterricht an, weil es kein Bad oder kein Personal gibt. Das wurde jüngst im Bildungsausschuss des Landtags bekannt. Bei der Anhörung wurde auch berichtet, dass Kinder bei Vereinen oft monatelang auf Kursplätze warten müssen.
Wie umfangreich ist das Kursangebot in der Landeshauptstadt?
Stuttgarter Eltern fragen sich nun, wie umfangreich das Programm der Bäderbetriebe zum Schwimmenlernen ist. Im aktuellen Halbjahr sind es insgesamt 31 Seepferdchenkurse und neun bis zehn Bronzekurse. Regelmäßig hätten die Bäderbetriebe auch Kurse für fortgeschrittene Schwimmer, also Silber-Kurse, im Programm. Eltern würden diese aber weniger nachfragen, sagt Jutta Silbereisen von den Bäderbetrieben und ergänzt: „Daher sehen wir momentan den Schwerpunkt unseres Kursangebotes im Bereich der Wassergewöhnung und des Schwimmenlernens.“ Gold-Kurse gibt es bei den Bäderbetrieben gar nicht. Dies gehöre nicht zum Kernangebot von öffentlich-rechtlichen Bädern, so Silbereisen. Schwimmkurse gibt es in allen städtischen Hallenbädern, vor allem aber in Sonnenberg. Ein Kurs umfasst in der Regel 13 Termine, acht Kinder können mitmachen.
Was in Stuttgart gegen die Ausweitung von Schwimmkursen spricht
Wie lange die Wartezeiten für einen Schwimmkurs sind, kann Silbereisen „pauschal nicht beantworten“. Nur so viel: Wer bereits einen städtischen Kurs absolviert hat, wird bei einer direkten Buchung des Folgekurses bevorzugt. „Grundsätzlich möchten die Bäderbetriebe das Kursangebot ausbauen“, sagt Silbereisen. Doch wegen der begrenzten Wasserflächen und der angespannten Personalsituation sei das aktuell nicht möglich. Silbereisen stellt auch klar, dass die Bäderbetriebe zunächst dafür zuständig seien, die Wasserflächen zur Verfügung zu stellen und im öffentlichen Betrieb die Aufsicht in den Bädern zu übernehmen. Kindern Schwimmen beizubringen, sei hingegen ein Bildungsauftrag der Grundschulen. Zudem gebe es auch in Stuttgart Schwimmvereine und Schwimmschulen.
Wie die Situation in den Nachbarkommunen aussieht
Nachbarstädte haben ähnliche Konzepte: Sie konzentrieren sich auf Anfängerkurse. „Die Schwimmfähigkeit der Kinder ist uns wichtig. Sie sollen sich sicher über Wasser halten können“, sagt Jan Meier, der Geschäftsführer der Stadtwerke Filderstadt. Diese bieten im Jahr etwa 30 Seepferdchenkurse mit jeweils acht Kindern an. Städtische Bronze-, Silber- und Goldkurse gibt es aber nicht. Das sei auch nicht notwendig, sagt Meier. Denn die Stadtwerke hätten beim Thema Schwimmkurse acht Kooperationspartner. Das seien Vereine, private Schwimmschulen, Einzelunternehmer und die Familienbildungsstätte. „Wir sind breit aufgestellt und wollen die Zahl der Schwimmkurse nicht ausweiten. Unsere Bäder sind bereits jetzt gut ausgelastet“, sagt Meier. Die Wartezeiten für einen Schwimmkurs seien überschaubar. Und auch Kinder, die nicht in Filderstadt wohnen, können einen Schwimmkurs buchen. „Es gibt da keine Beschränkungen. Das zeigt, dass wir bei diesem Thema derzeit keinen Druck haben“, sagt Meier.
In L.-E. gibt es gar kein städtisches Angebot. Dort sind es drei hauptamtliche Bademeister, die nebenbei freiberuflich Kindern das Schwimmen beibringen. Die Seepferdchenkurse sind montags, die Fortgeschrittenenkurse donnerstags, jeweils von 13 bis 14 Uhr. Die Wartezeiten seien im Rahmen, sagt Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell. Bei Anfängerkursen könne es schon mal ein halbes Jahr sein, sonst in der Regel nur einige Wochen. Darüber hinaus kooperiere die Stadt eng mit der DLRG.„Bezogen auf unsere 40 000 Einwohner können wir die Nachfrage decken“, sagt Kalbfell. Wenn es freie Plätze in den Kursen gebe, würden auch auswärtige Kinder genommen. Auf die Frage, ob Schwimmkurse am späteren Nachmittag für Eltern nicht attraktiver seien, antwortet Kalbfell: „Das ist eine schwierige Entscheidung. Die Wasserflächen sind begrenzt. Abends wollen wir das Bad für die Öffentlichkeit öffnen. Im Mix der Nutzungswünsche sind die Kurse von 13 bis 14 Uhr ein Kompromiss.“ Ganz davon abgesehen, sei es schwierig, für Schwimmkurse am Abend Personal zu bekommen.