Neue Verkehrsschilder mahnen wie hier in der Planckstraße zu Tempo 40 Foto: Leif Piechowski

Auf drei Steigungsstrecken im Stuttgarter Osten sind nur noch 40 Stundenkilometer zulässig. Zur Luftreinhaltung. Das wurmt manche Autofahrer. Ganz besonders, weil Tempo 40 zumeist auch abwärts gilt. Doch die Behörden verteidigen es.

Stuttgart - Die neuen Tempo-40-Gebote in Stuttgart-Ost zeigen Wirkung – zumindest emotional: Es sei grober Unfug, wenn man unterhalb von 130 Stundenkilometern wegen des Umweltschutzes die Geschwindigkeit reduziere, grollt ein Zeitungsleser im Rems-Murr-Kreis. Wer das Tempo von 50 auf 40 senke, erhöhe die Umweltbelastung sogar um satte 20 Prozent. Grund: Die Verweildauer eines Autos in einem bestimmten Straßenabschnitt verlängere sich um 20 Prozent. Das sei nur eine Frage der Physik.

Von solchen Rechnungen hält man im Regierungspräsidium (RP) Stuttgart aber wenig. Dort ist man sich sicher, dass Tempo 40 auf Steigungen deutliche Verbesserungen bringt. Mit Messungen an Stuttgarter Steigungsstrecken hätten die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz sowie der Tüv Nord dies sondiert. Und ein Testbetrieb unter realen Bedingungen erhärtete es: Seit Ende 2012 darf im Stadtzentrum in der Hohenheimer Straße aufwärts nur noch 40 gefahren werden – und die Messstation am Straßenrand wies eine deutlich geringere Luftbelastung mit dem gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid nach. Darauf gründen sich die Maßnahmen in Stuttgart-Ost und der Plan, in den nächsten Jahren noch ein knappes Dutzend weiterer Tempo-40-Strecken auszuschildern.

Die Senkung von Tempo 50 auf 40 wirkt sich bei Abwärtsfahrten aber anders aus. Ob man nun mit 50 oder mit 40 runterfahre, sei unter dem Aspekt Luftreinhaltung im Grunde gleichgültig, heißt es im RP. Trotzdem muss man auch abwärts 40 fahren. Grund: die Sicherheit von Passanten. Wer abseits von Fußgängerüberwegen die Straße überquere, müsste sich sonst auf unterschiedliche Geschwindigkeiten von Autos einstellen, sagt RP-Sprecherin Nadine Hilber. Neben der Luftreinhaltung und dem Lärmschutz hat man immer auch die Verkehrssicherheit im Blick. Da bei geringerem Tempo abwärts auch nicht mehr Luftschadstoffe entstehen, schreibe man dasselbe Tempo vor. RP und Stadt hätten das so vereinbart, ehe die Stadt Tempo 40 anordnete. Für die Verkehrsteilnehmer müsse die Situation auf der ganzen Straße klar und begreifbar sein, sagt Bernd Eichenauer vom Ordnungsamt.

Aber andere Verhältnisse führen auch zu anderen Regelungen. In der Pischekstraße darf man weiterhin mit 50 Sachen in Richtung Talkessel fahren. Wie in der Hohenheimer Straße sind Aufwärts- und Abwärtsfahrbahn klar getrennt und dazwischen fährt auch noch die Stadtbahn.

Kurios ist es bei der Filderauffahrt zwischen Hedelfingen und Heumaden. Dort gibt es keine Stadtbahn, keine bauliche Trennung der Fahrbahnen – und trotzdem unterschiedliche Temporegeln. Noch dazu darf man aufwärts schneller fahren als abwärts: Mit dem Pkw darf man auf den beiden Aufwärtsspuren mit 80 Sachen Stickoxide und Feinstaub produzieren, auf der einzigen Abwärtsspur sind nur 60 erlaubt. Die Filderauffahrt, sagt Eichenauer, sei eine außerörtliche Straße und bei der Einführung der Luftreinhaltung wie eine Bundesstraße im Stadtgebiet behandelt worden. Sie ist sozusagen ein Relikt aus den 1990er Jahren, irgendwie überholt von der Entwicklung.