So ist es richtig: Sich nicht an den Rand drängen lassen Foto: Leif Piechowski

Ein Radler ist tot, zwei ringen um ihr Leben, das ist die schreckliche Bilanz der vergangenen Tage. Wie kann man sich sicher auf dem Rad bewegen? Das haben wir den Experten Peter Beckmann vom ADFC gefragt.

Stuttgart - Ein Radler ist tot, zwei ringen um ihr Leben, das ist die schreckliche Bilanz der vergangenen Tage. Wie kann man sich sicher auf dem Rad bewegen? Das haben wir den Experten Peter Beckmann vom ADFC gefragt.

Herr Beckmann, wie fahre ich sicher Rad?
Man muss erst mal sagen, dass das Radfahren in Stuttgart sicher ist. Sicherer auf jeden Fall als auf engen Straßen auf dem Land. Denn in Stuttgart sind viele Straßen sehr breit.
Sie empfehlen also, auf der Straße zu fahren?
Die Statistiken zeigen, dass das Radfahren auf der Straße oder auf Radwegen, die auf der Straße geführt werden, weitaus sicherer ist als das Fahren auf Radwegen, die an einen Gehweg grenzen.
Woran liegt das?
Einmal daran, dass Radfahrer und Fußgänger wegen der großen Geschwindigkeitsunterschiede viel weniger zusammenpassen als Radfahrer und Autofahrer. Und für Autofahrer sind Sie erst mal außer Sicht und kommen dann an Kreuzungen oder Einmündungen plötzlich auf die Fahrbahn. Das sind gefährliche Situationen.
Weil man nicht wahrgenommen wird?
Ja. Der Autofahrer rechnet nicht mit Ihnen. Und plötzlich sind Sie da. Das muss der Radler einkalkulieren. Und vorausschauend fahren. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie recht hatten und auf Ihrem Grabstein steht: Er hatte Vorfahrt!
Wie machen Sie das?
Ich bin 1978 nach Stuttgart gekommen. Seitdem fahre ich mit Rückspiegel. Ich schaue regelmäßig hinein und weiß so, was hinter mir passiert, und kann gegebenenfalls ausweichen.
Aber dafür braucht man Erfahrung. Was mache ich, wenn ich gelegentlich radle?
Darauf achten, dass das Paket stimmt. Das Fahrrad muss in Ordnung sein, das ist schon mal wichtig.
Also niemals ohne Licht fahren?
Das geht gar nicht! Und es gibt auch keine Entschuldigung dafür. Mittlerweile gibt es genügend gute und bezahlbare Akku-Leuchten. Und helle Kleidung hilft auch.
Wie schnüre ich das Paket weiter?
Man sollte sich nicht überschätzen. Und man sollte sein Rad beherrschen. Bei Sicherheitstrainings frage ich stets, wer schon mal eine Vollbremsung geübt hat. Das sind gerade mal zehn Prozent. Der Rest weiß nicht, was passiert, wenn man mit aller Kraft bremst.
Was passiert?
Man landet auf der Straße. Gerade moderne Scheibenbremsen bringen einen zügiger zum Stehen, als man glaubt. Da bin ich, ich muss es gestehen, auch schon einmal abgestiegen.
Wie verhalte ich mich, dass ich gar nicht erst voll in die Eisen steigen muss?
Machen Sie sich nicht klein, wenn Sie auf der Straße fahren . Lassen Sie sich niemals an die Seite drücken. Wenn rechts keine Autos parken, fahren Sie mit einem Abstand von mindestens 50 Zentimetern zum Straßenrand. So umfahren Sie Kanaldeckel, die oft abgesenkt und Sturzfallen sind.
Und wenn Autos am Straßenrand parken?
Dann sollten Sie von den geparkten Autos einen Abstand von mindestens 1,20 Metern halten. So breit ist nämlich selbst die Tür eines Smart.
Und worauf sollten Pedelecfahrer achten?
Ihnen sollte klar sein, dass sie unterschätzt werden. Ein Autofahrer oder ein Fußgänger schaut kurz hin, sieht einen Radler und denkt, der braucht noch eine Weile, bis er da ist. Und rechnet gar nicht damit, dass man selbst bergauf so zügig sein kann. Also sollte man sich als Pedelecfahrer darauf einstellen, dass der Autofahrer aus der Nebenstraße nicht wartet, sondern losfährt.