Gabriel Barylli. Foto: promo

Gabriel Barylli schreibt und inszeniert das Stück „Showtime“ für das Alte Schauspielhaus mit Alfons Haider.

Gabriel Barylli schreibt und inszeniert das Stück „Showtime“ für das Alte Schauspielhaus mit Alfons Haider.
Stuttgart - Herr Barylli, Sie waren in Stuttgart und haben Schauspielern des Alten Schauspielhauses Ihr Stück „Showtime“ vorgestellt, das Sie am 6. Februar dort uraufführen werden. Wie ist es angekommen?
Ich habe ja schon eine Arbeitsfassung vorgestellt, bei der es vor allem darum ging, ob wir das überhaupt machen wollen, und die Antwort war: Ja, unbedingt. Jetzt habe ich eine Endfassung erarbeitet, die nun zum ersten Mal von den Schauspielern gelesen wurde.
Um was geht es denn in dem Stück?
„Showtime“ beschreibt aktuelle Entwicklungen im Fernsehen. In diversen Showformaten sind Menschen in zunehmendem Maße nicht nur bereit, sondern werden vor allem dazu gezwungen, ihre privatesten Zustände offenzulegen, wenn es eigentlich darum geht, gewisse Talente zu zeigen. Es wird zunehmend zur Normalität im Fernsehen, dass man sich mit Haut und Haaren und Leib und Seele verkaufen muss. In dem Stück stelle ich die Frage, wie weit das noch geht, also wann es einmal einen Punkt gibt, an dem das Ende dieser Entwicklung erreicht ist. Die Antwort ist: Es gibt diesen Punkt nicht, es wird immer so weitergehen.
Und wie sieht die Handlung aus?
Es geht um vier Menschen, die eine private Beziehung untereinander haben. Die zwei Hauptdarstellerinnen durchwandern das Ausleseverfahren einer Castingshow. Zugleich wird ihre verzweifelte Privatsituation gezeigt.
Wie weit treiben Sie die Verzweiflung der Handelnden?
Im Mittelpunkt steht ein Showmaster, der ganz direkt das Abendpublikum im Alten Schauspielhaus begrüßt, das Theaterpublikum ist also gewissermaßen Mitspieler. Der Showmaster führt durch einzelne Stationen: Eine Frau zeigt auf der Bühne, was sie alles tatsächlich kann. Dann wechseln wir ins Privatleben: Wir sehen die alleinerziehende Mutter, die bis zur Prostitution geht, wir erleben eine angehende Schauspielerin, die keinen Job mehr findet, weil die Theater nicht mehr subventioniert werden. Ein Mann befindet sich im heftigen Ehestreit mit seiner Frau und bemüht sich dennoch um Näherung, weil er die Chance sieht, dass seine Frau den Preis der Show gewinnen kann. Das Publikum erlebt also vier zutiefst verzweifelte Menschen, die im Scheinwerferlicht zur Showmaske werden. Das ist die bittere, schwarze Kehrseite des Showglamours.
Unter den Schauspielern ist auch Alfons Haider. Wie kam es dazu?
Wenn man einen Vergleich will, dann ist Alfons Haider der Thomas Gottschalk von Österreich. Was nicht so bekannt ist: Er kommt aus einer schauspielerischen Tradition heraus, ist also nicht nur Moderator. Und er spielt in diesem Stück den Showmaster. Er ist also jemand, der in der Tat ganz oben ist in dieser Branche. Er weiß aus eigener Erfahrung, was hinter den Kulissen an Tragik und Drama geschieht. Ich bin sehr froh, dass es zu dieser Besetzung gekommen ist.
Leitet Alfons Haider derartige Shows?
Haider ist in mehreren Formaten zu erleben. Sein Hauptaugenmerk liegt aber auf der Live-Übertragung des Wiener Opernballs, die ja quasi weltweit gezeigt wird. Da hat er alle Weltstars vor der Kamera. Und Haider genießt es, hier in dem Stück „Showtime“ etwas zu zeigen, was die Leute eigentlich gar nicht wissen wollen: den erbarmungslosen Verdrängungskampf, jeder gegen jeden. Was viele nicht wissen werden: Einige Kandidaten gehen nur deshalb in die Shows, weil es danach ein Büfett gibt. So groß ist mittlerweile das Elend hinter den Kulissen. Und Haider ist froh darüber, dass dieser Aspekt hier gezeigt wird.
Haben Sie schon öfter mit Haider zusammengearbeitet?
Wir kennen uns schon seit mehr als 30 Jahren, waren zusammen in der Wiener Max-Reinhardt-Theaterschule, waren vor 20 Jahren im Salzburger „Jedermann“ in der Tischgesellschaft. Wir haben schon einige Male zusammen Theater an verschiedenen Orten gemacht. Wir kennen uns also wirklich sehr gut, da ist ein großes Vertrauen vorhanden.
Hat Alfons Haider dann auch das Stück mitentwickelt?
Solche Wege sind im Theater oft sehr verschlungen. Wir sind einmal zusammengesessen und haben uns über frühere Schauspielkollegen unterhalten. Da gab es einen, der in die freie Wirtschaft gewechselt ist. Eine andere hat dem Druck, immer alles zu geben, nicht standgehalten. Jetzt ist sie in Indien in der Entwicklungshilfe. Was muss da alles passiert sein, dass es so weit kommt, haben wir uns gefragt. Denn wer sich für das Theater entscheidet, muss von vornherein Leidenschaft, einen Schuss Verrücktheit und eine innere Mission mitbringen, sonst ist er falsch am Platz. Also haben wir uns Situationen ausgedacht, die zu solchen Entscheidungen führen. So entwickelte sich allmählich die Idee für das Stück.