Feierlaune im Juli während der Pandemie in Spanien. Und was passierte in Esslingen? Foto: dpa/Michael Wrobel

Auf Twitter geht es ab: Angeblich wurde in einem Esslinger Hotel massiv gegen Corona-Auflagen verstoßen. Was ist dran? Eine kleine Reise an den vermeintlichen Tatort.

Esslingen - Corona ist nicht nur ein gefährliches Virus, das selbst nichts dafür kann, was es ist. Es verändert auch das soziale Verhalten und bringt ein neues Berufsbild hervor: den strengen Richter. Ihm ist es ohne große Nachforschungen möglich, darüber zu urteilen, wer auf welche Weise gegen die Corona-Regeln verstößt. Dies passiert mitunter in einer unerbittlichen Rigidität, die komisch und beängstigend zugleich an den steifen Gang eines Soldaten erinnert, der bereit ist, mit Hurra für einen König oder ein Vaterland in die Schlacht zu ziehen.

Wie ich auf solch trübe Gedanken komme? Es war ein Thread auf Twitter. Für alle, die dieses Netzwerk nicht nutzen: Thread ist ein Themenkomplex, der in einem Internetforum einem bestimmten Stichwort folgt. Und Twitter ist eine Kommunikationsplattform, auf der Menschen Meinungen austauschen. Es gibt dort viel zu entdecken. Sinnvolles, Abgründiges, Belangloses. Oft kippen sich die Teilnehmer sozusagen Jauchekübel über den Kopf – eine chaotische Veranstaltung also, wenn man so will.

Was genau ist passiert?

Der Thread, der mich anpiekste, hieß #twesslingen. Hergezogen wurde über eine äußerst wilde Party, die in Esslingen stattgefunden haben soll. Abstands- und sonstige Schutzgebote seien auf schlimmste Art und Weise ignoriert worden. Die mutmaßlichen Täter wurden an den Pranger gestellt. So weit so gut.

Anlass genug, den virtuellen Raum zu verlassen und am Tatort weitere Erkundigungen einzuziehen. Der Saal, wo das Gelage stattgefunden haben soll, misst 170 Quadratmeter. Nach der Hotelliste waren 33 Teilnehmer gemeldet. Ein Hotelmitarbeiter zeigt mir den Auftrag für den Empfang: Bestellt war alkoholfreier Sekt. Insgesamt wurde während des mehrstündigen Treffens drei oder vier Flaschen Bier und eine Flasche Wein geordert. Keine Musik.

Das Urteil

Umarmungen habe es gegeben, sagt ein Teilnehmer. Das ist gut vorstellbar. Ob es sich dabei auch um Verstöße gegen die Corona-Verordnung handelte? Kann gut sein. Muss man solche Treffen in dieser Zeit organisieren? Nein. Aber: War es eine Orgie mit schlimmsten Verstößen? Ich war nicht dabei, aber die Indizien sprechen nicht dafür. Überhaupt nicht.