Viel Zeit bleibt Markus Lang nicht: Da er nicht die DFB-Fußball-Lehrer-Lizenz besitzt, darf er nur 15 Werktage als Chefcoach in der dritten Liga tätig sein. Foto: Baumann

Vom selbst ernannten Dorfklub zum Chaosclub? Diesen Eindruck vermittelt die SG Sonnenhof Großaspach durch die vielen Trainerwechsel. Kurz vor der Abgrund macht der stark abstiegsbedrohte Fußball-Drittligist einen Schnitt.

Großaspach - Im Spiel eins nach dem Neuanfang bei der SG Sonnenhof Großaspach kommt an diesem Samstag (14 Uhr) Hansa Rostock in den Fautenhau. Und beim Drittliga-Zwölften stürmt in Pascal Breier ein Spieler, von dessen Sorte die SG viel zu wenig hat. Nicht nur weil der Torjäger schon neun Saisontreffer auf dem Konto hat, sondern weil er die „Dorfklub-DNA“ in sich trägt. Zweimal (2012 und 2015/16) spielte der 28-jährige Schwabe in seiner Laufbahn schon für die SG, identifizierte sich mit dem Verein, riss die Mannschaft mit. So wie das früher auch alte Haudegen wie Daniel Hägele, Michele Rizzi, Robin Schuster, Pascal Sohm oder Shqiprim Binakaj taten. Die meisten der alten Garde arbeiteten neben dem Fußball, und wenn sie nur am Erstellen der Stadionzeitung beteiligt waren. Zu diesem dualen System will der Verein zurück. Und das mit Protagonisten aus der Region. „Die Spieler und Trainer aus dem Stuttgarter Raum haben unsere Erfolgsgeschichte geprägt“, sagt Michael Ferber (34), im Vorstand gemeinsam mit Joannis Koukoutrigas für den Sport verantwortlich.

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Markus Gisdol, Thomas Letsch, Alexander Zorniger, Rüdiger Rehm – sie alle verkörperten Werte, die den Familienverein ausmachten. Mit solider Arbeit feierten sie trotz vergleichsweise bescheidener Finanzmittel in der kleinsten Gemeinde im deutschen Profifußball Erfolge und kletterten dabei selbst die Karriereleiter nach oben. Doch die SG kam von ihrer Linie ab. Sie holte nicht nur Spieler quer durch die Republik. Auch den Trainern fehlte jeglicher Bezug zu Württemberg: Oliver Zapel, Sascha Hildmann, Florian Schnorrenberg, dann wieder Zapel und zuletzt Mike Sadlo/Heiner Backhaus lauteten die Namen. Das Duo war ganze drei Spiele im Amt. Mit vogelwild ist dieses Handeln noch schmeichelhaft umschrieben. Vom selbst ernannten „Dorfklub“ zum Chaosclub? „Es fällt mir schwer zu widersprechen“, räumt Michael Ferber ein. Er weiß: Ausflüchte wären ohnehin sinnlos. Also blickt der Sohn von SG-Mitbegründer und -Aufsichtsrat Uli Ferber am Tiefpunkt der sechsjährigen Drittliga-Geschichte lieber nach vorne: „Wir müssen jetzt unter der vergangenen einhalb Jahre einen Schlussstrich ziehen und unsere Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.“

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Der erste Schritt: Markus Lang hat als Trainer wieder das Sagen, gemeinsam mit Koukoutrigas. So wie das in den letzten beiden Spielen der vergangenen Saison der Fall war – und mit zwei Siegen der Klassenverbleib auf den letzten Drücker noch geschafft wurde. Schon damals hätte man gerne mit dem U-19-Coach und Leiter Talentförderung bei der SG weitergemacht. Doch ihm fehlt die erforderliche DFB-Fußball-Lehrer-Lizenz, so dass er auch diesmal nur 15 Werktage im Amt bleiben darf. Hinzu kommt, dass der 43-Jährige mit seiner Fußballschule „Elfwerken Dorfklub“ viel zu tun hat, mit verschiedenen Schulen kooperiert und dort vertraglich gebunden ist.

Mit Lang in die Zukunft

Es muss also ein Fußball-Lehrer her. Einer ist praktisch schon da: Der mit der Nichte von Uli Ferber verheiratete Hans-Jürgen Boysen, ebenfalls Inhaber einer Fußball-Schule, wohnt in Aspach. „Ich schließe keine Namen aus“, sagt Michael Ferber. Doch völlig klar ist: Markus Lang wird auf alle Fälle im Trainerteam bleiben und sich auch für den nächsten Fußball-Lehrer-Lehrgang bewerben. Unabhängig von der Lizenz plant der „Dorfklub“ mit ihm die Zukunft. Zurück zu den Wurzeln soll es gehen. Steigt die SG ab – was bei neun Punkten Rückstand ans rettende Ufer weitaus wahrscheinlicher ist als der Klassenverbleib – bräuchte Lang nicht einmal die DFB-Fußball-Lehrer-Lizenz.