Vor dem Stuttgarter Landgericht muss sich ein 44-jähriger Fellbacher verantworten. Foto: Weingand / STZN

Ein 44-Jähriger steht wegen Missbrauchs seiner Stieftochter vor Gericht. Einen Teil der Taten hat er zugegeben. Diese schilderte er auch in einem Computertagebuch.

Fellbach - Auf einer Computer-Festplatte des Angeklagten hat die Polizei ein elektronisches Tagebuch gefunden, auf dem der 44-Jährige festgehalten hat, wie seine „Beziehung“ zu seiner Stieftochter war. Diese war neun Jahre alt, als er begann, sie sexuell zu missbrauchen (wir berichteten). Eine „Vielzahl“ der ihm zur Last gelegten Taten habe er in nichtöffentlicher Sitzung zugegeben, sagte die Vorsitzende Richterin am Montag, dem dritten Prozesstag, als unter anderem eine Polizistin aussagte, die einen Teil der Tagebucheinträge ausgewertet hatte. Die mittlerweile 20-jährige Stieftochter ist Nebenklägerin in dem Prozess, wird allerdings von einer Anwältin vertreten.

Einen Teil der Taten hat der Angeklagte zugegeben

„Wie ein betrogener Ehemann“, schreibe der Angeklagte in dem Tagebuch, sagte die Kriminalbeamtin, die Aufzeichnungen aus mehreren Jahren durchgearbeitet hat. In 604 durchnummerierten Einträgen beschreibe der 44-Jährige nicht nur einen großen Teil der Taten – „in manchen Fällen wird das explizit ausgeführt“ – sondern auch das Verhältnis zu deren Brüdern, die ebenfalls von seiner Frau mit in die Ehe gebracht wurden. Diese wurden von dem Angeklagten nicht zur Schule gefahren. Das damals minderjährige Mädchen dagegen schon – allerdings nur, wenn sie sich nicht dem Stiefvater widersetzt hatte.

Ebenfalls in Ungnade fiel das Mädchen im Teenageralter, wenn sie sich mit einem Freund traf. In einem solchen Fall spricht die pure Eifersucht aus dem Tagebuch, aus dem kurze Passagen am Montag verlesen wurden. „Er wird demnächst 16 sein, dann ist sowieso Schluss, wenn er keine Anzeige riskieren will“, schrieb der Angeklagte, dem 60 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern zur Last gelegt werden, davon 45 Fälle von einem Kind unter 14 Jahren. Die Maßstäbe, die er bei anderen anlegte, gelten in seiner Wahrnehmung offensichtlich nicht für ihn.

Frühere Bekannte im Zeugenstand

Ein mit dem Angeklagten bekanntes Ehepaar wurde ebenfalls vernommen. Die Frau schilderte das Verhältnis des Angeklagten zu seiner damals minderjährigen Tochter als „sehr innig“. Deshalb hätten sie und ihr Mann sofort versucht, die mittlerweile 18-Jährige zu suchen, als ihr Bekannter gesagt hatte, sie wäre von zu Hause verschwunden. „Er sah sehr schlecht aus und sagte, er wolle seine Stieftochter noch einmal sehen“, berichtete die Frau, die wie ihr Mann überzeugt gewesen war, der Angeklagte sei todkrank. Dem Paar habe er auch weismachen wollen, seine Frau sei kaufsüchtig und dement.

Als sie dann Kontakt zu der jungen Frau bekamen, berichtete diese von den sexuellen Übergriffen des Stiefvaters, der sich von 2005 bis 2011 an ihr vergangen haben soll. „Das war der Grund, warum sie von zu Hause weggegangen ist und nicht mehr zurück wollte“, sagte die Vorsitzende Richterin zu dem Zeugen, der die Geschichte bis heute nicht glaubt oder nicht glauben will. Allerdings hatten weder er noch seine Frau nach dem Treffen nochmals Kontakt zu dem Angeklagten. Für den Prozess sind noch zwei weitere Verhandlungstage geplant.