Die Regenbogenfahne – das Symbol der Homosexuellen – passt nicht allen. Foto: dpa

Homosexualität ist noch immer ein Grund für Mobbing in der Schule, sagt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Deshalb müsse sie Thema sein.

Homosexualität ist noch immer ein Grund für Mobbing in der Schule, sagt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Deshalb müsse sie Thema sein.

Stuttgart - Baden-Württembergs geltender Bildungsplan reicht nach Ansicht der Landtags-CDU vollkommen aus, um die Schüler zur Toleranz gegenüber sexueller Vielfalt zu erziehen. „Wir brauchen keine neuen Anweisungen“, sagte Fraktionschef Peter Hauk am Donnerstag nach einer Klausursitzung seiner Fraktion in Heilbronn. Falls es Defizite gebe, liege dies an der Umsetzung, aber nicht an den Vorgaben an sich.

Hauk reagierte damit auf die Auseinandersetzungen um eine Internet-Petition zu den Lehrplänen, die von 2015 an an den allgemeinbildenden Schulen im Land eingeführt werden sollen. Ein Realschullehrer will die neuen Pläne stoppen, weil sie eine „pädagogische, moralische und ideologische Umerziehung“ anstrebten.

Hauk warnte die Landesregierung davor, den Petenten zu kritisieren. Dieser mache nur von seinem Bürgerrecht Gebrauch und müsse dies nicht rechtfertigen. Der CDU-Politiker erinnerte auch an Artikel 16 der Landesverfassung, wonach „die Kinder auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte“ erzogen werden. Dies sei die Norm. Ihn störe, dass die Landesregierung die sexuelle Vielfalt nun zum „Leitprinzip“ erhebe. Hauk: „Diese Überhöhung ist nicht gerechtfertigt.“

Thema in bisherigen Bildungsplänen nicht ausreichend verankert

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ging hingegen inhaltlich auf Distanz zu der Petition: „Ich würde sie so nicht unterschreiben, weil der Begriff Umerziehung den Sachverhalt nicht trifft.“ Allerdings zeige die Initiative, dass die Menschen das Bedürfnis hätten, sich zu artikulieren. Grün-Rot zeige außerdem nicht deutlich genug auf, dass eine Familie aus Frau, Mann und Kindern dem Idealbild am nächsten komme.

„Die vielen homophoben Äußerungen im Zusammenhang mit der Petition belegen, wie notwendig es ist, das Thema sexuelle Vielfalt in der Schule zu behandeln“, sagte Ruth Schwabe von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen seit 2001 habe nicht automatisch eine „Akzeptanz von Anderssein“ bewirkt. Bei der Gymnasiallehrerin, die sich im Arbeitskreis Lesbenpolitik der GEW engagiert, suchen Kollegen, Referendare und Schüler Rat, die wegen ihrer Homosexualität angefeindet oder benachteiligt werden. Viele trauten sich aus Angst vor Mobbing nicht, sich offen dazu zu bekennen. Sie selbst entschied sich zur Offenheit, „weil ich als Lehrerin nur authentisch bin, wenn ich als ganze Person auftreten kann“. Sich zu verstecken raube sehr viel Kraft.

Aus Schwabes Sicht ist das Thema in den bisherigen Bildungsplänen nicht ausreichend verankert. Heterogenität oder Vielfalt werde mit unterschiedlichen Begabungen, sozialer und ethnischer Herkunft verbunden, selten jedoch mit sexueller Orientierung. Viele Lehrer wüssten auch nicht, wie sie das Thema aufgreifen sollten.

Auch der Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter in Baden-Württemberg . der seit 20 Jahren dafür kämpft, dass das Thema sexuelle Vielfalt in die Polizeiausbildung aufgenommen wird, verteidigt den Kurs der Landesregierung. Seit eineinhalb Jahren halten Mitglieder der Organisation Fachvorträge an den Ausbildungsstellen der Polizei Baden-Württemberg. Erschreckend seien oft die Rückmeldungen der Polizeischüler, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende Karen Seiter. „Mit Aussagen wie: davon habe ich noch nie etwas gehört, oder: das wurde im Unterricht an meiner Schule nie angesprochen, werden wir in fast jeder Veranstaltung konfrontiert.“ Dabei handele es sich um Schüler von allgemeinbildenden Schulen aus dem ganzen Land.

Inhaltlich distanziert von der Petition hat sich ausdrücklich der Realschullehrerverband – der Urheber der Petition ist dort Referent für Erziehung, Bildung, Schulpolitik. Der Verband unterstütze diese „in keiner Weise“, heißt es auf der Internetseite..