Immer wieder kommt es in Linienbussen in und um Stuttgart zu Übergriffen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Eigentlich sollten Sextäter und Rabauken in einem Linienbus beobachtet fühlen. Und dennoch kommt es dort immer wieder zu Übergriffen.

Stuttgart - Für eine 14-Jährige werden es die längsten sieben Minuten auf dem Weg nach Hause. Ein älterer Mann, ungepflegt, mit Ausdünstungen von Tabak und Alkohol, bedrängt sie in einem Linienbus zwischen Hauptbahnhof und Helfferichstraße im Stuttgarter Norden, betatscht die Jugendliche. Die ist eingeschüchtert und hilflos. Niemand bekommt etwas mit. Der Fall wird erst am nächsten Tag bei der Polizei angezeigt.

Der Vorfall spielte sich laut Polizei bereits am Montag gegen 17.10 Uhr in einem Bus der Linie 44 ab, der Richtung Killesberg unterwegs war. „Die Betroffene saß im hinteren Teil des Busses, und obwohl es viele freie Sitze gab, setzte sich der Unbekannte direkt neben das Mädchen“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Der etwa 60 bis 70 Jahre alte Mann fragte erst nach Geld, befingerte die Jugendliche dann an den Schenkeln und am Bauch. Die 14-Jährige war so eingeschüchtert, dass sie es offenbar nicht wagte, andere Fahrgäste oder sogar den Busfahrer lautstark auf sich aufmerksam zu machen.

Ungepflegt, Goldzähne, ein strenger Geruch

Als sie ihren Rucksack zwischen sich und den aufdringlichen Täter schob, ließ er endlich von ihr ab. Er stieg am Halt Helfferichstraße aus. Die Jugendliche erstattete am nächsten Tag Anzeige.

„Über die Videoauswertung hoffen wir mehr Erkenntnisse über den Täter zu gewinnen“, sagt Polizeisprecher Lauer. Laut bisheriger Beschreibung ist der Gesuchte etwa 1,70 bis 1,75 Meter groß, hat mehrere Goldzähne, graue, ungepflegte, halblange Haare, trug eine karierte Mütze und eine dunkle Wolljacke. Auch der strenge Geruch nach Zigaretten und Alkohol lässt vermuten, dass sich der Täter im Obdachlosenmilieu bewegt. Hinweise nimmt die Kriminalpolizei über Telefon 07 11 / 89 90 - 57 78 entgegen.

Auch Busfahrer werden zur Zielscheibe

Vorkommnisse dieser Art sind in den Bussen im Gebiet des Verkehrsverbunds Stuttgart allerdings keine Seltenheit. Sextäter und Rabauken lassen sich von der Anwesenheit anderer Fahrgäste wenig stören. Allerdings richten sich Straftaten auch immer öfter gegen die Busfahrer.

Die Reihe von unliebsamen Übergriffen begann in diesem Jahr in einem Bus der Linie 60, als ein elfjähriges Mädchen Mitte Januar in Untertürkheim von einem Exhibitionisten belästigt wurde. Immerhin konnte der Tatverdächtige mit der hellblauen Kappe einige Tage später ermittelt werden – ein 47-Jähriger. Ebenfalls schnell geklärt werden konnte ein Fall im April in einem Bus der Linie 42, wo ein Randalierer erst zwei Frauen belästigte, sich dann nach einer Zurechtweisung durch den Busfahrer mit einem anderen Fahrgast prügelte und sich auch gegen die Festnahme der Polizei heftig wehrte. Laut Polizei ist er psychisch krank.

Einige Fälle sind noch ungeklärt

Dass sich Rabauken weder von Fahrgästen noch von Busfahrern beeindrucken lassen, zeigen Fälle im Juli in Ludwigsburg-Eglosheim, wo ein 56-jähriger Berufschauffeur von einem 25-Jährigen angegriffen wurde, und in Böblingen, wo ein unbekannter junger Mann einen 58-jährigen Busfahrer der Linie 721 attackierte.

Der letzte geklärte Fall datiert vom 2. Dezember, wo ein 22-Jähriger mit über 1,5 Promille in einem Bus der Linie 76 in Filderstadt pöbelte und am Bahnhof in Bernhausen einen Kinderwagen umzuwerfen versuchte. Er wurde dank beherzter Zeugen dingfest gemacht. „Andere Fälle sind noch ungeklärt“, sagt Polizeisprecher Michael Schaal. Etwa die sexuellen Belästigungen in den Linien 35, 37 und 111 in Filderstadt und Esslingen. Die 14, 16 und 20 Jahre alten Opfer waren unsittlich berührt worden. Die Täter entkamen unerkannt.