Über die Walk-on-Girls der PDC wird hitzig diskutiert. Foto: PDC

Walk-on-Girls im Darts, Grid Girls in der Formel 1, Nummerngirls im Boxen: Es mehrt sich der Widerstand gegen diese Art der Zurschaustellung von Frauen im Sport. Ist das aus der Zeit gefallen oder gehört es einfach irgendwie halt dazu?

Stuttgart - Jetzt hat sich auch Barry Hearn in der Debatte über die Walk-on-Girls zu Wort gemeldet. Hearn ist der Chef des Darts-Verbands PDC, aktuell läuft ja bekanntlich in London die WM, und besagte Walk-on-Girls gehören zu der Veranstaltung wie die Scheibe und Phil Taylor. Wobei Letzterer ja nach der WM aufhört – und nicht nur die Zeit der Darts-Ikone endet, sondern vielleicht auch die Zeit der knapp bekleideten Damen, die die Spieler auf die Bühne des „Ally Pally“ eskortieren. Zumindest hat das Weltmeister Michael van Gerwen angedeutet. In spätestens eineinhalb Jahren seien die Damen verschwunden, sagte er der niederländischen Zeitung „AD“. „Darts ist bereit für den nächsten Schritt.“ Ein Sturm der Entrüstung brach im Netz los.

An den Damen scheiden sich ja die Geister: Die Darts-Puristen möchten ihre Stars nur mit Einlaufmusik auf die Bühne marschieren sehen (was van Gerwen auch als Grund für das Aus der Frauen nennt), andere finden das eigentlich ganz nett mit den adretten Damen und verstehen nicht, wie man auf die Idee kommen kann, das abschaffen zu wollen, und Dritte wiederum empfinden das Schaulaufen als billig, denken an eine Dorfdisco der 1980er Jahre, halten es im 21. Jahrhundert für aus der Zeit gefallen und fragen:

Muss das sein?

Hören wir mal kurz in die Antwort von Boss Barry rein: „Solange ich Chef bin, verschwinden die Walk-on-Girls nicht.“

Basta.

Während die Welt über Sexismus und #metoo spricht, busselt der Sport munter vor sich hin und schmückt sich wie eh und je mit Frauen als Accessoire. Bei der Siegerehrung gibt es obligatorisch Küsschen. In der Formel 1 stehen Grid Girls dekorativ rum. Im Boxen stöckeln leicht bekleidete Damen in der Pause mit Nummernschild im Ring umher. Cheerleader gehören vielerorts schon lange zum guten Ton.

Der Rainer-Brüderle-Gedächtnissport?

Die „Zeit“ schreibt zu dem Thema: „Die Frau als Dekorationsobjekt neben keuchenden Männern, als Schmuckstück neben den Helden der Neuzeit. Menschen als Zierde wie ein Blumenstrauß oder eine Gürtelschnalle – das gibt es auch noch im Jahr 2017.“ Im Sport. Der kommt ja tatsächlich noch immer oft daher wie ein Altherrenwitz. Es wimmelt in diesem testosterondominierten Gewerbe von Anzüglichkeiten und Schlüpfrigkeiten – sei es in der Moderation oder im täglichen Umgang. Mal platt, mal etwas subtiler. Zumindest beklagen viele Frauen (und einige Männer) einen gewissen Machismo in der Darstellung und kritisieren regelmäßig, dass es bei Athleten um Sport gehen würde, bei Frauen in der Berichterstattung um Aussehen.

Der Rainer-Brüderle-Gedächtnissport?

Oder ist das am Ende vielleicht doch gar nicht der Diskussion wert? Nicht wenige Fans (vornehmlich Männer, aber auch einige Frauen) finden zumindest, man möge den Ball doch mal bitte flach halten und nicht alles gleich pauschal als Sexismus abkanzeln, aber: Die Debatte läuft.

Nicht nur im Darts wird darüber gesprochen, inwieweit Frauen als Deko-Objekt angemessen sind, auch die Formel 1 hat jetzt die Diskussion über die Grid Girls eröffnet. Der neue Formel-1-Chef Chase Carey findet: „Wir müssen entscheiden: Ist das ein Relikt aus der Vergangenheit. Soll das ein Teil der künftigen Formel 1 sein? Wir müssen so viele Ansichten wie möglich einholen und für die Zukunft des Sports eine richtige Entscheidung treffen.“ Seit den 1960er Jahren kommen Hostessen im Motorsport zum Einsatz. Der Technikchef der Formel 1, Ross Brawn, meint dazu: „Viele Leute sagen, Grid Girls gehören zur Tradition. Andere finden, das Konzept sei vielleicht ein wenig verstaubt.“

„Es wäre schade, wenn sie den Augenschmuck vom Grid nehmen“

Beim Formel-1-Rennen in Monaco wurden 2015 mal Grid Boys getestet – auf allzu viel Zustimmung stieß der Versuch mit männlichen Modells indes nicht. „Das Auto zu parken und auf den Hintern von einem George oder Dave zu gucken, hat mir nicht gefallen“, sagte damals zum Beispiel Sebastian Vettel. Zur aktuellen Diskussion steuert Pilot Nico Hülkenberg nun dies bei: „Es wäre wirklich schade, wenn sie den Augenschmuck vom Grid nehmen.“

In einer anderen Motorsportserie ist man diesen Weg dagegen gegangen. Die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC verzichtet seit 2015 auf die Grid Girls – begründet wurde das von WEC-Boss Gerard Neveu einst so: „Für mich ist das ein Phänomen, das der Vergangenheit angehört. Die Rolle der Frau ist inzwischen eine andere.“ Zudem gebe es „genug hübsche Frauen in den Garagen oder auf der Tribüne, die nicht irgendwelche Nummerntafeln oder Sonnenschirme hochhalten“. Der WEC-Star Anthony Davidson meinte damals: „Ich habe viel mit meiner Ehefrau darüber gesprochen, und wir waren uns einig. Das Konzept der Grid Girls ist rückständig. Die Welt hat sich weiterentwickelt, davor sollte sich der Motorsport nicht verschließen. Es war sexistisch, daher ist es gut, dieses Element abzuschaffen.“

Die im Darts betroffenen professionellen Läuferinnen der PDC dürften derweil über die klare Aussage von Chef Hearn beruhigt sein, schließlich geht es um ihre Arbeitsplätze. In einem Video des WM-Senders Sport 1 – anmoderiert mit „auch in diesem Jahr darf das entsprechende Etwas nicht fehlen – die Walk-on-Girls“ – meinten die Damen Ashley und Rebecca zuvor zu van Gerwens Prognose: „Hoffentlich stimmt das nicht. Man braucht doch etwas Glitzer und Show in diesem Männersport.“