Es gibt nur ein paar Stellen in der Stadt Leinfelden-Echterdingen, an denen Prostitution erlaubt ist. Foto: dpa

Der „Paradise“-Prozess hat gezeigt, dass die Zuhälter alles andere als zimperlich mit den Prostituierten umgegangen sind. Was können Stadt Leinfelden-Echterdingen und Polizei tun, um Gewalttaten gegen die Frauen zu verhindern?

Leinfelden-Echterdingen - Schläge gehörten zum Geschäftsgebaren der Zuhälter, die ihre Prostituierten im FKK-Club „Paradise“ zum Arbeiten schickten. Das hat der Prozess am Landgericht Stuttgartgezeigt, bei dem sich unter anderem Jürgen Rudloff, der Ex-Chef der Bordellkette, verantworten musste. Er wurde wegen Beihilfe zum Menschenhandel, Zuhälterei und Investorenbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Die Richter verlasen dabei auch Schilderungen von Opfern. Eine der Frauen berichtete, wie sie von ihrem Zuhälter und weiteren Männern mit dem Auto auf ein Feld verschlepptund dort zusammengeschlagen wurde, damit man ihre Schreie nicht hört und sie ihren Peinigern nicht davonlaufen konnte.

Das Bordell „Paradise“ liegt am Ortsrand von Echterdingen. Wenn also eine Frau auf einem Feld zusammengeschlagen wird, befindet sich dieses höchstwahrscheinlich im Stadtgebiet, folgerte die FDP-Stadträtin Judith Skudelny vor Kurzem in einem kommunalpolitischen Gremium. „Das passiert also mitten unter uns“, sagte sie. Und: „Das hat mich sehr betroffen gemacht.“ Unsere Zeitung hat versucht zu klären, was die Stadt und die Polizei unternimmt, um solche Taten zu verhindern.

Wer kontrolliert Flur und Feld in Leinfelden-Echterdingen?

Bei der Stadt gibt es zwar einen sogenannten Feldschutz, klärt Klaus Peter Wagner, der Sprecher der Stadt auf. Dieser gehört zum Aufgabengebiet des Gemeindevollzugsdienstes. Dabei gehe es allerdings um ganz andere Fragen. Beispielsweise, ob jemand Salat klaut, bevor ihn der Bauer ernten kann. Machen die städtischen Mitarbeiter bei diesen Kontrollfahrten andere, verdächtige Beobachtungen, melden sie das der Polizei. Der Feldschutz ist allerdings nur dann unterwegs, wenn es auch Früchte auf den Feldern gibt.

Was macht die Polizei?

Auch die Polizei überwacht nicht ohne Anlass Feld, Wald und Wiese. „Das fällt nicht in unser Aufgabengebiet“, sagt die Sprecherin Andrea Kopp auf Nachfrage. Und: „Übergriffe in diesem sehr abgeschotteten Gewerbe sind polizeilich im klassischen Sinne auch kaum präventabel.“ Die Täter übten Druck aus, und die Opfer wagten es oft nicht, gegen sie vorzugehen. Dennoch werde jedem kleinsten Hinweis oder Verdacht intensiv nachgegangen. Die Polizei hilft betroffenen Frauen, weist sie auf Hilfseinrichtung hin und ermutigt sie, Anzeige zu erstatten und Angaben zu machen. Denn gerade bei solchen Fällen stelle eine konsequente Strafverfolgung die bestmögliche Form der Prävention dar.

Die Polizei reagiert also nur, wenn Hinweise eingehen?

„Ganz und gar nicht“, sagt Kopp. Speziell geschulte Beamte der Kriminalpolizei befassen sich mit allen Facetten des Sexdienstleistungsgewerbes, erklärt sie. Die Spezialisten werten Internet und Printmedien aus, nehmen Kontakt mit Sexdienstleistern auf, die dort annoncieren. Bordelle werden unangekündigt kontrolliert, Gespräche geführt. Die Beamten bearbeiten dann Verstöße, die bei den Kontrollen festgestellt werden. Straf- und Ordnungswidrigkeiten werden angezeigt und den zuständigen Behörden vorgelegt.

Wie ist die Prostitution in Leinfelden-Echterdingen geregelt?

Grundsätzlich ist jede Art der Prostitution in Leinfelden-Echterdingen verboten. So steht es in einer Verordnung des Regierungspräsidiums Stuttgart. Es gibt aber auch Toleranzzonen, die vom Verbot ausgenommen sind. Diese sind in der Sperrbezirksverordnung, die seit 2008 gilt, ausgewiesen. Der Grund: Eine Stadt mit einer Größe von mehr als 35 000 Einwohnern darf Prostitution nicht gänzlich verbieten, wie Oberbürgermeister Roland Klenk sagt.

Wo sind in L.-E. Sexdienstleistungen demnach erlaubt?

Sexdienstleistungen dürfen am nördlichen Ortseingang von Echterdingen angeboten werden. Dort hat sich 2008 der FFK-Club „Paradise“ angesiedelt. Zugelassen ist das Rotlichtmilieu auch in einem Teil des Stettener Gewerbegebietes nahe der Sielminger Straße. Dort gibt es ein Laufhaus. Ebenfalls erlaubt ist Prostitution in einem Teil des Leinfelder Gewerbegebietes und in Unteraichen nahe der Anschlussstelle Stuttgart-Möhringen. Die größte Toleranzzone allerdings umfasst interessanterweise das Messegelände. Dazu sagt Sprecher Markus Vogt auf Nachfrage: „Prostitution auf dem Gelände der Messe Stuttgart ist in den vergangenen zwölf Jahren nie ein Thema gewesen. Uns sind keine Fälle bekannt. Wir würden dies auch nicht dulden.“

Was hat sich durch die Sperrbezirksverordnung geändert?

„Kleine Betriebe mussten aufgeben, weil sie im Sperrbezirk lagen“, sagt der Stadtsprecher Klaus Peter Wagner dazu. „Die Straßen- und Wohnungsprostitution wurde auf null gefahren.“