Tierseuchenübung zur Afrikanischen Schweinepest: Im November wurde bei Warthausen der Ernstfall geprobt. Foto: dpa

Die baden-württembergische Bürokratie läuft auf Hochtouren, um dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest zu begegnen. Im rumänischen Donaudelta, einem Seuchenbrandherd, herrschen dagegen schwere Kontrollmängel. Das Land hofft auf die EU.

Stuttgart/Bukarest - Die Angst vor dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest hat in Europa die Zeit der Zäune anbrechen lassen. Dänemark fürchtet eine Infektionsübertragung von Deutschland aus und will 2019 einen Grenzzaun bauen lassen. Die Deutschen wiederum sehen das Virus, das zwar für Menschen ungefährlich ist, jedoch Schweinehalter wirtschaftlich bedroht, von Osten aus näher kommen. Auch in Baden-Württemberg werden derzeit die Wildzäune an Autobahnraststätten verstärkt und Drückjagden auf Wildschweine mit staatlichen Finanzhilfen angereizt. In der Jagdsaison 2017/18 wurden nach Angaben des Deutschen Jagdverbands 836 865 Wildschweine erlegt – und damit 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Und die Behörden wissen: Es braucht keinen infizierten Grenzüberläufer, um das Virus nach Deutschland zu tragen. Es genügt ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot, um den Seuchenausbruch Wirklichkeit werden zu lassen. Der Pesterreger kann zum Beispiel in einem Räucherschinken rund ein Jahr lang virulent bleiben.

Mitte November, als die baden-württembergischen Landkreise den Ernstfall unter dem Einsatz von Amtsveterinären und Jägern zu üben begannen, als über mögliche Kerngebiete, Pufferzonen und Seuchenzäune geredet wurde, hatte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) in Warthausen (Kreis Biberach) vor allem seine Sorge über die Entwicklung in Rumänien geäußert. Daten des Friedrich-Löffler-Instituts belegen, dass sich das Schweinepest-Virus aktuell nirgendwo stärker ausbreitet als in Westrumänien. Das Problem dort, wiederholte Hauk jetzt auf Anfrage, seien die vielen „Kleinsthaltungen“. Diese sind für die rumänischen Behörden offenbar kaum zu kontrollieren.

Verdächtig viele Hausschlachtungen in kurzer Zeit

Eine rumänische Sondergruppe zur Bekämpfung der Schweinepest berichtet mittlerweile regelmäßig an die Europäische Union. Laut der aktuellsten Meldung, die bis zum 18. Dezember reicht, sind allein im Jahr 2018 bei Hausschweinen 1151 Seuchenfälle und 151 bei Wildschweinen gemeldet worden. Laut rumänischen Behörden sind bis November in zwölf der 42 Landkreise mehr als 230 000 Mastschweine vorsorglich getötet worden.

Fraglich allerdings, ob sich in diesen Zahlen das ganze Ausmaß der Misere abbildet. Der Journalist Thomas Wagner, der aus Rumänien für den Deutschlandfunk berichtet, hat auf seinen Reisen erfahren: „Als die ersten Fälle auftraten, gab es in vielen Regionen unverhältnismäßig viele Hausschlachtungen.“ Bevor die Behörden einschreiten konnten, so der Verdacht, wurden rasch noch Fleisch- und Wurstwaren produziert. Mit ein Grund ist das Fehlen einer staatlichen Schadenfallversicherung für Tierhalter. Das haben auch Kontrolleure der EU bei einer Rumänienreise Anfang 2017 erkannt. In ihrem Bericht sprachen sie einen scharfen Tadel aus. Teilweise seien Präventionsmaßnahmen sogar aufgelockert worden. Daher erließ die EU einen Sonderbeschluss „zum Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest in Rumänien“. Auf zwei Seiten listete Brüssel sämtliche Ortschaften auf, in denen Schutz- und Überwachungszonen einzurichten sind. Seither berichtet Rumänien bei Treffen auf Fachebene regelmäßig an Brüssel.

Scharfer Tadel durch Brüssel

Doch viele Lkw-Fahrer und Saisonarbeitskräften pendeln regelmäßig nach Westeuropa. Das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium hat deshalb unter anderem ein in mehrere osteuropäische Sprachen übersetztes Merkblatt entwickelt, Überschrift: „Vorsicht Schweinepest!“ Darin heißt es: „Bringen Sie keine tierischen Lebensmittel aus Ihrem Heimatland nach Baden-Württemberg mit. Entsorgen Sie Speisereste nur in verschlossenen Müllbehältern, so dass Haus- und Wildschweine diese auf keinen Fall fressen können.“ In Rumänien dagegen tut sich offenbar gar nichts: Aufklärung? Fehlanzeige!

In Belgien, nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, ist die Seuche im September aufgetreten – eindeutig durch ein infiziertes verschlepptes Lebensmittel. Baden-Württemberg bleibt nur die Beobachterrolle. Und Minister Hauk mutmaßte schon im November, es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Afrikanische Schweinepest auch den Südwesten erreiche.