Laszlo Szabo hat die Erfolge der SVF-Gewichtheber dokumentiert. Foto: Michael Käfer

Großartige Erfolge, großartige Momente: Fellbachs Sportler(innen) haben in den vergangenen Jahrzehnten viel erlebt. Wir wollen ihre Geschichte und ihre Geschichten wieder aufleben lassen: Heute: die Erstliga-Jahre der Gewichtheber von 1989 bis 1993.

Fellbach - Über mangelnde Spannung, das gilt auch rund drei Jahrzehnte später als gesichert, hat sich kein Beobachter der Auftritte von Fellbachs Gewichtheber-Assen in der Saison 1988/1989 beklagt. „Bis zum letzten Kampf hat es so ausgesehen als würden wir die zweite Bundesliga nicht vorne abschließen können“, sagt Laszlo Szabo der damals an der Hantel regelmäßig für die Fellbacher Bestmarke zuständig war.

Der Hinkampf am 4. März 1989 fand ausnahmsweise in der mit 300 Zuschauern gefüllten Silcherhalle statt

Zwei überraschend schwache Auftritte der Konkurrenz änderten die Lage jedoch. Ganze 17 Relativpunkte trennten letztlich den SV Fellbach (4043 Zähler) vom Team des Zweiten AC Kindsbach und dem knapp dahinter, nach Siegpunkten aber identisch platzierten Aufgebot des SV Germania Obrigheim. Damit war für den SV Fellbach ebenso plötzlich wie unerwartet die Chance gegeben, in die erste Bundesliga vorzurücken.

Dass dies gelang und der SVF insgesamt vier aufeinanderfolgende Jahre in der Eliteliga aktiv sein durfte, war für Laszlo Szabo eine beeindruckende Periode seines Schaffens beim SV Fellbach. Noch beeindruckender war aber der Weg dahin. „Für mich war der Aufstieg das prägende Erlebnis“, sagt der neunfache ungarische Meister über die beiden Auseinandersetzungen mit der hochklassig besetzten Mannschaft des TSV Regen in der Aufstiegsrunde. Vordergründig überrascht diese Einschätzung, denn die Equipe um Laszlo Szabo verlor beide Begegnungen.

Der Hinkampf am 4. März 1989 fand ausnahmsweise in der mit 300 Zuschauern – darunter 100 teils mit Kuhglocken angereiste bayerische Fans – gefüllten Silcherhalle statt, „weil die Zeppelinhalle besetzt war“, erinnert sich Laszlo Szabo. „Wenn nichts passiert, haben wir keine Chance“, prophezeite Reinhard Sauter, Fellbachs schwergewichtigster Akteur, damals im Hinblick auf die mit Weltklasse-Athleten gespickte Mannschaft aus dem Bayerischen Wald. Der extrovertierte Karl-Heinz Radschinsky, Olympiasieger von Los Angeles, sowie der hünenhafte Tscheche Petr Solar, der bei gleicher Gelegenheit Bronze geholt hatte, waren die im Wortsinn herausragenden Athleten des Tages.

Im Rückkampf zwei Wochen später drehten die Regener Gewichtheber vor eigenem Publikum dann so richtig auf

Kurzzeitig witterte die Fellbacher Anhängerschaft dennoch Morgenluft. Der komfortable Vorsprung der Bayern nach dem Reißen (276:242 Punkte) schmolz dahin, weil der angeschlagene Regener Rainer Drexler im Stoßen ein Loch baute, also in der zweiten Teildisziplin ohne gültigen Versuch blieb. Dank des im pinkfarbenen Trikot angetretenen Karl-Heinz Radschinsky, der 195 Kilogramm im Stoßen bewältigte, gewannen die Regener gegen den aus Laszlo Szabo, Rudolf Schmidt, Roland Frey, Reinhard Sauter, Hayk Kasyan und Karl-Heinz Kirsch bestehenden Fellbacher Verbund dennoch mit 702:692 Punkten. Im Rückkampf zwei Wochen später drehten die Regener Gewichtheber vor eigenem Publikum dann so richtig auf. „Die Halle war kleiner als die Silcherhalle“, erinnert sich Laszlo Szabo, dennoch drängten sich darin 650 begeisterte und begeisternde Zuschauer, durch deren Spalier die starken Männer einmarschierten. So motiviert stellte das Sextett der Gastgeber einen neuen bayerischen Rekord auf und siegte gegen den SV Fellbach mit 805,2:695,2 Relativpunkten.

Dennoch – und das war die nächste Überraschung – stieg der SV Fellbach dank einer Aufstockung der ersten Bundesliga doch noch ins Oberhaus auf.

Bei späteren Gelegenheiten standen Weltklasse-Athleten auf der Heberbühne

Dort angekommen, war die erste Saison 1989/1990 zugleich die erfolgreichste des vierjährigen Ausflugs in die Eliteliga. Mit den im Kampf gegen den trotzdem siegreichen AC St. Ilgen um den bulgarischen Olympiasieger Asen Zlatev errungenen 807,3 Relativpunkten stellte das SVF-Team einen bis heute gültigen Mannschaftsrekord auf. In der Abschlusstabelle der ersten Bundesliga Süd rangierte der SV Fellbach in dieser Runde mit 8:6 Siegpunkten auf dem fünften Tabellenplatz. Und auch die Zuschauer strömten zunächst zahlreich zu den Heimkämpfen. 250 Anhänger des Gewichthebens kamen zum sechsten Saisonkampf in die Zeppelinhalle, um Manfred Nerlinger, den zweifachen Weltmeister im Stoßen, zu sehen. Der damals ungemein populäre Superschwergewichtler und nationale Vorzeigeheber glänzte jedoch zur allgemeinen Enttäuschung durch Abwesenheit.

Bei späteren Gelegenheiten standen Weltklasse-Athleten auf der Heberbühne, die noch stärker waren als der im Reißen mitunter etwas schwächelnde Manfred Nerlinger. „Das war für die Zuschauer schon etwas Besonderes“, sagt Laszlo Szabo zu den Auftritten des Olympiasiegers Nikolay Pechalov, des sechsfachen Weltmeisters Alexander Warbanow oder von Rumen Teodosiev, der beim letzten Erstliga-Heimauftritt des SV Fellbach für die KTH Ehrang 193 Punkte erzielte.

In der Saison 1992/1993 gelang dem SV Fellbach nur noch ein Sieg, und der Abstieg war die Folge

Bei Auswärtskämpfen hatten die Fellbacher Erstliga-Heber Rudolf Schmidt, Reinhard Sauter, Helmut Unger, Peter Wild, Hayk Kasyan, Eugen Schmid, Karl-Heinz Kirsch, Johann Ludwig, Oliver Weissbeck, Jens Peter, Andreas Wagner, Karlo Horn, Viktor Busik, Csaba Berecz, Laszlo Szabo und Uwe Frey mindestens genauso starke Gegner. Stefan Botev beispielsweise, den ehemaligen Junioren-Weltrekordler und siebenfachen Weltmeister aus Bulgarien, der im Trikot des ASV Ladenburg 207 Punkte erzielte und seine Mannschaft zum 931,3:644,8-Sieg über den SV Fellbach führte.

In der Saison 1992/1993 gelang dem SV Fellbach nur noch ein Sieg, und der Abstieg war die Folge. „Aus finanziellen und sportlichen Gründen sind einige Athleten gegangen“, sagt Laszlo Szabo, der dem Verein hingegen bis heute die Treue hält. Somit erlebte er fünf Jahre später auch den Abstieg aus der zweiten Liga. Der ist ihm bis heute als besonders bitter in Erinnerung, entsprang er doch einem Beschluss der Gewichtheberverbands, der bis heute kaum nachvollziehbar ist: Für die Entscheidung über Auf- und Abstieg wurden nur die drei stärksten Kämpfe jedes Teams gewertet. Ein Desaster für den ausgeglichen auftretenden SV Fellbach: Als Tabellenzweiter musste er nach unten.