Anestidis Tiritidis empfängt seine Gäste häufig selbst an der Rezeption. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Rund 155 Beherbergungsbetriebe mit 20 500 Betten gibt es in Stuttgart. Wie behaupten sich die kleinen Häuser? Wir stellen einige vor. Heute: das Bavaria Hotel Münchner Hof.

Das Hotel ist nicht zu übersehen: An der Neckarstraße im Stuttgarter Osten gibt es nur ein grünes Gebäude – und das ist das Hotel Bavaria Münchner Hof. „Anfangs hat uns das Grün überhaupt nicht gefallen, und wir wollten die Fassade in einer anderen Farbe neu streichen. Dann haben wir aber festgestellt, dass unsere anreisenden Gäste das Hotel wegen des Grüns sehr schnell finden. Deshalb bleibt es grün“, sagt der Hotelinhaber Anestidis Tiritidis (55). Auch dafür, dass ein Hotel Mitten im Schwäbischen ausgerechnet Bavaria Hotel Münchner Hof heißt, hat Tiritidis eine einleuchtende Erklärung: Viele seiner Gäste kommen aus Bayern. Und damit sich die bei ihm wie zu Hause fühlen, gibt es zum Frühstück sogar Brezeln und Weißwürste.

Vom Mechaniker zum Hotelier

Sein Hotel eröffnet hat Tiritidis 1999. Mit zwei eigenen Cafés hatte er zuvor bereits Erfahrung in der Gastronomie gesammelt. Gelernt hat der 55-Jährige jedoch Mechaniker. „Als mir ein Kollege prophezeite, dass ich in meinem Ausbildungsbetrieb in Rente gehe, wurde mir schlagartig klar, dass ich etwas anderes machen möchte“, erinnert sich der gebürtige Grieche, der als Kind nach Deutschland kam. Die Cafés hat Tiritidis aufgegeben und zwei Hotels in der Region eröffnet, die er mittlerweile auch nicht mehr betreibt. Er hat das Stuttgarter Hotel gekauft und will sich ganz auf das Bavaria konzentrieren. Die 23 Zimmer sind alle renoviert, in unterschiedlichen Farben gehalten und haben ein großzügiges Bad. Da das Hotel jeweils 1200 Meter Luftlinie zwischen dem Wasen und dem Stadtzentrum liegt, gehören zu seinen Gästen sowohl Geschäftsleute, Besucher von Veranstaltungen in der Schleyerhalle sowie von Volks-, Frühlingsfest- und Fußballfans. Letztere checken zwar ein, übernachten aber nicht unbedingt im Hotel. Tiritidis: „Beim Spiel VfB – Chelsea vor vielen Jahren war das Hotel ganz in der Hand der englischen Fans. Die haben nach dem Spiel aber nicht zurückgefunden und im Schlossgarten übernachtet.“ Seither gibt es für Fans und Volksfestbesucher Armbänder mit der Hoteladresse. Tiritidis: „Die müssen sie nur dem Taxifahrer zeigen.“

Individueller Service wird groß geschrieben

Mit den Zimmerpreisen ist er runter gegangen, vermietet die Nacht jetzt ab 60 statt ab 85 Euro. „Es haben so viele Hotels in den letzten Jahren aufgemacht. Und während der Pandemie gab es wesentlich weniger Geschäftsreisende als vorher“, begründet Tiritidis die Preisänderung und stellt fest, dass die Zimmerauslastung von 90 auf 65 Prozent gefallen ist.

Grund zum Pessimismus ist das für den schwäbischen Griechen nicht. Er ist überzeugt, dass die Gästezahl mit der Fertigstellung von Stuttgart 21 steigt. Seit dem Ende er Coronabeschränkungen verzeichnet er wieder einen Aufwärtstrend. Von der Konkurrenz der großen Hotels will er sich durch einen individuellen Service absetzen: „Wir fahren unsere Gäste auch nachts in die Zahnarztnotfall-Praxis, erfüllen jeden Wunsch zum Frühstück und begleiten unsere ausländischen Gäste ohne Deutschkenntnisse auch bei Behördengängen“, beschreibt Dimitri Ciortidis den Service des Hotels. Der 47-Jährige Restaurantfachmann ist von Beginn an dabei und die rechte Hand des Chefs.

Auszubildende bestehen Prüfung mit Bestnoten

Was Tiritidis sehr bedauert: Obwohl er laut Daniel Ohl vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Stuttgart ein hervorragender Ausbildungsbetrieb für Hotelbranche ist, hat er derzeit keine Auszubildenden. Tiritidis stolz: „Alle unsere Lehrlinge schließen ‚mit Bravour’ also mit Eins ab.“ Eine Auszubildende, die in ein Fünf-Sterne-Hotel nach Griechenland wechselte, wurde dort sogar als eine der besten Rezeptionistinnen des Landes ausgezeichnet.

Den Mangel an Azubis erklärt sich Tiritidis damit, dass die jungen Leute nicht am Wochenende arbeiten wollen. Doch das gehöre im Hotelfach dazu. Der Hotelchef: „Bewerbungen von jungen Frauen und Männern aus dem Ausland haben wir zwar. Aber die sprechen oft kein Deutsch.“ Das aber ist laut Anestidis Tiritidis Voraussetzung für einen Ausbildungsplatz in seinem Hotel.