Dieses Löschfahrzeug mit dem Teleskoplöscharm samt Dorn am Ende ist typisch für die Flughafenfeuerwehr. Foto: Hannes Opel

Der Flughafen Stuttgart ist eine eigene Welt. In unserer vierteiligen Serie schauen wir hinter die Kulissen und begleiten einige der über 10.000 Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit. In dieser Folge geht es in die Atemschutzanlage der Feuerwehr.

Stuttgart - Nur auf Knien geht es voran. Stimmengewirr, Hilferufe und das Knistern des Feuers erfüllen die heiße Luft. Der Lichtstrahl der Handlampe lässt durch den Rauch hindurch ein Gitter erkennen, das den Weg versperrt. Drücken oder ziehen? Nach einigen Sekunden wird klar, dass sich das Hindernis nur zur Seite schieben lässt. Weiter geht es durch einen engen Tunnel, über eine Schräge nach oben, durch einen schmalen Spalt hindurch und schließlich über eine Luke nach unten. Dann endlich: der Ausgang. In dem Kellerraum der Flughafenfeuerwehr Stuttgart wird es wieder hell.

Geräusche, Rauch und Hitze waren nur simuliert. ,,Die Übungen in der Atemschutzübungsanlage sind ein Stresstest für unsere Mitarbeiter“, erklärt Andreas Rudlof, Leiter der Flughafenfeuerwehr und des Rettungsdienstes. Mit einer Schutzausrüstung von insgesamt 3o Kilogramm am Körper ist der Weg durch den Parcours nicht leicht zu bewerkstelligen. Nur zu zweit begeben sich die Feuerwehrleute auf die rund 6o Meter lange Strecke. Wärmebildkameras überprüfen, wo sie sich befinden. Sollte einer der Kollegen Kreislaufprobleme bekommen, können die Gitter von außen geöffnet und der Betroffene herausgeholt werden. Das kommt Rudlof zufolge aber eher selten vor. Wer hier arbeitet, muss körperlich topfit sein.

Ein brennendes Flugzeug auf dem Vorfeld

Mindestens ein Mal im Jahr hat jeder der insgesamt 86 Mitarbeiter der Flughafenfeuerwehr den Test in der Atemschutzübungsanlage zu absolvieren. Andreas Rudlof ist seit fast 25 Jahren dabei. ,,Kein Tag ist wie der andere.“ Es ist das Unberechenbare an seiner Arbeit, das den 5o-Jährigen reizt. Dass der Ernstfall unberechenbar ist, macht gute Vorbereitung umso wichtiger: Die Evakuierung einer Kabine trainieren die Flughafenfeuerwehrmänner in einer Flugzeugattrappe gleich neben der Atemschutzanlage: Viele Menschen auf engem Raum - das bedeutet wenig Platz für die Einsatzkräfte. ,,Das erfordert eine besondere Koordination“, sagt Rudlof.

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Einmal im Jahr wird ein Flugzeugbrand unter Realbedingungen auf dem Flughafengelände simuliert. Wer zu diesem Zeitpunkt in Stuttgart startet oder landet, kann auf dem Vorfeld sehen, wie Flammen aus einer Maschine schlagen. Dann kommt auch ein Löschfahrzeug zum Einsatz, das typisch ist für die Flughafenfeuerwehr: Es verfügt über einen 15 Meter langen Teleskoplöscharm mit einer Art Dorn am Ende. Dieser so genannte ,,Piercing-Snozzle“ durchdringt die Flugzeugwand und versprüht einen feinen Wassernebel in der Kabine. ,,Das erleichtert den Passagieren im Brandfall das Atmen und erhöht ihre Überlebenschance“, erklärt Andreas Rudlof. Außerdem bekämpfen kräftige Wasserstrahlen aus Front- und Dachwerfer die Flammen. 12 500 Liter Löschwasser, 1500 Liter Schaummittel und 1000 Kilogramm Löschpulver fasst das 42,5 Tonnen schwere Einsatzfahrzeug, das mit bis zu 145 Stundenkilometern über das Flughafengelände fahren kann.

Landebahn verfehlt

Nicht nur im Falle eines Brandes unterscheidet sich die Arbeit bei einer der bundesweit 16 Flughafenfeuerwehren von der auf einer Feuerwache in der Stadt. Ob eingeknicktes Fahrwerk, ein Vogelschlag im Triebwerk oder ein steckengebliebener Aufzug im Terminal: Die Feuerwehr ist immer zur Stelle, wenn es um Bergung und technische Hilfeleistungen rund um den Flugbetrieb geht. ,,Einmal hat eine Maschine spätabends im Schneetreiben die Landebahn verfehlt. Wir hatten bis fünf Uhr morgens Zeit, um das Flugzeug wieder aus dem Dreck zu ziehen“, erinnert sich Rudlof. Denn am Flughafen Stuttgart gibt es nur eine Start- und Landebahn – ist diese blockiert, geht gar nichts mehr. Bergungen müssen also einerseits möglichst schnell erfolgen. Andererseits ist der Sachwert der Maschinen hoch – das erfordert bei aller Eile eine materialschonende Arbeitsweise. ,,Da muss man mit Bedacht rangehen“, sagt der erfahrene Feuerwehrmann.

,,Großalarmstufe 1 – Luftnotlage“ – in der Fahrzeughalle der Flughafenfeuerwehr wird es laut. Sirenen heulen, die großen Türen öffnen sich. Gleich werden die Feuerwehrmänner über die senkrechten Stangen in die Halle rutschen. Doch nichts passiert. Andreas Rudlof bleibt gelassen. Es ist Donnerstag – Zeit für den wöchentlichen Probealarm. Der Ernstfall tritt ein, wenn zum Beispiel ein Pilot einen Vogelschlag meldet oder Rauch im Cockpit bemerkt. Derartige Notfälle gibt es Rudlof zufolge aber nur etwa sechs bis acht Mal jährlich.

Der Junge auf dem Gepäckband

Dennoch rückt die Flughafenfeuerwehr zu rund 55oo bis 6ooo Einsätzen im Jahr aus. Der Großteil entfällt auf technische Hilfeleistungen – zum Beispiel das Beseitigen von Ölspuren – und Präventionsmaßnahmen. Wird ein Flugzeug betankt, wenn die Passagiere bereits an Bord sind, steht ein Löschfahrzug vorsorglich daneben, um im Brandfall direkt eingreifen zu können. ,,Wir sind der Sicherheitsgarant für den Flugbetrieb und sorgen mit dafür, dass die Passagiere sicher starten und landen können“, sagt Rudlof.

So mancher Einsatz ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: ,,Einmal wollte ein Junge wissen, wohin die Koffer verschwinden und hat sich auf das Gepäckband gesetzt. Er hat quasi eine Rundfahrt gemacht und ist am Gepäckverteiler wieder aufgetaucht.“ Auch hier rückte die Flughafenfeuerwehr aus – und konnte das Kind unverletzt zu seinen Eltern bringen.