Wohin im Alter? Vor einem Heimplatz schrecken viele zunächst zurück. Foto: StZ/Weingand

Mehrbettzimmer, fehlende Privatsphäre und viele mehr: Pflegeheime genießen noch immer einen zweifelhaften Ruf. Doch moderne Einrichtungen können ganz anders aussehen.

Rems-Murr-Kreis - Wer hat Lust, pflegebedürftig zu werden? Viele Menschen können oder wollen sich nicht mit dem Lebensende befassen. „Das Thema wird oft verdrängt“, sagt Hans Kübler, der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Altenheimat. Das sei nachvollziehbar – „da spricht die Angst vor der eigenen Abhängigkeit, die Furcht davor, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.“ Dies übertrage sich auf die Einrichtung, in der das Lebensende verbracht wird: „Das Heim wird zum Schreckgespenst.“

Dass es anders geht, zeigen Beispiele von Bewohnern des Phillip-Paulus-Heims in Fellbach. „Wir erleben Menschen, die sich bewusst für stationäre Pflege entscheiden“, sagt Kübler. Der Zeitpunkt für den Umzug sei ein anderer als früher: „Meist kommen die Menschen erst, wenn es nicht mehr anders geht.“ Wenn die Familie keine Kraft mehr hat, die Krankheit zu unberechenbar ist. Wenn Anfälle drohen oder die Demenz ein Leben alleine nicht mehr zulässt.

Im neuen Pflegeheim gibt es Einzelzimmer, Ruhezonen und Wohnküchen

Früher waren Heime noch anders, erinnert sich Hansjörg Knauß, der Leiter des Philipp-Paulus-Heims. Noch in den 1980er-Jahren herrschte eine Krankenhausatmosphäre. „Zweibettzimmer waren die Regel“, erzählt der 59-Jährige. Auch die Organisation ähnelte der eines Klinikbetriebs: kaum Privatsphäre, Essen auf Tabletts zu festen Zeiten, keine eigenen Möbel – und die Schwestern oder Pfleger bestimmten, was gut für den Bewohner sei.

Das alles hat sich geändert. Heute arbeiten die Pflegeheime nach dem Wohngruppenkonzept und versuchen dadurch, eine wohnliche und familiäre Atmosphäre zu schaffen. Neue Heime wie das jüngst eingeweihte Pflegeheim der Evangelischen Altenheimat in Filderstadt-Bernhausen werden schon beim Bau so konzipiert: Einzelzimmer mit eigener Dusche, ein Wohnbereich für maximal 14 Bewohner, der wie ein Wohnzimmer oder gar eine Wohnküche eingerichtet ist. Es gibt Ruhezonen, einen Fernsehbereich und Tische, an denen wie in einer WG gemeinsam gegessen wird.

Gleichzeitig ist das Heim im Hintergrund strukturiert wie eine Spezialeinrichtung, die auf die schweren Krankheiten und Pflegebedürfnisse der Bewohner eingehen kann. „Das ist ein großes Spannungsfeld, in dem wir unsere Lösungen finden müssen“, sagt Hans Kübler.

Der Kontakt zur Außenwelt bleibt für das Seniorenheim wichtig

Doch das Imageproblem bleibt. „Klar, nicht immer läuft alles optimal, Fehler passieren und darüber wird in der Öffentlichkeit negativ berichtet“, sagt Kübler. Auch den Pflegenotstand haben viele Menschen im Hinterkopf. Die Evangelische Altenheimat habe hier Lösungen gefunden. „Wir haben ein eigenes Ausbildungskonzept ausgearbeitet“, so Kübler. Zudem seien auch dank Initiativbewerbungen alle Stellen in Fellbach besetzt. „Die familiäre Atmosphäre macht uns auch für Mitarbeiter interessant“, ist Knauß überzeugt.

Eine Antwort nicht nur auf das Imageproblem der stationären Pflege ist eine weitere Entwicklung bei den Pflegeheimen: die Öffnung nach Außen. „Wir möchten nicht isoliert dastehen, sondern Teil der Gemeinde sein“, sagt Hans Kübler. Dass Kindergartengruppen oder Schulklassen ins Heim zu Besuch kommen, gibt es schon länger.

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Doch wichtig ist der Evangelischen Altenheimat die Verwurzelung in der Gemeinde, die Öffnung ins Umfeld, die Teilhabe am Leben in der Kommune. Dabei hilft unter anderem der Förderverein des Pflegeheims in Fellbach. Regelmäßig kommen Ehrenamtliche und helfen im Heim. Vor zwei Jahren wurde hier zudem ein Raum der Begegnung gebaut, in dem Konzerte, Theateraufführungen oder auch Sitzungen des Kirchengemeinderats stattfinden.