Ein Knopfdruck genügt: so hebt und senkt Birgid Eberhardt das Waschbecken Foto: Stoppel

Eine Musterwohnung in Waiblingen zeigt, wie Technik insbesondere älteren Menschen dabei helfen kann, lange unabhängig zu bleiben. Wir verraten, was zu einer Wohnung mit „Alltagsunterstützenden Assistenzlösungen“ gehört.

Waiblingen - Ein bisschen seltsam sei die Situation schon, findet Birgid Eberhardt: Während Fahrzeuge in den vergangenen Jahren mit immer mehr Technik ausgerüstet worden sind, habe sich beim Wohnen nur wenig getan. „Autos sind immer sicherer geworden, Wohnungen sind im Vergleich dazu dumm“, sagt Eberhardt. Doch die 59-jährige Medizininformatikerin, Gerontologin und Pädagogin arbeitet daran, dass auch die vier Wände intelligenter werden und ihren Bewohnern das Leben leichter machen.

Solche Alltagsunterstützenden Assistenzlösungen, kurz AAL, helfen insbesondere älteren Menschen dabei, möglichst lange unabhängig leben zu können. Aber auch Jüngere profitieren von einer Spüle, deren Höhe sich an die Körpergröße anpassen lässt oder wenn sie Licht und Heizung über ein Tablet steuern können. Was für die Einen eine nette Dreingabe ist, könne für andere lebensrettend sein, sagt Eberhardt.

Angebot für Architekten und Privatleute

Welche Möglichkeiten es heute schon gibt, das kann man in Waiblingen bei einem Besuch in der Musterwohnung erleben, welche Birgid Eberhardt für den Bauträger GSW mit allen denkbaren Assistenzsystemen ausgestattet hat. Die GSW ist ein Unternehmen des Sozialverbands VdK, welcher technische Assistenzsysteme als Teil der Barrierefreiheit und Voraussetzung für Selbstbestimmung versteht. „Es geht um die Entlastung der Pflegenden und um die Autonomie der Pflegebedürftigen“, erklärt Birgid Eberhardt, während sie Besucher durch die helle Drei-Zimmer-Wohnung im Waiblinger Süden führt. Deren schicke, moderne Einrichtung soll auch beweisen, dass „Dinge, die für die Pflege gut sind, nicht hässlich sein müssen“, sagt Birgid Eberhardt, die obendrein Wert auf „eine gewisse Robustheit und Narrensicherheit“ legt.

Dann demonstriert sie, was die Wohnung so alles drauf hat: automatisch steuerbare Rollläden, eine Überwachungskamera an der Wohnungstür, deren Bild man via Tablet ansehen kann, ein Bett mit Aufstehhilfe, ein WC mit eingebauter Duschfunktion oder ein intelligenter Fußboden, der Alarm schlägt, sobald seine Sensoren eine liegende menschliche Form wahrnehmen.

Stürze lassen sich vermeiden

„Manches ist doppelt und dreifach verbaut“, sagt die Fachfrau – schließlich wolle man nicht nur Architekten zeigen, was in einem Neubau möglich sei, sondern auch Privatleuten verdeutlichen, wie sie ohne allzu großen Aufwand ihre Wohnung sicherer und komfortabler machen können. So ist die Wohnung mit speziellen Steckdosen ausgerüstet, die bei Dämmerung automatisch beleuchtet sind, es gibt aber auch ganz schlichte Steckdosen, die mit einer mobilen Leuchte nachgerüstet worden sind. Das sei klassische Prävention, sagt Eberhardt: „Wir wissen, dass ein großer Teil der Stürze im Schlafzimmer oder auf dem Weg zum Bad passieren.“ Oft hört Birgid Eberhardt bei Rundgängen durch die Wohnung den Satz: „Ich brauche das noch nicht.“ Dann rät sie, an die Zukunft zu denken und Umbauten rechtzeitig in Angriff zu nehmen: „Wenn es plötzlich so weit ist und man muss auch noch umbauen, ist das eine absolute Qual.“ Aufstehbett, Dusch-WC und Notrufknopf – natürlich müsse jeder selbst entscheiden, wie viel Platz er der Technik einräumen wolle, betont Eberhardt, die Technik in Ordnung findet, wenn sie Menschen Unabhängigkeit gibt: „Alles, was zur Entspannung aller Beteiligten beiträgt, ist nicht zu verdammen. Man muss es einfach mal ausprobieren.“

Was man zum Thema altersgerechte Wohnungen wissen sollte

AAL:„Ambient Assisted Living“ (AAL) steht für Konzepte und Produkte, die neue Technologien in den Alltag einführen, um die Lebensqualität für Menschen, vor allem im Alter, zu erhöhen. Oft wird es als „Alltagsunterstützende Assistenzlösungen“ ins Deutsche übersetzt. Die AAL-Musterwohnung in Waiblingen kann man besichtigen; Anfragen richtet man an die E-Mail-Adresse aal-wohnung@gsw-sigmaringen.de.

Wohnberatung: Der Kreisseniorenrat hat ein Netz von Wohnberatern aufgebaut, die nach Hause kommen. Eine Beratung kostet rund 30 Euro, Ansprechpartner findet man hier.

Handwerk: Der Kreisseniorenrat hat rund 100 Firmen im Kreis geschult und zertifiziert, die beraten und Umbaumaßnahmen durchführen. Sie tragen das Siegel „Service Plus“.

Finanzierung: Die Kfw-Bank fördert im Programm „Altersgerecht umbauen“ Maßnahmen und gibt zinsgünstige Kredite. Auch Pflege- und Krankenkassen übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen Kosten.