Andy Holzer ist der einzige blinde Profi-Bergsteiger Europas. Noch im Mai will er auf dem Gipfel des Mount Everest stehen. Wir begleiten ihn mit einer Serie bei seiner Vorbereitung und beim Weg hinauf in eisige Höhen.
Mount Everest - Mount Everest - 19./20 Mai – 47./48. Tag der Expedition des „Blind Climber“ Andy Holzer und seines Teams auf den Mount Everest.
Von Camp III auf den Gipfel
Andy Holzer ist an diesem Samstag (20. Mai) um circa 14 Uhr Ortszeit (am Mount Everest ist es vier Stunden später als in Deutschland) im Camp III auf 8300 Meter angekommen. Das achtköpfige Expeditionsteam, das von dem erfahrenen österreichischen Bergführer Daniel Kopp von Furtenbach Adventures aus Innsbruck geleitet wird, ruht sich jetzt ein paar Stunden in den von Sherpas vorbereiteten Zelten aus.
Aufbruch heute Nacht
Heute Nacht (20. Mai) zwischen 20 und 23 Uhr Ortszeit wird das Team die restlichen 548 Meter in Richtung Gipfel in Angriff nehmen. Möglicherweise wird sich die Gruppe teilen und Andy Holzer wird mit seinen beiden Berggefährten Wolfgang Klocker und Klemens Bichler eine Stunde früher aufbrechen.
„Andy muss sein eigenes Tempo gehen“
„Andy muss sein eigenes Tempo gehen“, sagt Lukas Furtenbach, Geschäftsführer von Furtenbach Adventures. Das Expeditions-Unternehmen gehört zu den bekanntesten Bergsteigen- und Trekking-Anbietern in Europa.
„Am Second und Third Step könnte Andy etwas länger brauchen als die anderen. Da heute aber nur wenige Teams über die Nordroute aufsteigen wollen, hoffen wir, dass es keinen Stau auf dem Weg zum Gipfel gibt“, so Furtenbach weiter. Der Geograph aus Innsbruck ist selbst Höhenbergsteiger und stand im vergangenen Jahr auf dem Gipfel des Mount Everest.
Das komplette Interview mit Lukas Furtenbach lesen Sie weiter unten.
Am Sonntag (21. Mai) könnte sich der Lebenstraum des 50-jährigen Andy Holzers erfüllen. Er wäre der erste Blinde, der über die Nordroute den höchsten Punkt der Welt erreicht. Und erst der zweite Mensch – nach dem Amerikaner Erik Weihenmayer – ohne Augenlicht auf dem Everest.
Der blinde Extrembergsteiger hat sich zuvor via Satellitentelefon vom Camp II auf 7700 Meter gemeldet. „Klemens, Wolfgang und ich sind alle top fit. Ruhepuls ist fast wie zu Hause, das bedeutet, dass wir alle super akklimatisiert sind – und voll motiviert. Wir freuen uns alle, dass es nun endlich losgeht. Auch der Wetterbericht verheißt optimale Bedingungen.“
Andy Holzers Lebenstraum
„Ein erhabenes Gefühl“
Der Everest – König der Berge. Von ihm träumt der Österreicher seit er zum ersten Mal als kleiner Junge seine Füße in die heimische Bergwelt gesetzt hat. Auf diesem Gipfel zu stehen, sei „ein erhabenes Gefühl, für das sich alle Strapazen lohnen“. Bergsteigen bedeute für ihn absolute Freiheit, betont Holzer. „Ob am Ende Gipfelsieg oder Niederlage steht, wichtig ist es uns, dass wir uns auf das Projekt mit seinen Stärken und Schwächen eingelassen haben und füreinander gekämpft haben.“
Ein Blinder im Himalaya – wie geht das?
Jeder, der Andy Holzer nicht persönlich kennt, wird es für völlig unmöglich halten, dass ein Blinder auf Bergen herumkraxelt – und dann auch noch auf den Everest. Der „Blind Climber“ hat jahrzehntelange Klettererfahrung auf allen sieben Kontinenten gesammelt. Er erspürt mit einem unglaublichen räumlichen Vorstellungsvermögen jeden Kamin und Riss, jede Spalte und Unebenheit im Fels.
Auf die Seilmannschaft kommt es an
Doch alpines Können, Erfahrung und Mut sind das eine. Genauso wichtig sind die Begleiter, auf die sich Holzer hundertprozentig verlassen muss. Über seine beiden Begleiter, die österreichischen Herresbergführer Wolfgang Klocker und Klemens Bichler, sagt er: „Wir sind ein eingespieltes Team, wie es wohl nur wenige sind.“
Der berüchtigte Second Step
Die gesamte Aufstiegsroute auf der Nordroute ist mit Fixseilen gesichert, an denen man sich einklinkt. An schwierigen Stellen wie dem Second Step sind Leitern und Fixseile zum Auf- und Abstieg angebracht. Der Second Step ist eine berüchtigte Steilstufe auf 8610 Meter. Sie weist eine Kletterhöhe von vierzig Metern auf, von denen die letzten zehn Meter fast senkrecht sind.
Andy Holzer bewegt sich ständig inmitten der Seilmannschaft und folgt ihren Spuren. An besonders brenzligen Stellen im Fels, Geröll und Eis wird er geleitet.
Interview mit dem Expeditionsveranstalter Lukas Furtenbach