Unwirtlich: „Advanced Base Camp“ (ABC) auf der Nordroute des Mount Everest auf 640 Meter. Von hier geht es weiter auf 7000 Meter zum Camp I. Foto: Wolfgang Klocker

Andy Holzer ist der einzige blinde Profi-Bergsteiger Europas. Im Mai will er auf dem Gipfel des Mount Everest stehen. Wir begleiten ihn mit einer Serie bei seiner Vorbereitung und beim Weg hinauf in eisige Höhen.

Mount Everest - 30. April 2017 – 27. Tag der Expedition des „Blind Climber“ Andy Holzer und seines Teams auf den Mount Everest.

Akklimatisierung im ABC

Andy Holzer verbringt insgesamt drei Tage im vorgeschobene Basislager auf 6400 Meter. Jeden Tag steht eine Höhenwanderung an, die der Akklimatisierung dient und die drei Bergsteiger einige hundert Meter höher auf den Everest bringt. Vom ABC sind es noch 600 Höhenmeter bis zum Camp I auf 7000 Meter, dem nächsten Etappenziel.

Warum auf den Mount Everest?

Warum gehen Bergsteiger wie Andy Holzer auf den Mount Everest? Sie wissen um die Gefahren und die hohe Zahl der Opfer, die der Berg fordert. Überall am Weg liegen die gefrorenen Leichen verunglückter Bergsteiger, die auf dem Everest ihre letzte Ruhe gefunden haben. Eine Bergung der mehr als 200 Toten, die in eisigen Höhen ruhen, wäre nur unter größter Lebensgefahr für die Bergungsmannschaften möglich.

„Weil er da steht!“

Der englische Bergsteiger George Mallory (1886-1924) soll einmal gefragt worden sein: „Why do you climb Mount Everest?“ – „Warum besteigen Sie den Mount Everest?“ „Because it’s there!“, antwortete er. – „Weil er da steht!“ Mallory war der erste Mensch, der dem Gipfel des Everest zum Greifen nahe kam und ihn 1924 möglicherweise auch bestiegen hat – 29 Jahre vor den offiziellen Erstbestzeigern Edmund Hillary und Tenzing Norgay.

Mallory und sein Begleiter Andrew Irvine gingen damals über den Nordgrat und querten unterhalb des Nordostgrades die Nordwand. Von dort kletterten sie die Great Couloir hinauf, eine Steilschlucht, die bis unterhalb des Gipfels reicht.

Mehr als ein Berg – Mythos Everest

„Weil er da steht!“

Edmund Hillary (1991-2008), der zusammen mit dem Sherpa Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 den Everest über die Südroute bezwang, sagte nach seiner Rückkehr nach England: „Wir haben den Bastard letztlich doch bezwungen.“

Name

Der Mount Everest ist der König der Berge. Mit 8848 Meter ist er die höchste Erhebung auf dem Planeten. Einer von 14 Achttausendern, von denen sich zehn im Himalaya und vier im angrenzenden Karakorum-Gebirge befinden. Der nach dem britischen Vermessungsingenieur Sir George Everest benannte Berg heißt auf Nepalesisch „Sagarmatha“ und auf Tibetisch „Qomolanga“ – Mutter des Universums

Religion

Für die vom Buddhismus und von Naturreligionen geprägten Einheimischen ist der Everest ein heiliger Berg, den Dämonen und Geister bewohnen. Auf dem Gipfel soll die Göttin Jomo Miyo Lang Sangma hausen, eine der fünf Schwestern des langen Lebens, die den Menschen Nahrung schenkt. Um die Berggeister gnädig zu stimmen wird von Mönchen der nahegelegenen Klöster vor jedem Aufstieg ein Ritual – Puja genannt – abgehalten.

Geologie

Geologisch ist der Everest wie der ganze Himalaya, die Alpen und amerikanischen Kordilleren während der alpidischen Gebirgsbildung entstanden. In dieser bislang letzten globalen Entstehungsphase von Gebirgen in der Erdgeschichte kollidierten vor 100 bis 50 Millionen Jahren die indische und eurasische Platte.

Durch den Kontinentaldrift wurden die Landmassen emporgehoben und die großen Gebirge entstanden. Diese tektonischen Bewegungen halten bis heute an. Jedes Jahr wird die Gipfelpyramide des Everest um vier Zentimeter nach Nordosten verschoben und um 0,3 Zentimeter angehoben.

Klima

Das Klima am Everest ist extrem. Im Januar, dem kältesten Monat, kann die Temperatur auf minus 62 Grad Celsius fallen. Stürme mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 320 Stundenkilometern fegen dann über die Eisfelder, Bergrücken und Steilschluchten hinweg. Eine Begehung dieser Todeszone ist nur an wenigen „Fenstertagen“ mit stabilem Wetter während der Klettersaison von Anfang bis Ende Mai möglich.