Beim Lauftreff der Spvgg Rommelshausen wird großer Wert auf das gemeinsame Fortkommen gelegt. Foto: Nicklas Santelli

Beim Laufen lassen sich nicht nur das sportliche Leistungsniveau sowie die Gesundheit in physischer Hinsicht steigern. Auch psychisch haben die Trainingseinheiten Einfluss auf das Wohlbefinden – ein Selbstversuch in Rommelshausen.

Rommelshausen - Der Kopf verlangt nach mehr, doch der Körper drosselt das Tempo und nötigt mich zu kleinen Schritten. Nur noch mühsam lösen sich die Füße bei jedem Mal vom Boden. Von den ehemaligen Nebenleuten bleibt mir lediglich die Rückansicht. Die Faszination des Laufens ist in diesem Moment ebenso wenig greifbar wie die Wasserflasche, die ich am Startpunkt zurückgelassen habe und die nun zumindest ein wenig Abhilfe leisten könnte. Dreimal in der Woche treffen sich Mitglieder des Lauftreffs der Spvgg Rommelshausen am Saint-Rambert-Stadion, um sich auf den Wegen durch den Schurwald oder die Weinberge fit zu halten beziehungsweise ihr Leistungsniveau zu steigern. „Außerdem ist es eine gute Möglichkeit, den Kopf freizubekommen“, sagt Hans-Peter Babiak kurz nachdem wir uns auf den Weg gemacht haben. Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem vergangenen Jahr schnüren sich in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen regelmäßig die Laufschuhe. Dabei sind bei weitem nicht alle Sportler in Vereinen organisiert. Der Deutsche Leichtathletik-Verband verzeichnete zuletzt etwas mehr als zwei Millionen Läufer in seinen Reihen. Dementsprechend viele Sportbegeisterte gehen entweder ohne Begleitung los oder verabreden sich privat zum gemeinsamen Fortkommen in Gruppen .

Die Herzfrequenz springt in die Höhe

Ein Vorteil für alle kleineren und größeren Gemeinschaften: der Austausch. Auch die acht Athleten, mit denen ich an diesem Mittwochabend unterwegs bin, unterhalten sich zunächst rege über die vergangenen und die bevorstehenden Läufe. Am ersten Anstieg kehrt dann allerdings ziemlich schnell Ruhe ein, ehe neben dem Rhythmus der Schritte auch jener der Atmung hörbar wird. Langsam reißen Lücken in der Gruppe auf. Während die einen allem Anschein nach fast mühelos Höhenmeter sammeln, kommen andere kaum noch schneller voran als beim Gehen. Bei mir springt einzig die Herzfrequenz in die Höhe. Eine große 186 zeigt die Uhr neben dem kleinen Herzen als Höchstwert an. Dann, endlich, ein erster Lohn für die Mühen, auch wenn der tolle Ausblick über Kernen, Fellbach und Teile des Remstals nur kurz währt. Wenig später die nächste Freude. „Noch 200 Meter“, sagt Hans-Peter Babiak, ehe Lisanne Slotboom neben ihm mit einem erleichterten Seufzer am Ende ergänzt: „Dann sind wir oben.“ Die Gruppe hat sich mittlerweile wieder zusammengefunden, nachdem die Schnelleren zunächst ein Stück weiter und dann wieder zurückgelaufen waren, um die Langsameren einzusammeln.

Für Einsteiger wird zudem im Frühjahr regelmäßig ein Einführungskurs angeboten

Darauf legen sie großen Wert beim Lauftreff der Spvgg Rommelshausen. Es ist weniger die Tempojagd, die sie antreibt, als vielmehr der Spaß am gemeinsamen Fortkommen. Dabei halten sie nur wenige witterungsbedingte Ausnahmen von den regelmäßigen Einheiten ab. Im Winter wächst die Gruppe zumeist sogar an, weil sich einige Läufer für die vorgegebenen Termine besser motivieren können, als bei Kälte und Dunkelheit allein auf die Strecke zu gehen. Für Einsteiger wird zudem im Frühjahr regelmäßig ein Einführungskurs angeboten, um sich nach und nach an die Belastung zu gewöhnen. Der allmähliche Anstieg der Anforderungen ist aber auch bei erfahrenen Läufern nötig, damit das Leistungsniveau ansteigt. Deshalb teilt sich unsere Gruppe nun auch wieder, und während sich ein Teil auf den direkten Weg zurück zum Startpunkt beim Stadion macht, hängen Hans-Peter Babiak und drei weitere Läufer noch ein paar Extrakilometer dran. Der 47-Jährige hatte vor rund viereinhalb Jahren, gesundheitlich angeschlagen, mit kurzen Distanzen begonnen, wenig später bewältigte er etwa fünf Kilometer bis zum Saint-Rambert-Stadion, sah dort einen Aushang des Lauftreffs, hat in der Zwischenzeit vier Marathon-Läufe hinter sich gebracht und bereitet sich nun auf den Start für die 42,195 Kilometer lange Strecke in Berlin Ende September vor.

Dehnen ist wichtig. Foto: Sigerist
Dementsprechend fit ist er mittlerweile. Denn mit dem Training verbessert sich nicht nur die Zeit für eine gewisse Strecke, sondern auch die Gesundheit. Bei moderatem Tempo wird das Immunsystem ebenso wie das Herz-Kreislauf-System gestärkt, so dass die Risiken für einen Herzinfarkt, für Bluthochdruck oder auch Krebserkrankungen sinken. Zudem wird das Gehirn beim Laufen besser mit Sauerstoff versorgt, es werden Glückshormone ausgeschüttet, und Stress kann abgebaut werden. So passiere ich ziemlich befreit die Weinberge auf dem Weg nach unten in Richtung des Ausgangspunkts. Die Qualen des Anstiegs scheinen sehr viel länger zurückzuliegen als rund 40 Minuten. Die Faszination des Laufens, die viele Beteiligte für sich ausgemacht haben, kann ich unterdessen deutlich besser nachvollziehen. Und auch die volle Wasserflasche ist kurze Zeit später greifbar. Nun verlangt der Körper nach mehr, doch der Kopf drosselt das Tempo und nötigt mich zu kleinen Schlucken.