Das Gebäude des Ebersbacher Bahnhofs (im Bildhintergrund) hat sich in den vergangenen 160 Jahren von seinem Äußeren her nur unwesentlich verändert. Die Bebauung in der Bahnhofstraße hingegen schon Eine „Fußgängerzone“ ist die direkteste Verbindung aus der und in die Kernstadt in der Zwischenzeit aber wieder geworden. Foto: Horst Rudel

Die Bahn und das Filstal: Wir blicken zurück, wie das neue Buch „Von Zeiten und Zügen“ – sowie ins Hier und Jetzt. Im dritten Teil geht es um den Streckenabschnitt bis Süßen.

Kreis Göppingen - Spätestens mit der am 18. Juli 1845 durch die württembergische Kammer gefällten Entscheidung, die Zentralbahn von Heilbronn nach Ulm nicht durch das Rems-, sondern durch das Filstal zu führen, brach in den Gemeinden des damaligen Göppinger Oberamts hektische Betriebsamkeit aus. Von Reichenbach bis Süßen mussten Streckenprofile erstellt, Vermessungsarbeiten durchgeführt, Straßen verlegt, Wasserläufe korrigiert und Bäume abgeholzt, Bahndämme aufgeschüttet und Überwege errichtet werden.

Zuvor galt es aber, die notwendigen Grundstücke zu „erwerben“, was letztlich bis zu Zwangsenteignungen führte. Allein in Ebersbach galt es, mit 188 Besitzern zu verhandeln. Und es musste schnell gehen. Schließlich, so das erklärte Ziel, sollte der Streckenteil „binnen zweier Jahre“ fertig gestellt sein. Dabei brauchte es, neben den Flächen für die Schienentrasse, auch noch Areale für die neu anzulegenden Bahnhöfe sowie für zusätzliche Nutzbauten in deren Umgebung.

Beschwerden und Klagen der Fahrgäste gibt es zu allen Zeiten

Einige dieser Bahnhofsgebäude gibt es, zumindest in Teilen, bis heute: in Reichenbach etwa und in Ebersbach, aber auch in Süßen. Mit nostalgischen Gefühlen bei der Deutsche Bahn AG hat dieser Umstand indes wenig zu tun. Vielmehr wurde schon von deren Vor- und Vorvorgängern offenkundig immer nur das Allernotwendigste in eine sachgerechte Modernisierung investiert. So ziehen sich die Beschwerden und Klagen der Fahrgäste wie ein roter Faden durch die inzwischen mehr als 160-jährige Geschichte der Filstalbahn.

Trotz allem gab es über viele Jahrzehnte hinweg für die große Mehrheit der Benutzer aber keine Alternative, um wenigstens halbwegs komfortabel und vor allem rasch beispielsweise vom Wohnort zur Arbeitsstelle zu kommen. Logischerweise erlebte der Zugverkehr einen echten Boom und brachte mit den zahlreichen Firmenansiedlungen auch einen gewissen Wohlstand in die Gegend. So gingen die Auswanderungszahlen bereits in den frühen 1860er-Jahren zurück. Aus Kleinbetrieben wie der Reparaturwerkstatt von Georg Boehringer wurden Fabriken. Andere Unternehmen entdeckten die nunmehr verkehrsgünstige Lage, um sich anzusiedeln, sodass alle Städte und Gemeinden entlang der Bahntrasse große Betriebe aufweisen konnten.

Mit jedem zugelassenen Auto sanken die Passagierzahlen in den Zügen

Analog zur Streckeneröffnung bis Süßen vollzog sich dieses Wachstum und als es 1861 schließlich bis Geislingen weiterging auch dort. Daran änderte sich bis weit in das 20. Jahrhundert hinein nichts. Gleichwohl nahmen die Passagierzahlen in den Zügen mit jedem zugelassenen Auto ab. Vom Ende der 1950er-Jahre an wuchs die Zahl der privaten Kraftfahrzeuge stetig. So hat es zwischen 1970 und 2018 eine Verdoppelung von 100 000 auf 200 000 gegeben. Gepaart mit dem zögerlichen Investitionsverhalten der Bahnverantwortlichen führte dies dazu, dass der Zugverkehr im Filstal nurmehr die zweite Geige spielt.