Vollbepackt und gut gesichert: Die Strömungsretter der DLRG-Ortsgruppe Waldenbuch/ Steinenbronn, Monika und Michael Vögtle, präsentieren ihre Ausrüstung. Foto: Claudia Barner

In der Serie „Die Retter“ stellen wir Menschen vor, die anderen in schwierigen Situationen helfen. Heute: Monika Vögtle vom Strömungsretter-Team der DLRG.

Waldenbuch/Steinenbronn - Wer in den Wiederholungen der 90er-Jahre-Fernsehserie „Baywatch“ die Einsätze der Rettungsschwimmer am Strand von Malibu verfolgt oder mit den Bergrettern zittert, wenn eine hilflose Person aus dem tosenden Wildbach geborgen wird, wähnt sich vor seiner Mattscheibe im Schwabenländle in sicheren Gefilden. Doch auch hierzulande können durch Wasser Gefahren drohen, die ohne den Einsatz speziell ausgebildeter Fachkräfte nicht zu bewältigen sind. Monika Vögtle von der DLRG-Ortsgruppe Waldenbuch/Steinenbronn ist eine von ihnen. Als Strömungsretterin ist sie in die Aufgaben des Katastrophenschutzes eingebunden.

Wer es mit der Kraft des Wassers aufnehmen will, muss durch und durch fit sein. Für die 45-jährige Waldenbucherin gehört Schwimmen und Joggen zum regelmäßigen Freizeitprogramm. Hinzu kommen Übungsabende in der Ortsgruppe und monatliches Training mit der 16-köpfigen Strömungsrettergruppe des Bezirks Glems-Schönbuch. Die Aufgaben wechseln. „Mal schwimmen wir in der Strömung des Neckars bei Starzach, mal geht es an den Rhein“, berichtet Monika Vögtle.

Die rote Einsatztasche ist immer dabei

Einmal im Jahr werden die Schluchten der Tiroler Ache zum Trainingsort. Dort sind ganz andere Fähigkeiten gefragt: das Abseilen von Steilhängen, der Bau von Brücken aus Seilen, die dabei helfen, Retter, Boote oder geretteten Personen über Schluchten zu transportieren. „Bei einem solchen Einsatz ist die Gruppe auf sich selbst gestellt. Alles geht nur mit Menschenkraft und den richtigen Techniken“, sagt die Waldenbucherin.

Immer mit dabei: Die große rote Einsatztasche der Strömungsretter und ihr Rucksack. Sie sind ihre Lebensversicherung. Darin befinden sich die Schutzkleidung und die Spezialausrüstung. Dazu gehören der sieben Millimeter dicke Neoprenanzug, Neoprenschuhe mit Stahlkappen, Handschuhe, der Helm, die Rettungsweste mit Notfall-Pack für die Erstversorgung von Verletzten, Messer, Lampe, Knicklichter, Signalblitzer, eine Pfeife, der Klettergurt, Seile, Winden, Karabiner, ein Wurfsack und vieles mehr. „Wer den Einsatz im Wasser derart eingepackt und schwer beladen nicht ständig übt, hat keine Chance“, spricht Vögtle aus Erfahrung.

Vögtle hat gelernt, das Wasser zu lesen

Sie hat mittlerweile auch gelernt, das Wasser zu lesen. „Oft sieht man nicht, was sich unter der Oberfläche verbirgt. Wir müssen vorausschauend agieren und erkennen, wo sich unsichtbare Hindernisse befinden, wo sich Kehrwasser und Strudel bilden oder wo man sicher an Land gehen kann“ sagt die 45-Jährige. All diese Fertigkeiten sind nicht nur an fernsehtauglichen Einsatzorten wie Pazifikstränden oder Gebirgsschluchten gefragt. Auch beim Hochwasser an einem ganz normalen deutschen Fluss sind die Experten für entfesselte Wasserkraft unverzichtbare Helfer.

An Elbe und Neckar lag bisher das Haupteinsatzgebiet der Strömungsretter aus dem Schönbuch. „Die Starkregenereignisse und Überschwemmungen haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Das war mit einer der Gründe, warum der Katastrophenschutz in den Jahren 2010 bis 2012 neu geordnet und der Wasserrettungsdienst ausgebaut worden ist“, sagt Reinhard Höhn, der technische Leiter der Ortsgruppe Waldenbuch/Steinenbronn und stellvertretende Vorsitzende des DLRG-Bezirks Glems-Schönbuch.

Mit Blaulicht den Neckar entlang

Monika Vögtle erlebte ihren ersten Einsatz am 2. Juni 2013. Über Pfingsten hatte starker Dauerregen das Wetter geprägt. „Wir haben das bereits mit einem mulmigen Gefühl beobachtet“, erinnert sie sich. Ein Anruf aus dem Innenministerium bestätigte die Ahnung. „Wir sollten uns bereithalten. Es bestand die Gefahr, dass beim Hochwasser in Pleidelsheim der Damm überspült wird.“ Dann folgte die Alarmierung. Mit Blaulicht ging es von der Sammelstelle in Stuttgart aus am Neckar entlang. „Es war sehr ruhig im Fahrzeug. Keiner wusste, was uns erwartet. Jeder war hoch konzentriert“, erzählt die Strömungsretterin. Auf Feldbetten im Feuerwehrhaus warteten die Mitglieder des Wasserrettungszugs auf ihren Einsatz. Dann entspannte sich die Lage. Ein Eingreifen war nicht mehr nötig.

Nur wenige Tage später folgte der zweite Alarm. In Sachsen und Sachsen-Anhalt war die Elbe über die Ufer getreten. Fünf Tage lang waren die Strömungsretter des Bezirks in Magdeburg im Einsatz. „Bei einem solchen Ereignis geht es vor allem darum, Menschen aus überfluteten Gebieten und Häusern zu evakuieren, Dämme und Deiche auf der dem Wasser zugewandten Seite zu sichern, dort einzugreifen, wo es für die Taucher zu gefährlich wird und darum, die anderen Rettungskräfte abzusichern“, berichtet Reinhold Höhn. Monika Vögtle musste bei dem Einsatz im Osten passen. Sie war mit einer Klasse im Schullandheim auf der Alb und konnte die Kinder nicht im Stich lassen.

Wie die Mutter, so der Sohn

Ein Problem war das nicht. „Wir haben genügend Strömungsretter in den Bezirken, um handlungsfähige Teams zusammenzustellen“, bekräftigt Reinhold Höhn. Und auch die DLRG Ortsgruppe Waldenbuch/Steinenbronn trägt weiterhin ihren Anteil dazu bei. Monika Vögtles Sohn Michael hat das Hobby der Mutter für sich entdeckt und die anspruchsvolle Ausbildung bereits abgeschlossen. Nun wartet er ungeduldig auf seinen 18. Geburtstag im September. Erst dann wird die Lizenz zum Retten gültig.

Das Aufgabengebiet der Strömungsretter

Investitionen
In den Jahren 2010 bis 2012 wurde die Strömungsrettergruppe im DLRG-Bezirk Glems-Schönbuch aufgebaut. Pro Jahr wurden seitdem zwischen 15 000 und 20 000 Euro in die Ausbildung und die Ausstattung investiert.

Ausbildung
16 ausgebildete Strömungsretter gibt es derzeit im Kreis Böblingen. Vier davon stellt die Ortsgruppe Waldenbuch/Steinenbronn. Sie alle sind dem Wasserrettungszug 9 des Katastrophenschutzes zugeordnet.

Einsätze
Die Strömungs-Experten im DLRG kommen zum Einsatz, wenn Menschen aus schnell fließenden Gewässern gerettet werden müssen; sie unterstützen die Evakuierung und Rettung von Personen aus schlecht zugänglichen Überschwemmungsgebieten, sichern die technischen Einheiten bei Deich- oder Dammsicherungsmaßnahmen ab, unterstützen die Einsatztaucher und bergen Menschen aus schlecht zugänglichen Klammen und Schluchten.

Unterstützung
Auch bei Übungen anderer Verbände wie der Bundeswehr oder dem Technischen Hilfswerk sowie bei der Absicherung von Wettkämpfen an Wildwasser-Strecken sind die Strömungsretter im Einsatz