Der Besigheimer Marktplatz Mitte der 1980er Jahre Foto: Stadtarchiv Besigheime

Die Stadt Besigheim und der Marktplatz in ihrer Mitte haben in ihrer Geschichte schon viele Herrscher erlebt: Sie gehörten zur Pfalz, zu Baden und Württemberg. Geblieben ist vor allem der Handel auf dem Platz.

Besigheim - Den Blick streng geradeaus die Kirchstraße hinunter, seinen Schild fest in der Hand: seit rund 500 Jahren wacht ein steinerner Mann über die Besigheimer Altstadt. Das Standbild auf dem Marktplatzbrunnen zeigt nach Meinung von Historikern Philipp II., einst Markgraf von Baden und trotzdem auch in Besigheim, mitten in Württemberg, an der Macht. „Die Herrschaft über die Stadt wechselte in der Geschichte öfter hin und her“, sagt die Stadtarchivarin Sandy Krüger. Mal gehörte der Ort zur Pfalz, später eroberte der württembergische Herzog Ulrich die Stadt. Erst 1595 wurde Besigheim endgültig den Württembergern zugeschlagen. Der Schild von Philipp II. mitten auf dem Marktplatz zeigt trotzdem bis heute die badischen Insignien.

Eine im wahrsten Sinne des Wortes zentrale Rolle in der Stadtgeschichte spielt dabei seit jeher der Marktplatz. Dort, wo heute jeden Samstag Obst und Gemüse, Geflügel und Blumen verkauft werden, schlugen schon im Mittelalter die Händler ihre Zelte auf. Bereits um das Jahr 1220 erhielt Besigheim das Stadtrecht und die Erlaubnis, einen Markt abzuhalten. Zweimal im Jahr fand auch ein Jahrmarkt statt, ein Privileg, das nur wenigen Orten zukam. Um den Handel noch attraktiver zu machen, ließen die Herrscher im Jahr 1459 ein großes Haus an den Rand des Marktplatzes bauen: das heutige Besigheimer Rathaus.

Seit 1459 steht das Rathaus am Marktplatz

Lange erfüllte das Gebäude, das zum Teil an die Wehrmauer der Stadt angebaut wurde, ganz unterschiedliche Aufgaben: In den beiden unteren Geschossen boten Händler ihre Waren an, weiter oben tagte der Magistrat der Stadt. Bürger, die sich das leisten konnten, feierten in den oberen Stockwerken ihre Hochzeit. Heute ist das Rathaus eines der ältesten Gebäude im Kreis Ludwigsburg – und der Verwaltung vorbehalten. Durch das Gebäude verlagerte sich das politische Leben mehr und mehr auf den Marktplatz: Entscheidungen des Magistrats wurden ebenso vom Balkon aus kundgetan wie Gerichtsentscheide. Teilweise wurden die Strafen direkt auf dem Platz vollstreckt: Bis ins 17. Jahrhundert reiste der Scharfrichter aus Stuttgart an, um vor dem Rathaus Verurteilte zu enthaupten.

Geprägt ist der Platz seit jeher durch seine Enge: Auf einem Felssporn über der Enz führt die Kirchstraße als zentrale Achse durch die Altstadt. Von ihr zweigen die Gassen ab, in der Mitte öffnet sich das rund 100 Meter lange, gepflasterte Rechteck. Nur die gehobene Bürgerschaft konnte es sich einst leisten, mitten in der Stadt zu leben: Apotheker, Bürgermeister, Honoratioren bewohnten die Häuser ringsum.

Heute haben neben der Stadtverwaltung vor allem die Gastronomie und der Handel den Marktplatz erobert. So ist im Dreigiebelhaus aus dem 15. Jahrhundert eine Buchhandlung untergebracht, in der ehemaligen Stadtapotheke ein Restaurant.

Der Marktplatz soll belebt werden

Dass die Häuser in der gesamten Altstadt noch ihr historisches Flair verbreiten können, liegt auch an der Gunst des Schicksals: Nie gab es einen verheerenden Brand, auch von Kriegen blieben die Gebäude weitgehend verschont.

Die Enge prägt den Platz bis heute, erst im Juli beschäftigte sich der Gemeinderat damit. Um mehr Publikum anzulocken, hatten die Freien Wähler beantragt zu prüfen, ob der Markt künftig auf dem größeren Kelterplatz, rund 400 Meter entfernt, stattfinden kann; dort gebe es auch mehr Parkplätze. Laut der Ordnungsamtsleiterin Sabine Keller bevorzugten auch die Beschicker den Umzug. Doch der Rat entschied: der Markt bleibt, wo er seit mehr als 800 Jahren ist. Mitten in der Altstadt, unter den strengen Augen des badischen Markgrafen.