Erst der Schaum, dann der Schnitt: Von Angela Sajjadi lassen sich die Männer gerne mal einseifen. Foto: Horst Rudel

Das Handwerk hat goldenen Boden, heißt es immer. Doch viele einst weitverbreitete Berufe sind inzwischen selten geworden. Auch die Profession des Barbiers war schon fast von der Bildfläche verschwunden – erlebt jetzt aber eine Renaissance.

Eislingen - Das ist so ganz nach dem Geschmack des Mannes: heiße Kompresse, sanfter Schaum, scharfer Schnitt, kalte Kompresse, feiner Duft. Nach diesem alt bewährten Schema läuft das Rasieren als eine Art maskulines Wohlfühlprogramm in Frangis Barber am Eislinger Schlossplatz ab. Erst vor wenigen Monaten hat Angela Sajjadi ihren Herrensalon eröffnet – und sich bereits einen zufriedenen Kundenstamm erarbeitet.

Christian Grupp gehört dazu. „Ich bin jetzt schon ein paar Mal hier gewesen, weil das einfach was hat.“ Neben der klassischen Nassrasur und dem manuellen Haarschnitt sei er ebenso vom Drumherum begeistert. „Das ist ein echter Genuss für mich, bei dem ich voll auf meine Kosten komme. Und wenn’s danach noch einen schönen Whisky gibt, ist die Welt sowieso in Ordnung“, gerät der Süßener ins Schwärmen. Den gibt es in der Tat, wahlweise aber natürlich auch ein Bier, eine Cola, ein Wasser oder einen leckeren Espresso.

Auf Wunsch werden auch Zigarren gereicht

Überhaupt ist der Laden total auf Mann getrimmt. In einer Glasvitrine finden sich einschlägige Bart- und Haarpflegeprodukte, auf dem Tisch im gemütlichen Wartebereich liegen Motorsport- und Nachrichtenmagazine, in der Ecke steht eine blank blitzende Moto Guzzi V 7 II special – und ja, nur einen Raum weiter darf bei Bedarf und mit gutem Gewissen sogar geraucht werden. Die Zigarren dazu werden auf Wunsch gereicht.

Während das Rasieren in Frangis Barber, zumindest bis jetzt noch, reine Frauensache ist, kümmert sich Angela Sajjadis Partner Francesco Maniscalchi um das Organisatorische und Administrative. „Ich bin der Buchhalter sowie der technische und seelische Berater“, beschreibt er lachend seine Rolle. Und selbstverständlich stehe er den den Kunden als Gesprächspartner zur Verfügung, fügt er hinzu.

Die Entscheidung, sich in der frisch gewählten Selbstständigkeit ausschließlich auf das sogenannte starke Geschlecht zu spezialisieren, ist Angela Sajjadi indes alles andere als schwer gefallen – wohl wissend, dass als Friseurin mit Frauen mehr Geld zu verdienen ist. Seit drei Jahrzehnten ist die 46-jährige Eislingerin schon in ihrem Beruf tätig. „Und ich habe in dieser Zeit immer nur Männer geschnitten – und rasiert sowieso“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern. Für sie sei das spannender, weil man selbst nach vier Wochen das Resultat der Arbeit noch erkennen könne. „Zudem sind Männer die treueren Kunden und sparen nicht mit Anerkennung, wenn sie zufrieden sind“, berichtet Sajjadi aus Erfahrung.

Positive Rückmeldungen – auch von Frauenseite

Sämtliche Tricks und Kniffe des Barbierhandwerks hat sie sich in den vergangenen Jahren von Filippo Caridi abgeschaut, einem 72-jährigen italienischen Figaro, der seinem Geschäft in Schorndorf nachgeht. „Er hat mir unglaublich viel beigebracht“, betont sie und erinnert sich mit einem Schmunzeln an die Anfänge. „Da haben sich zunächst schon einige Besucher seines Salons gewundert, dass da auf einmal eine Frau das Rasiermesser schwingt.“

Warum sich nur noch wenige Herrenfriseure auch als Barbiere sehen, kann Angela Sajjadi indes nur schwer erklären: „Ich versteh’s noch bei den Zehn-Euro-Läden, wo ein Mann eben mal so als Lückenfüller dient.“ Und klar, wenn man es richtig machen wolle, sei die Sache, nicht zuletzt wegen der teuren Klingen, nicht so lukrativ. „Dafür sind die positiven Rückmeldungen einfach schön“, sagt die Barbierin. Diese kämen im übrigen nicht zuletzt von Frauenseite, fügt sie hinzu. „Da heißt es immer wieder, wenn der Gatte abgeholt wird, dass er nun endlich wieder ,gscheit’ aussehe.“