Zwei Institutionen am Bihlplatz: die Buchhandlung Buch im Süden und die benachbarte Weinstube Heslach. Foto: Nina Ayerle

Im dritten Teil unserer Serie „Plätze im Süden“ sind wir am Bihlplatz. Bekannt ist der Platz in Heslach für den Wochenmarkt und die Heslacher Hocketse. Eine Institution war das skurrile Gasthaus „Ochsen“, welches vor zwei Jahren geschlossen wurde.

S-Süd - Am Bihlplatz warten alle auf eines: dass der Ochsen endlich wieder aufmacht. Die Anwohner vermissen ihre Traditionsgaststätte, und Werner Mast, Betreiber der Weinstube Heslach, hofft auf eine Wiederbelebung des skurrilen Wirtshauses, weil seiner Meinung nach Gastronomie von Gastronomie profitiert. „Wegen mir alleine kommt keine Sau her“, sagt Werner Mast, „außer meinen Stammgästen halt“, fügt er noch hinzu. Seit 18 Jahren mit kurzer Unterbrechung betreibt er am Bihlplatz die Weinstube. „Seitdem der Ochsen und der Italiener Paolo weg sind, gibt es kaum mehr Attraktionen am Bihlplatz“, findet Mast.

In Heslach geht es noch dörflicher zu

Der Bihlplatz an sich hat im Vergleich zum Marienplatz einen dörflichen Charakter. Hierher kommt, wer sowieso in der Gegend wohnt. Am Samstag trifft sich die Nachbarschaft auf dem Wochenmarkt und einmal im Jahr zur Heslacher Hocketse.

Das reicht allerdings nicht aus, um den Platz zu beleben. Das sieht auch Tilman Fezer vom Ritterstüble so. „Es ist kein wirklich besonderer Platz, unser Bihlplatz.“ Er hofft auf die von der Stadt seit Langem geplante Verschönerung der Grünanlage. „Ich bin gespannt, ob was passiert“, sagt Fezer, der seit knapp 15 Jahren in Heslach zu Hause ist.

Man könnte schon noch mehr machen, findet Fezer. Vor ein paar Jahren habe der Handels-, Gewerbe- und Dienstleistungsverein auf dem Bihlplatz einmal einen Weihnachtsmarkt veranstaltet. Das sei recht nett gewesen. Einen zweiten Marienplatz kann sich Fezer allerdings auch nicht vorstellen. „Das geht hier auch gar nicht wegen der Anwohner“, ergänzt er.

Beate Hiller findet den Platz direkt vor ihrem Geschäft Buch im Süden eigentlich ganz in Ordnung. „Ich wüsste nicht, was man ändern sollte“, sagt Hiller, während sie auf den Platz schaut. „Es ist eigentlich total gemütlich hier.“

Weinstube und Buchladen sind Institutionen am Platz

Wenn der Bihlplatz der Dorfplatz von Heslach ist, dann ist Beate Hiller so etwas wie die Infozentrale des Dorfes. Sie kann von ihrem Laden aus den Platz überblicken und die Passaten beobachten. Fast alle ihre Kunden kennt sie mit Namen. Außerdem weiß Hiller natürlich, dass die Grünfläche stets sauber gepflegt wird, wann die Weinstube öffnet und wer schon vorbeigelaufen ist. Ihr Buchladen, der gerade erst in Frankfurt am Main mit dem Deutschen Buchhändlerpreis ausgezeichnet wurde, hat deshalb aus ihrer Sicht einen optimalen Standort.

An manch städtebaulichen Fauxpas hat sich Beate Hiller im Laufe der vergangenen sieben Jahre gewöhnt. Glücklich ist sie, dass endlich das alte Trafohäuschen abgerissen wurde und die Grünfläche verschönert werden soll. „Auf die jetzige würde ich mich nicht mit meinen Kindern setzen“, sagt die Buchhändlerin.

Die Stadt wolle in den nächsten Wochen damit starten, die Grünfläche umzugestalten, sagt der Bezirksvorsteher Raiko Grieb. Dabei soll das Mauerwerk etwas abgesetzt werden und eine Art Spielfläche entstehen. „Dann hat der Ort hoffentlich mehr Aufenthaltsqualität“, sagt Grieb. Das sei dringend nötig. Werner Mast verzieht auf die Frage, wie ihm die Aussicht von seiner Gaststätte aus gefällt, nur das Gesicht und sagt nichts. Dann: „Ha, mir g’fällt vor allem mei Weinstub. Die wertet den Platz immens auf.“

Seinen Wunsch nach mehr Gastronomie erfüllt ihm Rolf Soller. Der neue Besitzer des Ochsen-Gebäudes will mit zwei Lokalen mehr Menschen anlocken. Seine Pächter planen im Erdgeschoss der Böcklerstraße 25 ein Café und im ehemaligen Gastraum des Ochsen ein mediterranes Restaurant mit Außenterrasse. Wann dies eröffnet, kann Soller nicht sagen, noch wird eifrig gewerkelt. Nur eines weiß er sicher: Der Name Ochsen bleibt. Denn der gehört einfach zum Bihlplatz dazu.

Plätze im Stuttgarter Süden (III): Der Bihlplatz

Historie
Benannt ist der Bihlplatz nach dem Architekten Georg Friedrich Bihl, der unter anderem das Linden-Museum erbaut hat. Bis zum Jahr 1935 war er als „Ochsen-Platz“ bekannt. Bis zum 15. Jahrhundert befand sich auf dem Platz die Wallfahrtskirche, welche nach der Reformation durch die Heslacher Kirche ersetzt wurde. Im Jahr 1882 wurde sie abgerissen, weil sie für die Heslacher Gemeinde zu klein war.

Ochsen
Lange war die Gaststätte am Bihlplatz ein letztes Refugium gegen die voranschreitende Modernisierung in der Welt. Das Ende des skurrilen Wirtshaus mit dem „schärfsten Gulasch der Stadt“ im Oktober 2013 war für den Stadtteil ein herber Schlag. Über eine Unterschriftenliste forderte die Bevölkerung den Erhalt des Gebäudes.

Sanierung
Mit Fördermitteln der Stadtentwicklungspauschale soll die Grünfläche am Bihlplatz für rund 320 000 Euro verschönert werden.