Kurz vor Unterrichtsbeginn geleiten Lotsen die Pennäler zur Schule. Foto: factum/Weise

24 Stunden Ludwigsburg – in einer 24-teiligen Serie erzählen wir wie die Ludwigsburger und die Gäste der Stadt leben und arbeiten. Zwischen 7 und 8 Uhr erwacht der Campus. Aus allen Richtungen pilgern die Schüler in die Innenstadt – viele komme auch im Winter mit dem Fahrrad.

Ludwigsburg - Die Fenster des Mörikegymnasiums in Ludwigsburg sind schon hell erleuchtet. Der Unterricht indes beginnt erst in knapp einer Stunde. Es ist sieben Uhr am Morgen und noch dunkel. Auf dem Lehrerparkplatz stehen vier Autos, dann fährt ein fünfter Wagen her. Anita Sander steigt aus dem Fahrzeug mit Stuttgarter Kennzeichen. Sie erzählt, dass sie aus Zuffenhausen komme, immer recht früh dran sei, den Unterricht vorbereiten wolle, ein paar Kopien machen, vielleicht ein bisschen mit den Kollegen schwätzen.

Noch ruht der Schulcampus in der Innenstadt. Aber demnächst beginnt der große Ansturm. Ein paar Frühschwimmer verlassen das Campusbad. Sie haben ihre Bahnen gezogen, machen Platz für die Schulkassen, die gleich anrücken werden. Eine erste Schülerin trottet langsam daher. Sie trägt auf dem Kopf eine dicke Strickmütze, denn es ist kalt an diesem Wintermorgen. Vor dem Goethegymnasium parkt ein Bauarbeiter einen Kleinbus, das Gebäude ist komplett eingerüstet, es wird zurzeit generalsaniert. Zwei Bedienstete der Stadt leeren die Mülleiner, dann nehmen sie in ihrem Fahrzeug Platz und vespern.

Zum Frühstück eine Cola und einen Donut

Der Schulladen neben dem Campusbad hat seit sieben Uhr geöffnet. Die Verkäuferin berichtet, dass das kleine Geschäft fast ausschließlich von den Schülern lebe. An den Wochenenden und in den Ferien sei das Geschäft geschlossen. Die erste Kundin ist ein Mädchen, geschätzt zwölf Jahre alt. Sie sagt „guten Morgen“ und kauft sich dann ihr Frühstück: eine Cola und einen Donut. Ein Ernährungsberater würde vermutlich mit dem Kopf schütteln. Die Verkäuferin sagt, besonders gefragt seien auch die Brezeln und die Schokocroissants.

Zwei Fünftklässler des Mörikegymnasiums steigen von ihren Fahrrädern. Ole und Niels sind dick eingepackt, mit Mütze, Schaal, Handschuhen. Beide sagen, sie kämen immer mit dem Bike in die Schule. Wirklich immer. Das sei viel angenehmer, als in dem überfüllen Bus zu fahren. „Außerdem haben wir jetzt schon ein bisschen Sport gemacht“, sagt Ole. Die beiden Kumpels gehen ins Schulhaus. Es ist erstaunlich, wie viele Schüler auch im tiefsten Winter mit dem Rad zum Campus fahren. Später werden allein vor dem Mörikegymnasium gut 50 Fahrräder stehen.

Zum Frühstück eine Morgenpartie Billard spielen

Gegen halb 8 Uhr beginnt der Massenansturm. Aus allen Richtungen strömen die Schüler zum Campus. Viele Jugendliche hören über Kopfhörer Musik, andere unterhalten sich, manche tippen wie wild auf ihren Handys, heben kaum den Kopf.

Vor dem hell erleuchteten Campusbad warten die ersten Schulklassen auf ihren feuchtfröhlichen Unterrichtsbeginn. Das altehrwürdige Stadtbad nebenan indes ist verwaist, die denkmalgeschützte Immobile harrt noch auf seine künftige Nutzung als Mensa. Gleich neben dem Stadtbad herrscht aber reges Treiben. Im „Pasta“ können die Schüler dreimal in der Woche von 7 Uhr an frühstücken oder eine Morgenpartie Billard spielen. Pasta steht für Pavillon am Stadtbad, die Stadt betreibt den offenen Jugendtreff. Der Sozialarbeiter André Lang erzählt, dass jeden Morgen etwa 35 Kinder vorbeikämen, auf eine heiße Schokolade, einen Toast oder einfach nur, um sich aufzuwärmen. Auch Schüler, deren erste Stunde kurzfristig ausfalle, seien froh, dass es das Pasta gebe.

Schülerlotsen habe kurz vor dem Unterrichtsbeginn viel zu tun

Im Schulladen ist nun richtig viel los. Die Backwaren gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Die Verkäuferin ist am Rödeln. Auch die zwei Schülerlotsen haben kurz vor dem Unterrichtsbeginn ordentlich zu tun. Die Jugendlichen tragen leuchtfarbene Westen mit der Aufschrift „Verkehrshelfer“. An der Kreuzung Karlstraße/Solitudestraße stoppen sie immer wieder die Autos, lassen die Schüler gruppenweise über die Fahrbahn. Dann halten sie die Fußgänger an, und die Autos rollen. Einmal wöchentlich hätten er und sein Kumpel Dienst. Warum sie das machen? Arbeiten vor Schulbeginn? „Weil wir dafür ein Zertifikat bekommen“, sagt einer der beiden. So eine Bescheinigung sei womöglich mal so viel wert wie ein gute Note. Kurz vor 8 Uhr ebbt der Ansturm ab. Die meisten Kinder und Jugendlichen sind längst in ihren Klassenräumen.

Ein paar Zuspätkommer rennen noch über die Straßen. Dann ruht das Campusareal. Ein Passant spickt durch ein Fenster in eins der Klassenzimmer und beobachtet, wie der Unterricht beginnt. Die Schüler stehen auf, grüßen ihre Lehrerin, setzen sich wieder hin. Die Verkäuferin im Schulladen sagt, sie warte nun auf den nächsten Zulauf. In der großen Pause sei ganz bestimmt wieder mindestens so viel los in dem kleinen Geschäft wie am Morgen.