Erlebnisse rund um den Globus: Maike Johanna Reuter in „Der 8. Kontinent“ Foto: Sidekick Pictures

Als ihre Mutter stirbt und eine Aussöhnung mit ihr nicht mehr möglich ist, beschließt Lena, den Lebenstraum der Verstorbenen zu erfüllen: Sie geht auf Weltreise, die ihr Leben verändern wird. „Der 8. Kontinent“ heißt der Film von Serdar Dogan, den er komplett über Crowdfunding finanziert hat.

Herr Dogan, wie stemmt man in Deutschland einen Film ohne Förderung?
Wenn man pragmatisch wäre, würde man sagen: Kein Geld – kein Film. Aber wenn man für etwas eine Leidenschaft hat, gibt es kaum Grenzen. Ich glaube, die großen Kunstwerke sind nicht entstanden, weil sie mit finanziellen Mitteln vollgestopft wurden, sondern weil dahinter ein Geist war, der gesagt hat: Das muss jetzt in die Welt gesetzt werden.
Was für einen Geist haben Sie da im Kopf?
Eines meiner großen Vorbilder ist Charlie Chaplin. „Der Diktator“ hat er entgegen aller Prophezeiungen gemacht, keiner wollte den Film finanzieren. Da hat er sein ganzes Privatvermögen eingesetzt und 1939 gedreht. Es ist unglaublich, was Chaplin in dieser Zeit mit seinem Film angesprochen, wie er die Judenverfolgung zum Thema gemacht hat. Vielleicht ist der Vergleich ein bisschen hoch gegriffen, aber ich glaube, manchmal muss man einfach ein bisschen Mut beweisen, um Dinge zu wuppen.
Wie lief das mit den Förderungs-Anträgen?
Ich habe überall Absagen bekommen. Manche haben hinzugefügt, dass dieses Projekt alle Beteiligten überfordern wird, dass es nicht machbar ist. Im ersten Moment hat mir das den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber dann haben wir uns entschieden, es trotzdem durchzuziehen und uns gefragt: welche Möglichkeiten haben wir überhaupt?
Und welche waren das?
Mein Erstlingswerk „Kopfkino“ ist so gut wie ohne Budget entstanden. Durch dieses Projekt kannte ich viele Leute und hatte auch einen Beweis, dass ich Dinge wirklich durchziehe. So konnte ich bei „Der 8. Kontinent“ sagen: Wenn ihr mir ein paar Euro mehr gebt, werde ich es nicht für irgendwelche Handy-Urlaubs-Videos verprassen, sondern wirklich etwas daraus machen.
Wie waren die Reaktionen auf das Projekt?
Es hat von Anfang an polarisiert. Manche haben gesagt: „Was für ein Quatsch, nicht machbar“, andere: „Endlich mal wieder etwas komplett Wahnsinniges“. Die hatten Lust, mich zu unterstützen. Ich habe in viele glänzende Augen geschaut von Leuten, die stolz waren und sind, bei so einem „Geht-nicht-gibt’s-nicht-Projekt“ dabei zu sein. Vor zwei Jahren schien alles unmöglich. Jetzt stehen wir plötzlich da und haben ein Kino-Release. Das ganze Team ist sehr stolz darauf.
Sie haben das Projekt über Crowdfunding finanziert. Wie viel kam da zusammen?
Crowdfunding darf man sich nicht naiv vorstellen. Man muss sehr hart und konstant um die Gunst der Spender werben. Schlussendlich hatten wir durch viele Privatinvestoren und Crowdfunding bei „Startnext“ rund 70 000 Euro, die wir real ausgeben konnten. Zum Vergleich: ein Spielfilm, der nur in Deutschland spielt, schluckt in der Regel mindestens zwei bis vier Millionen.
Wie ist es, mit so wenig Geld einen Film zu machen?
Da gibt es nur zwei Zauberworte: Euphorie und Selbstausbeutung. Setzt man das zusammen, ist es die euphorische Selbstausbeutung. (lacht)
Wie haben Sie es geschafft, Cosma Shiva Hagen für das Projekt zu gewinnen?
Ich habe ihrer Agentin das Skript geschickt. Sie fand es sehr gut und hat es Cosma vorgestellt. Sie fand es super und hat gleich zugesagt. Das rechne ich ihr hoch an. Wir haben mit Rückstellungsverträgen gearbeitet. Sprich: Sollten je hohe Summen hereinkommen, bekommt jeder seinen Teil ausgezahlt. Im Vorfeld hat niemand etwas bekommen.
In 36 Tagen um die Welt ist mehr als sportlich. Kannten Sie die Drehorte vorher?
Ich war vorher an keinem der Orte. Ich habe mir überlegt, welche Stadt für den jeweiligen Kontinent steht und mich gefragt, wohin ich Kontakte habe. Etwa ein befreundeter Restaurantbesitzer in New York, bei dem wir drehen konnten, oder mein Onkel in Australien. Dann habe ich für jede Stadt einen Guide organisiert. Und dank des Internets konnte ich viel von Karlsruhe aus machen.
Wie groß war das Team unterwegs?
Wir sind zu dritt gereist, vor Ort haben uns jeweils Darsteller erwartet. Meine Assistentin hat sich um Ton, Regieassistenz und alles Mögliche gekümmert, ich habe beim Dreh Kamera und Regie geführt, und Hauptdarstellerin Maike Johanna Reuter war natürlich auch weltweit dabei.
Wie war die Reise?
Unbeschreiblich. Vollgestopft mit Eindrücken und Abenteuern. Wir sind in so viele Kulturen eingetaucht, es gab wundervolle Erlebnisse – aber auch Herausforderungen. Auf einem Schiff in Norwegen wurden alle seekrank. In Rio wurde ich überfallen. Der brasilianische Schauspieler hat mit Stelzen, auf denen er im Film läuft, dem Gangster eine übergezogen und ihn verjagt. Ich glaube, selbst wenn man diese Reise in 36 Tagen ohne Dreharbeiten machen würde, wäre man kaputt. Jeder hatte irgendwann ein unfassbares Tief. Aber unsere Euphorie war unser Zugpferd.
Würden Sie dieses Projekt wieder so machen?
(Lacht) Ich glaube, ja. Wenn man im Vorfeld weiß, was es für eine unglaubliche Anstrengung ist, schreckt das natürlich ab. Aber die Kernaussage des Films ist ja: Das Leben ist zu kurz, um sich zu streiten. Ich bin überzeugt, dass der Weg das Ziel ist. Das klingt total banal, aber lieber tut man etwas und scheitert womöglich, als sich irgendwann zu ärgern, dass man es gar nicht erst versucht hat.