Stuttgarts Freibäder hätten im September ruhig noch etwas länger geöffnet bleiben dürfen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Zum meteorologischen Herbstbeginn kam der Sommer mit Macht zurück – und schenkte den Stuttgartern im September viele Sonnenstunden.

Stuttgart - Wie war das noch vor vier Wochen? Nach dem verregneten August haben wir den Sommer 2021 innerlich abgehakt, die Heizölpreise studiert, vorsichtshalber mal geschaut, ob die Kanten der Ski mal wieder geschliffen werden sollten und ob Johanniskraut und schwerer Rotwein gegen herbstliche Stimmungstiefs im Haus sind. Und dann das – der Sommer kehrte zum meteorologischen Herbstbeginn noch einmal mit Macht zurück, was nun wirklich alle spüren konnten. Außer den Bäderbetrieben Stuttgart, die die Freibadsaison wegen einer angeblich schlechten Wetterprognose nicht über den 12. September hinaus verlängern wollten, wobei sie diese Prognose exklusiv hatten und es danach bis Ende des Monats nur an drei Tagen ein wenig kühl war. Ansonsten herrschte wunderbares Badewetter.

Im August deutlich weniger Sonnenschein

„Insgesamt war der September deutlich sonniger, trockener und wärmer als im Durchschnitt“, erklärt Uwe Schickedanz. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Stuttgart unterstreicht vor allem die Sonne. „Mit 238,2 Stunden liegt der Monat auf Platz 3 der sonnenscheinreichsten September seit Beginn der Aufzeichnungen 1951“, erklärt er. Ein Vergleich: Im letzten Sommermonat August waren es gut 70 Stunden weniger Sonnenschein. Ungewöhnlich ist so eine Sommerverlängerung allerdings nicht und in Zeiten des Klimawandels fast schon normal. Die September, in denen man morgens schon mal Eis von der Windschutzscheibe kratzen musste, werden jedenfalls seltener. Insgesamt lag die Durchschnittstemperatur von 16,8 Grad 1,5 Grad über dem neuen langjährigen Mittelwert, der zwischen 1991 und 2020 ermittelt wurde. Gegenüber dem alten Mittel (1961 bis 1990) war es sogar 2,1 Grad zu warm. Insgesamt wurden zehn Sommertage gezählt, an denen die Temperatur über 25 Grad stieg. Vor einem Jahr war der September noch wärmer. Am Schnarrenberg wurden elf Sommertage gemessen, zwei davon waren sogar heiße Tage über 30 Grad. Der erste Herbstmonat kann also durchaus auch Hitze, wobei in diesem Jahr mit 27,3 Grad am 9. September das Maximum erreicht war. Am 1. September 2009 wurde mit 32,4 Grad die bisher höchste Septembertemperatur für Stuttgart erreicht.

Nasser Sommer gleicht trockenen September aus

Die Freibäder hätten also ruhig noch ein wenig geöffnet bleiben können. Allerdings hätte man dann anders als im Sommer die Grünflächen ums Becken ein wenig wässern müssen. So licht und warm sich das Wetter auch präsentierte – so trocken war es auch. Gerade mal 10,6 Liter Wasser pro Quadratmeter sammelten sich im Messglas am Schnarrenberg. Normal wären knapp über 50 Liter gewesen, der September damit der zweittrockenste seit 1951. Allerdings war diese Trockenheit nicht wirklich gravierend für die Natur, da der verregnete Sommer ja Wasser genug im Gepäck hatte. In den Monaten Juni, Juli und August prasselten satte 309 Liter Regen in die Messbehälter des DWD, das sind 135,4 Prozent des vieljährigen Mittels und auf jeden Fall genug, um den staubigen September als folgenlos für die Natur einzuordnen, zumal an der zweiten DWD-Station am Flughafen fast dreimal so viel Regen gemessen wurde wie am Schnarrenberg.

Goldener Oktober am Wochenende

Der beginnenden Weinlese hat die Trockenheit sogar gut getan, die oft strahlende Septembersonne den Trauben natürlich auch. Im Übrigen seien der Kontrast zwischen dem zu nassen Sommer und dem zu trocken Herbstbeginn „zwei Seiten derselben Medaille“, wie Uwe Schickedanz sagt. Die Medaille ist dabei der Klimawandel, „der das Wetter allgemein extremer werden lässt. Viel Regen in kurzer Zeit und auf der anderen Seite große und lange Trockenheit“, sagt Schickedanz.

„Und wie geht es weiter? Die nächsten Tage wird es Schauerwetter geben, so richtig viel Regen ist aber nicht zu erwarten, dafür möglicherweise am Wochenende ein bisschen goldener Oktober mit viel Sonne. Die Freibäder haben jetzt trotzdem zu Recht zu, weil es auch mit Sonne kühl werden soll. Trotzdem ein kleiner Tipp für wetterfeste Open-Air-Freunde ¬ - in Sindelfingen geht die Saison noch bis Ende Oktober.“