Wie Linus Schmid, Max Heydecke und Nick Scherbaum von der JANO Filder den Gewinn des Weltmeistertitels der U-19-Handballer erlebt haben.
Wieder daheim. Linus Schmid, Max Heydecke und Nick Scherbaum sitzen im Besprechungsraum der Scharnhausener Körschtalhalle, wo sie schon viele Spielvorbereitungen erlebt haben. Sie sind sichtlich müde. Und ebenso erkennbar immer noch überwältigt vom wenige Tage zuvor Erlebten. Weltmeister. Schmid, Heydecke und Scherbaum, die Nachwuchs-Handballer der JANO Filder und des Drittligisten TSV Neuhausen, sind U-19-Weltmeister. „Es fühlt sich immer noch surreal an, was passiert ist“, sagt Heydecke. Passiert ist das: Am Sonntag hat das JANO-Trio mit den Kameraden der Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) in Kairo durch einen spektakulären wie sensationellen 41:40-Sieg nach zweimaliger Verlängerung und Siebenmeterwerfen gegen Spanien den Titel geholt. „Geil“ ist das Wort, mit dem die Drei das am besten ausdrücken können.
Zuhause fiebern viele mit
Danach brachen die Dämme. Auf dem Spielfeld in der ägyptischen Hauptstadt – und in den sozialen Medien. So viele Menschen daheim, nicht nur auf den Fildern, hatten mitgefiebert. „Als ich nach der Siegerehrung das Handy angemacht habe, waren 143 Nachrichten drauf, es kamen noch viel, viel mehr“, berichtet Scherbaum. „Es war schön, es waren auch Nachrichten von Leuten dabei, von denen ich lange nichts gehört hatte.“ Bei Schmid und Heydecke war es nicht anders. Die ersten leibhaftigen Gratulanten waren Eltern und teilweise Geschwister, die natürlich mit nach Nordafrika gereist waren.
Es war der erste Auftritt von Schmid, Heydecke und Scherbaum auf der ganz großen internationalen Handballbühne. Und nicht nur durch den Triumph von Kairo setzen sie zum Sprung in die Bundesliga an. Sie sind – gemeinsam mit ihrem JANO-Kameraden Julien Sprößig, der die WM verletzungsbedingt verpasst hat – Teil des siebenköpfigen Förderkaders von Bundesligist TVB Stuttgart.
Und sie sprechen schon wie die Großen. Emotional und abgeklärt. „Dass wir Weltmeister geworden sind, wird immer im Kopf sein, es wird immer geil sein“, sagt Scherbaum. Heydecke nickt eifrig: „Gerade das Finale werde ich nie vergessen. In jeder Verlängerung, wenn ich wieder auf das Spielfeld bin und die Spanier auf uns zugelaufen sind, hatte ich Gänsehaut. Es war ein Auf und Ab.“ Mit dem guten Ende für die Deutschen. 80 Minuten dauerte das Endspiel insgesamt. Schmid übernimmt den analytischen Part: „Es war nicht zu erwarten, dass wir so erfolgreich sind. Nach den ersten Spielen hätte es auch sein können, dass wir um Platz 17 spielen.“
Max Heydecke: „Es sind Freundschaften entstanden“
Die Mannschaft fand schwer ins Turnier und fuchste sich immer mehr rein. Schmid erklärt, wie: „Wir haben uns in der Abwehr sehr gesteigert. Aber es hat auch jeder im Angriff seine Rolle gefunden und jeder hat das eingebracht, worin er gut ist.“ Heydecke nennt auch „den großen Zusammenhalt“ im Team, das einen ganzen Monat lang zusammen war: „Es sind alles coole Jungs. Es war ein lustiges Umfeld, aber es waren auch die nötige Disziplin und Ernsthaftigkeit im Spiel. Es sind Freundschaften entstanden.“ Die zwischen den drei JANO-Jungs hat sich vertieft. Schmid und Heydecke waren in Kairo Zimmergenossen.
Und wie war das mit der Rollenverteilung im Team? Schmid war eine der Schultern, auf die die Tore verteilt waren, im Finale trug er fünf Treffer bei. Heydecke war vor allem eins der Bollwerke in der Abwehr. Spielmacher Scherbaum hatte weniger Einsatzzeiten, kam damit nach eigener Aussage aber sehr schnell zurecht. „Es war zu erwarten, dass ich nicht so die große Rolle spielen werde. Die Spiele waren eng und da wurde nicht so viel gewechselt. Das war in Ordnung“, erklärt er. Schmid grinst. „Ich bin nicht so der Stimmungsmacher. Nick ist gut darin, die Zuschauer aufzupeitschen“, erklärt er. Und die Mitspieler anzufeuern. Wer bei den Spielen der JANO-A-Jugend um die deutsche Meisterschaft dabei war, die mit Platz zwei endete, weiß, was er meint.
Und wie war es so in Ägypten? „Wir haben nicht viel sehen können. An einem spielfreien Tag waren wir in einem Museum, von wo aus man von Weitem die Pyramiden sehen konnte. Aber ansonsten haben wir uns vor allem im klimatisierten Hotel aufgehalten“, erzählt Heydecke. Draußen war es um die 40 Grad heiß. Es war übrigens dasselbe Hotel, in dem die Spanier untergebracht waren. Mit denen haben sie sich nach dem Finale noch mal ausgetauscht. Schmid: „Es hätte auch für sie laufen können.“
Ein Thema war auch das Essen, wie alle drei berichten. „Zum Frühstück gab es gekochte Eier und Müsli, das kann ich jetzt nicht mehr sehen“, erzählt Heydecke. Schmid ergänzt: „Obst haben wir nicht viel gegessen. Es gab vor allem Nudeln, Hühnchen und gekochtes Gemüse – das war nicht so lecker.“ In den vergangenen Tagen wurde zuhause also nicht nur Schlaf nachgeholt.
Und wie geht es für die drei WM-Helden nun weiter? Urlaub ist nicht drin. In der kommenden Woche steigen sie wieder ins Training ein. Alle drei bei den Neuhausenern, Heydecke und Scherbaum spielen zusätzlich noch ein Jahr A-Jugend bei der JANO und wollen nach der jüngsten Finalniederlage gegen den HC Erlangen „wieder angreifen“, wie Heydecke betont. Und dann ist da ja noch der sogenannte Talent-Hub des TVB. Zwei Mal die Woche trainieren sie dort individuell und stehen auf Abruf für die Stuttgarter Profis. Das Erstspielrecht bleibt zunächst in Neuhausen.
Der Traum vom Bundesliga-Profi
Was könnte daraus werden? Der Traum vom Bundesliga-Profi jedenfalls lebt und die Experten trauen es dem Filder-Quartett – inklusive Sprößig – zu. „ Ich möchte die Chance nutzen, aber es ist kein Muss“, betont Heydecke. Schmid stimmt zu: „Es ist schon der Wunsch, Handball-Profi zu werden. Aber ich mache mir nicht so viel Druck.“ Auch bei Scherbaum ist „der Glaube schon groß, es zu schaffen. Aber es gibt mehrere Wege“.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in einiger Zeit Linus Schmid, Max Heydecke oder Nick Scherbaum in einem Bundesliga-Trikot auflaufen – vielleicht schafft es einer von ihnen gar in die A-Nationalmannschaft. Die Fernsehkommentatoren werden sich bei dem Namen jedenfalls einen Zusatz notieren: „U-19-Weltmeister von 2025.“ Das nimmt den Dreien – und ihren DHB-Kameraden – niemand mehr. Und wenn sie auf ihr Final-Trikot und die Medaille schauen, die bald gerahmt bei ihnen daheim hängen werden, werden sie irgendwann auch realisiert haben, was sie da in Kairo erlebt – und geleistet – haben.