In China werden mehr Jungs als Mädchen geboren. Foto: dapd

Durch die Abtreibung von Mädchen wird es in 20 Jahren in China mehr Männer als Frauen geben.

Peking - Durch die selektive Abtreibung von Mädchen wird es in 20 Jahren in weiten Teilen Chinas und Indiens zwischen 10 und 20 Prozent mehr Männer als Frauen geben. Eine Studie, die am Montag in der kanadischen Fachzeitschrift "Canadian Medical Association Journal (CMAJ)" veröffentlicht wurde, warnt vor den gesellschaftlichen Folgen. Ein großer Teil der Bevölkerung werde durch den Frauenmangel nicht heiraten und Nachkommen haben können.

"Es gibt Befürchtungen, dass die Unfähigkeit zu heiraten zu psychologischen Problemen und möglicherweise zu einer Zunahme von Gewalt und Verbrechen führt", schreibt die Professorin Therese Hesketh vom UCL Centre for International Health and Development in London.

Ursachen des Ungleichgewichts sind die traditionelle Bevorzugung männlicher Nachkommen, die einfache Bestimmung des Geschlechts von Ungeborenen mit Hilfe von Ultraschall und der leichte Zugang zu Abtreibungen. Während normalerweise 105 Jungen auf 100 Mädchen zur Welt kommen, werden in verschiedenen Städten in der Provinz Henan in Nordchina oder in Hainan in Südchina mehr als 130 Jungen geboren. In China insgesamt lag das Verhältnis 2008 bei 119 zu 100.

Frauen heiraten sich hoch

In Indien wurde ein Verhältnis von 113 zu 100 ermittelt. Die Zahl der Jungen steigt in Neu-Delhi und den Bundesstaaten Punjab und Gujarat auf bis zu 125, während aber in den südlichen und östlichen Bundesstaaten Kerala und Andhra Pradesh normale Verhältnisse ermittelt wurden. In Südkorea, das in Asien bei der Geschlechterselektion eine Vorreiterrolle spielte, lag die Männerzahl in einigen Städten schon 1992 bei 125 auf 100 Frauen.

In Indien spricht für viele Eltern die benötigte hohe Mitgift bei der Heirat gegen ein Mädchen. In konfuzianischen, patriarchalischen Gesellschaftssystemen wie in China und Südkorea sind die Männer für die Altersversorgung der Eltern zuständig. Bei der Hochzeit zieht die Frau in China meist in den Haushalt des Mannes und seiner Eltern. Schon 2005 wurde in China geschätzt, dass die Zahl der Männer unter 20 Jahren die der Frauen um etwa 32 Millionen übersteigt.

Der Frauenmangel ermögliche es Frauen in China aber auch, sich hoch heiraten zu können, heißt es in der Studie. Zurück blieben vor allem arme, schlecht ausgebildete Bauern. In China seien 94 Prozent der Nichtverheirateten zwischen 28 und 49 Jahren Männer und ohne Oberschulabschluss.

Die Ein-Kind-Politik in China verschärft die Selektion noch. Doch wird sie bereits gelockert und betrifft heute nur noch ein Drittel der chinesischen Bevölkerung. So werden Ausnahmen für Minderheiten gemacht. Auch können Eltern auf dem Lande ein zweites Kind haben, wenn das erste ein Mädchen war. Waren Paare selbst Einzelkinder, können sie meist auch zwei Kinder haben.