Über die Plattform „MyLE“ können Kunden sich über Angebote von Händlern in Leinfelden-Echterdingen informieren und online bestellen. Foto: Symbolbild: dpa/Jens Büttner

Dem Bund der Selbständigen in Leinfelden-Echterdingen ist klar, dass der örtliche Handel nicht mit Amazon und Co. konkurrieren kann. Nur ausgefallene Angebote führen zum Erfolg.

Leinfelden-Echterdingen - Auffällig oft fällt das Wort „Kampf“, als sich Vertreter des Bunds der Selbständigen Leinfelden-Echterdingen (BDS) mit Grünen-Politikern der Kreis- und Länderebene unterhalten. Die örtlichen Unternehmer – vor allem kleine Einzelhändler – fürchten um ihre Zukunft. Und das nicht einmal wegen der Coronakrise. „Die Inhaber werden immer älter und finden keine Nachfolger mehr“, sagt Ralf Schröder, Mitglied des BDS und Geschäftsführer von Augenoptik Sassenscheidt. Das sei das eine Problem. Das andere ist, dass der Handel immer mehr von den Innenstädten ins Internet rutscht.

Ralf Schröder legt die Karten offen auf den Tisch: „Eine echte Antwort darauf, was man machen könnte, haben wir nicht“, sagt er. Der Einzelhandel kämpft ums Überleben, muss sich immer mehr gegen die Konkurrenz im Internet behaupten, und das nicht erst seit der Pandemie. Dem BDS Leinfelden-Echterdingen fehlt es an einem konkreten Plan, wie man dieser Entwicklung entgegenwirken könnte.

Click-and-Collect läuft hier schon seit Jahren

Dabei steht die Stadt in Sachen Einzelhandel gar nicht so schlecht da. Zum einen ist sie Ballungsraum und damit sowieso besser dran als kleine, unbelebte Städte. Zum anderen gibt es in L.-E. seit gut vier Jahren den Online-Marktplatz „MyLE“, den der BDS betreibt. Mittlerweile verzeichnet die Website etwa 1000 Nutzer pro Tag. Mehr als 100 Unternehmen, 30 Vereine, 150 Gastronomen und 26 Hotels aus Leinfelden-Echterdingen stellen sich dort vor. Kunden können sich so über deren Angebote informieren und Produkte bestellen, die sie dann im Laden abholen. „Früher musste man noch erklären, was Click-and-Collect ist, seit Corona weiß das jeder“, sagt Marion Mohr, die sich beim BDS um die Website kümmert.

Mit „MyLE“ war der örtliche Einzelhandel so gesehen bestens auf die Pandemie vorbereitet. „Wir hatten das Glück, dass dieses Angebot schon vorher etabliert war“, sagt Mohr. Um als Händler den Umgang mit dem Internet kennenzulernen, sei die Plattform bestens geeignet, sagt Ralf Schröder. „Aber wir dürfen nicht zu viele Erwartungen schüren, man verkauft darüber nicht viel.“ Mit dem Verkauf von Brillen komme er im Netz sowieso nicht weit. Da gebe es weitaus etabliertere Anbieter, die die gleichen Modelle verkaufen. Petra Lorenz dagegen, die ein Elektrofachgeschäft in Musberg hat, hat über „MyLE“ auch schon eine Bestellung aus Hamburg bekommen. Sie hatte einen orangefarbenen Wasserkocher verkauft – offenbar eine Rarität im Netz. „Man muss einfach auch online den Service bieten, der den Fachhandel ausmacht“, sagt Marion Mohr, „man kann für den Kunden zum Beispiel Pakete bündeln, die er so bei Amazon nicht bekommt“.

Mit dem Internet konkurrieren kann und will man nicht

Dass der Einzelhandel im Internet nicht mit den Großen wie Amazon konkurrieren kann, ist den Unternehmern klar. Das wollen sie auch gar nicht. „Ich will nichts im Internet verkaufen. Ich will, dass die Leute zu mir kommen, ich will ihnen meine Qualität und Manpower anbieten“, sagt Winfried Mettler, Vorstand des BDS. Ralf Schröder ergänzt: „Die Frage ist doch, was gefällt den Menschen am Onlineshopping. Das sind andere Dinge als die, die ihnen gefallen, wenn sie in die Innenstadt gehen – dort freuen sie sich, Menschen zu begegnen und einen Kaffee trinken zu gehen, und das müssen wir unbedingt erhalten.“ Deshalb appelliert der Geschäftsführer an die Grünen-Politiker, die Innenstädte so zu gestalten, dass sich Kunden dort gerne aufhalten. Außerdem sollen junge Menschen mehr dazu ermutigt werden, in die Selbstständigkeit zu gehen. Denn trotz aller Schwierigkeiten: „Ich bin sehr, sehr gerne selbstständig“, sagt Schröder.