Eine Möglichkeit, die eigene Abschiebung zu verhindern, ist für Flüchtlinge die Selbstbezichtigung Foto: dpa

Die vermehrten Selbstanzeigen von Flüchtlingen seien ein weiterer Beleg dafür, dass der Flüchtlingszustrom den Rechtsstaat an seine Grenzen bringe, meint unser Kommentator Rainer Wehaus. Seriös überprüfen ließen sich die Behauptungen nämlich nicht.

Stuttgart - Vor etwas mehr als einem Jahr ging es los: Die Stuttgarter Generalstaatsanwaltschaft registrierte plötzlich eine stark ansteigende Zahl von Selbstanzeigen, in denen Asylbewerber behaupten, Mitglied einer terroristischen Vereinigung in ihrem Heimatland gewesen zu sein. Von Anfang an bestand der Verdacht, dass viele dies vor allem deshalb tun, um bessere Chancen im Asylverfahren zu haben. Denn auch das gehört zur Wahrheit: Einige Asylbewerber versuchen mit allen Tricks, einer Abschiebung zu entgehen, zumindest aber einen Aufschub zu bekommen.

Keine Strafen bislang

Anfangs gingen die Terror-Ermittler noch davon aus, dass sich das Phänomen mit den Selbstanzeigen von selbst erledigen werde. Nämlich dann, wenn sich herumspricht, dass man für eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung hart bestraft werden kann. Doch dazu ist es bislang nicht gekommen. Die Generalstaatsanwaltschaft konnte in diesem und dem vergangenen Jahr gerade mal vier solcher Fälle abschließen, und zwar mit einer Einstellung des Strafverfahrens. Das hat natürlich keinerlei abschreckende Wirkung, im Gegenteil.

Viel Aufwand – nur wofür?

Das Ganze ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie der Flüchtlingszustrom den Rechtsstaat an seine Grenzen bringt. Nicht nur die schiere Zahl der Fälle überfordert die Terror-Fahnder. Oft lassen sich die Behauptungen auch gar nicht überprüfen, weil die Taten in Ländern wie Somalia oder Afghanistan stattgefunden haben sollen, die so gut wie keine Rechtshilfe leisten, oft auch gar nicht leisten können. Trotzdem wird ein enormer Aufwand betrieben. Nur wofür? Man kann nur hoffen, dass sich die Ermittler in Sachen islamistischer Terror am Ende auf die wirklich bedrohlichen Fälle konzentrieren – und das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat nicht allzu sehr leidet.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de